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Freitag, den 7. April 1911.
Abend⸗Blatt Kr. 179.
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der Eniwurf eines versicherungsgesetzes für
die Privatangestellten.
Wortrag von Herrn Dr. Sorn im Lübeder Industrieverein.)
Det Entwurf eines Versicherunasgesetzes für Angestellte, den
die Reichsregierung im Januar gleichzeitig mit seiner Ein⸗
hunmgung im Bundesrate zur öffentlichen Kritil gestellt hat.
hat Line nicht uninteressante Voraeschichte. Das Verlangen
der Privatangestellten nach einer gesetzlichen Pensionsversicherung
ijt zuerst in den 18800er Jahren in Osest erre ich laut gewor⸗
den wo seit dem Jahre 1908 ein dementsprechendes Gesetz
in Kraft ist. In Deutschland bildet den Ausgangspunki
der Bewegung die im Jahre 1901 erfolgte Grundung des
Haurtausschusses zur Herbeiführung einer staatlichen Pensions⸗
und Hinterbliebenenversicherung der Privatbeamten“. In diesem
Hauptausschusse, der bis zum heutigen Tage als der eigentliche
Träger der Bewegung zu gelten hat, sind eine große Reihe von
Angestelltenverbänden zusammengeschlossen. Will man unterstellen
— ich will das nicht näher untersuchen —, daß aͤlle Mitgliedet
bieser Verbände auch als Anhänger der Forderungen des Haupt⸗
ausschusses anzusprechen sind, so stehen hinter dem Hauptaus⸗
schusse etwa 700 000 Angestellte, während die Gesamtzahl der
Angestellten antlich auf 1,8 Millionen geschätzt wird.
Dieser Hauptausschuß, von dem wir im folgenden noch oft
zu sprechen haben werden, hat mit außerordentlichem Geschick
und mit großer Energie und auch mit dementsprechendem Er—⸗
folge für die Schaffung einer besonderen staatlichen Ange—
delltenversicherung gekämpft.
Dennoch war die Haltung der Regierung und der politischen
Parteien ursprünglich eine gänzlich ablehnende; Graf Posa—
dowsty erklärte noch im Febuarr 1903 im Reichstag auf eine
diesbezügliche Interpellation, mit der reichsgesetzlichen Regelung
der Invalidenversicherung, die sich ja auf Privatbeamte mit
einem Gehalt bis 2000 M, bei der freiwilligen Versicherung
bis zu 3000 Meerstredt, sei die Frage für die Regierung erledigt.
Die Verhältnisse änderten sich jedoch sehr rasch. Schon einen
Monat später wurde den Vertretern von Angestelltenverbänden
bei einer Audienz im Reichsamt des Imern erklärt, daß die
Regierung der Sache sympathisch gegenüberstehe.
Im Oktober 1903 veranstaltete der Hauptausschuß eine
private statistische Enquete über die wirtschaftliche Lage der
Privatbeamten, deren Ergebnisse im Kaiserl. Statistischen Amte
verarbeitet und im März 1907 in der sogenannten J. Regierungs-
denkschrift veröffentlicht wurden.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Bestrebungen des Haupt⸗
ausschusses dahin gerichtet, hinsichtlich der Pensions- und Hin—
terbliebenenversorgung mit den öffentlichen Beamten gleichge—
stellt zu werden. Die J. Denkschrift wies nach, daß zur Ver—⸗
wirklichung dieses Gedankens an Beiträgen über 19 60 des Ge—
haltes zu zahlen sein würden. Es war klar, daß unter solchen
Umständen auf eine Gleichstellung mit den Staatsbeamten ver⸗—
zichtet werden mußte.
Inzwischen hatte jedoch der Hauptausschuß seine propa⸗
gandislische Tätigkeit namentlich bei den verschiedenen politischen
Parteien rührig fortgesetzt und bewirkt, daß die Parteien im
Reichstag wiederholt Resolutionen einbrachten, welche die Re—
gierung zu weiteren Erhebungen drängten. Infolgedessen er—⸗
schien bereits im Juli 1908 eine II. Regierungsdenkschrift, die
Vorschläge und Berechnungen für eine Angestelltenversicherung
in engeren Grenzen brachte. Gedacht war an die Einrichtung
eixer besonderen Versicherungskasse für die Privatbeamten als
Zusotzversicherung zur bestehenden Invalidenversicherung. Die
Regierung behielt sich in dieser II. Denkschrift ihre endgültige
Stellungnahme ausdrücklich vor und wollte zunächst nur die
öffentliche Kritik zur Geltendmachung ihrer Einwände auf—
rufen. Die öffentliche Kritik hat dieser Aufforderung nicht in
dem wünschenswerten Umfange entsprochen. Ob daraus ins—
besondere der Prinzipalität ein Vorwurf gemacht werden kann,
möchte ich jedoch bezweifeln. Wenn Sie bedenken, daß damals
die große Frage der Reichsfinanzreform und bald darauf die
Reichsversicherungsordnung schwebte, so werden Sie es der Prin—
zipalität nicht verdenken kizunon dahb man sin »inächst dargufß
heschränkte, einmal auf die gänzliche Unzulänglichkeit der rech—
rerischen Unterlagen hinzuweisen und neue umfassende amtliche
Erhebungen zu fordern, ferner unter acdlen Umständen die Schonung
der privaten Pensionskassen und die Berücksichtigung der Inter⸗
ssen der privaten Lebensversicherung zu verlangen und endlich
der Regierung eine weitere Erwägung der Frage anzuempfehlen,
ob nicht ein Ausbau der Invalidenversicherung der Schaffung
mner Sonderklasse vorzuziehen sei. Allgemein wurde ferner an
er II. Tenkschrift bemängelt, daß die Regierung in ihr ohne
reiteres die Forderungen des Hauptausschusses mit den Wünschen
er Beteiligten“ oder auch nur der „Mehrheit der Beteiligten“
dentifizierte. —
Vielleicht wäre es richtiger gewesen, wenn die Prinzipalität
nicht mu in den grundsätzlichen Fragen, sondern auch im eine
elnen sich lebhafter an der Kritik der II. Denkschrift beteiligt
ätte. Aber wer konnte ahnen, daß die Regierung sich die
Ausarbeitung und Begründung des jetzt vorliegenden Entwurfes
o leicht machen würde!
Es ist zwar nicht das erste Mal, daß unsere Gesetzesmacherei
unter der Devise Fixigkeit ist die Hauptsache“ arbeitet, wir
ind vielmehr von unserer Reichssinanzreform her schon aller—
jand gewohnt, aber der vorliegende Entwurf steht denn doch
iemlich einzig da. Man muß sich wirklich mal die Mühe machen,
ie Motive unserer früheren großen Sosialversicherungsgesetze,
zer Unfallversicherung, Krankenversicherung, Alters⸗ und Inva⸗
iditätsversicherung zur Hand zu nehmen und sie mit der Be—
rrundung dieses Entwurfs zu vergleichen, um den ganzen Tief—
land der Vorlage richtig zu werten. Die Motive jener Gesetze
jehen aus von großen staatsmännischen Erwägungen, von den
Fragen: was ist gerecht?, was ist aus Gründen der nationalen
Wohlfahrt erforderlich?, was ist rirtschaftlich möglich?
Solche Erwägungen suchen Sie in der Begründung des vor—
iegenden Entwurfes vergeblich.
Die Bedürfnisfrage wird damit beantwortet, daß auf die
Wünsche der Beteiligten“ und auf die Resolutionen der po—
itischen Parteien des Reichstages verwiesen wird. Mit Recht
rurde vorgestern in Berlin in der Sozialkommission des Deut⸗
schen Handelstages von dem durchaus obijektiven Referenten unter
allgemeiner Zustimmung das harte, aber treffende Urteil: „ge—
ladezu liederliche Begründung“ gesällt. Anders kann es in der
Tat auch kaum bezeichnet werden, wenn die Forderungen des
Hauptausschusses als die „Wünsche der Beteiligten“ schlechthin
angeführt werden, als ob die 1,1 Millionen Angestellten, die
außerhalb der Verbände des Hauptausschusses mit ihren nur
—2,7 Millionen zählenden Mitgliedern stehen, überhaupt nicht
zxistierten, als ob nicht gerade auch unter den Angestellten selbst
reine beachtenswerte Minorität sich gegen eine Sonderversicherung
ausgesprochen hätte, als ob die Prinzipalität, die doch die Hälfte
der Beiträge aufbringen soll, nicht auch zu den „Beteiligten“
gehörte und als ob schließlich die Stimme der Versicherungs—
rissenschaft nichts gälte! Eine derartige Ignorierung aller nich
zum Hauptausschuß gehörenden Kreise muß zum lebhaftesten Nro—
test herausfordern. *
Doch ich muß dem Verfasser der Begründung Gerechtigkeit
widerfahren lassen: Er bringt auch sachliche Erwägungen.
Nicht weniger als /2 Seite von den im ganzen 110 Seiten der
hegründung ist ihnen gewidmet. Die Stelle lautet
„Die Verbündeten Regierungen können sich der Ueberzeugung
on der Notwendigkeit und Durchführbarkeit einer Angestellten—
ersicherung nicht verschließen. Auch erscheint die Regelung der
xrage nur durch Einführung einer Pflichtversicherung möglich
in vielen Gewerbszweigen ist die Aussicht für die Angeltellten,
emals selbständig zu werden und eine Erwerbsquelle in dem
igenen Unternehmen zu begründen, das über die Zeit der Ar—
beitsfähigkeit hinaus den Unterhalt der Familie sichert, nur
gering. Zahlreiche Angestellte gehören dauernd zu den un—
elbständig Erwerbstätigen. Aus der fortdauernden Unselbstän—
iigkeit ergibt sich ebenso wie bei den der reichsgesetzlichen Ar—
eiterversicherung unterstellten Personen die Notwendigkeit, durch
Bersicherungen die wirtschaftliche Notlage zu beseitigen, die der
Familie für den Tall der Beruf«eunfäühigkfeit yder des frus—
CA
zeitigen Todes des Angestellten droht, um so mehr als die
Frauen der Angestellten vielfach nicht erwerbstätig sind, auch
vegen mangelnder Ausbildung nach dem Tode des Mannes
n vielen Fällen schwer eine geeignete Berufstätigkeit finden
»der sich beliebigen Erwerbsformen so leicht anpassen können,
vie Arbeiterwitwen. Hierzu kommt, daß die höheren Aufwen⸗
zungen für die Ausbildung und Erziehung der Kinder gegenüber
dem Arbeiterstande die Notlage der Familie noch verschlim—
nern. Das praltische Leben bietet täglich solche Fälle in großer
Anzahl. Man kann deshalb nicht bestreiten, daß ein ernstes und
Algemeines sozialpolitisches Bedürfnis vorliegt, das völlig und
icher nur befriedigt werden kann, wenn die Versicherung nicht
dem freien Willen des Beteiligten überlassen bleibt, sondern
wenn alle Beteiligten gesetzlich gezwungen werden. sich zu ver⸗
lichern.
Wenn es sich, wie im vorliegenden Falle, darum handelt,
zurch Befriedigung ihrer langjiährigen Forderung die Ange—
tellten berufsfreudig zu erhalten, so müssen auch die Bedenken
jegen die durch die neue Versicherung eintretende weitere Be—
astung des deutschen Geschäftslebens zurüdtreten. Den Ange—
tellten, insbesondere den technischen und kaufmännischen Be—
imten, ist in gewissem Sinne die Führung der deutschen Arbeiter
inpertraut, und von ihrer Mitarbeit hängt vermöge ihrer Vor—
hildung und ihrer Fähigkeiten der Erfolg der produktiven Tätig⸗
eit des deutschen Volkes, die gesamte deutsche Volkswirkschaft,
vesentlich ab. Die Befreiung von ihren Zukunftssorgen um
das Wohl ihrer Familien erhält ihre Zufriedenheit, sichert
die freudige Einsetzung ihrer vollen Arbeitskraft und ihren
rür Staat und Gesellschaft in wirtschaftlicher und politischer
Hinsicht gleich wichtigen Bestand“
Das ist alles.
Im übrigen sind zum Beispiel auch die Einwände gegen
die statistischen Unterlagen unberüchsichtigt geblieben. Nach wie
vor hat man die Privatenquete des Hauptausschusses vom Jahre
1903, an der sich — von im ganzen 1,8 Millionen An-e'ellten
— nur 157000 beteiligt haben, zugrunde gelegt, obschon die
erste Denkschrift 1907 selbst bekannte, daß die 1903 gewonnenen
Ergebnisse mit Vorsicht aufzunehmen scien, und daß man nicht
innehmen dürfe, daß sie den Durdhschnittsverhältnissen der
rirtschaftlichen Lage der Privatang'estellten im Reiche völlig
entsprechen. Wie wenig sie es tun, daür nur ein Beispiel:
Nach der Privatstatistik des Hauptausschusses von 1903 ergeben
sich ungewöhnlich hohe Prozentsätze von verheirateten Ange—
tellten und von Angestellten im Alter von mehr als 40
Jahren, was darauf schließen läßt, daß sich an jener Enquete
iltere, verheiratete und darum an der Pensionsfrage lebhafter
nteressierte Angestellte verhä.tnigmähig zahlreicher a's jngere
und unverheiratete beteiligt haben. Es bedarf aber keinet wei—
keren Aussührung, daß die genaue Fettellung der Verältnis-
zahlen der Verheirateten und der verschiedenen Aitersklassen
der Angestellten ebenso wie ihrer Einkommen von größter
Bedeutung für die Berechnung der Pensions- und Hinterbliebe—
nenrenten und der zu ihrer Deckung ersorderlichen Beiträge ist.
—
Vermischtes.
Raslenkämpfe in England. In Birkenhead, einer viel—
fach von Chinesen bewohnten Stadt in der Grasschaft Chester,
kam es in der Sonntagnacht zu ernsten Rassen ämefen. Es
hieß, die Chinesen hät?en Engländerinnen auf der Ssraße be—
leidigt. Nacheschnaubend rotteten sich über 20599 Verfsonen zu—
ammen, überfielen das chinesische Viertel und suhten in die
herrammelten Häuser einzudringen. Dabei kamses zum Hand—
jemenge mit einzelnen Mongolen, die sich tanfer ihrer Haut
vehrten. Als die Polizei einschritt, wurde die Menge noch wü—⸗—
cender und warf nach den Schutzleuten mit Steinen. Vor den
niedersausenden Polizeiknüppeln hielten die Nuhestörer aber nicht
iange stand. Sie hatten die Fenster in allen chinesischen Häu—
ern eingeschlagen und viel Schaden angerichtet. Montag wieder—⸗
holten sich die Gewalttaten, waren aber diesmal fast ausschliek-
lich gegen die Polizei gerichtet
—— —.... ααα
Gegen die durchbrochenen Seidenstrümpe.
nge. Die gegenwärtige Mode des engen, fußfreien Kleider⸗
'ockes — vom Hosenrock ganz zu schweigen — läßt von den
intersten Gliedmaßen eleganter Frauen mehr erkennen, als in
rüheren Zeiten für schicklich galt. Am Hofe der Königin Marie
Intoinette dursfte eine vornehme Frau von ihrem Fuß nicht
nehr als die Spitze des Schuhes bis zur Schnalle sehen lassen.
Zeutzutage zeigt sich nicht nur der ganze Schuh, sondern auch
ioch ein Streifen des Strumpfes den Blicken, und dieser
S„treifen pflegt sich bein Tanz manchmal erheblich zu ver⸗
reitern. Zu einem wirklich schicken Kostüm gehört nach den
etzigen Gesetzen der Mode ein Seidenstrumpf, und zwar ein
»urchbrochener. Es läßt sich nun nicht leugnen, daß der durch⸗
rochene Seidenstrumpf außerordentlich Heidsam ist. Aber in
Frankreich, dem Vaterlande der Mode, macht sich doch neuer⸗
»ings hier und da eine Reaktion gegen ihn oder wenigstens
jegen seine Alleinherrschaft bemerkbat. Zum Gesellschaftskleide
aßt der durchbrochene Strumpf natürlich ausgezeichnet. Er muß
»ann in der Farbe der Toilette gehalten sein, und bei der
zitze, die in unseren Salons zu herrschen pflegt, läuft seine
Trägerin auch nicht Gefahr, sich durch seine Schuld zu er—
rälten. Etwas anderes ist es, wenn man in diesem Winter
dersucht hat, den durchbrochenen Seidenstrumpf auch zur Stra—
zentoilette, ohne Rücksicht auf die Witterung, einzubürgern.
fs ist in der Tat ein Widerspruch, wem eine Dame sich in
Pelzmantel, Boa und Muff hüllt, die empfindlichsten Glieder
hres Körpers aber so gut wie schutzlos läßt. Es ist mehr
ils ein Widerspruch, es ist Stillosigkeit! Nein, auf die Straße
jehört der durchbrochene Seidenstrumpf nicht. Uebrigens hat er
ioch gar keine lange Vergangenheit. Erst gegen Ende des 18.
Jahrhunderts kam er auf, und Mode wurde er dann am
Anfang des 19. Jahrhunderts durch die Kaiserin Josephine,
»ie 168 Paar Strümpfe, das Stüch zu 18 bis 72 Franken,
zesaß. Lächerlich geringe Preise, wenn man bedenkt, daß ame⸗
rikanische Millionärsgattimnen und Töchter heutzutage bis zu
1000 Franken für ein einzelnes Paar durchbrochener Seiden⸗
ttrümpfe àoblent. ..
Für unsere Frauen.
Das Krönungskleid aus vurem Gold
Der Hosenrock im päpstlichen Rom.
Es wurde berichtet, daß auch in Rom eine Dame den
shosenrock öffentlich zu tragen rersuchte, damit jedoch nur
venig Erfolg hatte. Da ist es überraschend, zu hören, daß
zie Dame bereits Vorgängerinnen gehabt und daß der Hosen—
rock in der Geschichte des päpstlichen Rom schon vor Jahr—
underten eine Rolle gespielt hat. In einem Werke „Regrets
t autres oeuvres postiques“, das im Jahre 1558 in Paris
rschien. erhob Du Bellay bittere Anklagen gegen die ver—
»erbte Gesellschaft der ewigen Stadt und beschwerte sich be—
onders über die Zügellosigkeit der Courtisanen, die sich daran
Jewöhnt hätten, in der Oeffentlichkeit in Hosen zu erscheinen
Srossino beschreibt in einem Briefse vom Januar 1512 das
Treiben bei dem Feste des heiligen Sebastian und spricht
abei von einer „sehr großen Menge von Courtisanen, die ganz
ils Männer gekleidet sind und auf Mauleseln oder auf Pferden
daherkommen“. Auch Aretino erzählt, daß mehr als eine
ieser Damen in derselben Kleidung in den Straßen der Stadt
imherritt. Gegen dieses Treiben vermochten auch die schwersten
Zztrafen nicht viel auszurichten, die von den Päpsten gegen
»ie Frauen verhängt wurden, die sich als Männer ankleideten;
die öffentliche Auspeitschung war vor allen anderen Strafen
egen solche Damen beliebt. Im 17. Jahrhundert waren es,
vie die Tribuna erwähnt, zwei so launische Geschöpfe wie
Lhristina von Schweden und Olimpia Aldobrandini, Prinzessin
yon Rossano, die in Adelskreisen den Ton angaben, die dos
nännliche Kostum für Damen wieder einführten, wenn sie
es auch auf sportliche Veranstaltungen beschränkten. So waren
hei den berühmten „königlichen Jagden“, die im Jahre 1668
von den Borghese für den römischen Adel veranstaltet wurden
und an denen außer der Königin Christina höchstgestellte Damen
»er Gesellschaft teilnahmen, wie eine zeitgenoͤssische Chronik
erzaäͤhlt, „die Damen nach Mannerart gekleidet, mit dem Hund
in der Hand, und da der Tag regnerisch gewesen war, so be⸗
chmutzten sie sich gehörig. Sie wurden von Herren dann
p wanet. und der Fuͤrst Wanfilo bat Christina wohl be—
ent . X.G.
Einer der tüchtigsten Webermeister Englands, Thomas
Wheeler, sitzt tagein tagaus an seinem Webstuhl und stellt
die goldgewebten Gewänder her, die König Georg bei der
Krönung tragen wird. König Georg hat beschlossen, einen
goldenen Krönungsmantel anzulegen, der ein Meisterstück der
Weberkunst ist: den Krönungsmantel Georgs IV. Thomas Wheeler
muß nun die in Gewebe und Farbton zu diesem Mantel passen⸗
den übrigen Krönungsgewänder herstellen. Der alte Brauch
schreibt dem britischen König die einzelnen Kleidungsstücke genau
vor. Zuerst wird das Colobium Sindonensis angelegt; es ist
aus weißem Leinen gefertigt und zeigt im Schnitt den Cha—
rakter der geistlichen Tracht. Darüber wird die Supertunica ge⸗
worfen, dann wirft der König das Pallium, den Krönungs⸗
mantel um, und schließlich die Armilla oder Stola. Das
Pallium Georgs IV. zeigt auf goldglänzendem Grunde und
auf brokatartigem Gewebe in reichen Farben die Rose, das
Kleeblatt und die schottische Distel, die durch eine leichte
grüne Umrankung miteinander verbunden sind. Bei dem Gold⸗
gewebe, das für das Krönungsornat angefertigt wird, werden
zwei dünne Seidenfäden mit einem breiten Goldfaden ver—
webt, der Stoff zeigt einen berraschenden Glanz und die
weiche Zartheit der Seide. die Schmiegsamkeit und Feinheit
des Gewebes geht auf die abseln⸗ Reinheit des verwendeten
Goldfadens zurüch; es ist sur Lin ganz minimaler Zusatz
von Silber gegeben, um dem Goldftaden die notige Zähigten
Iu verleihen. Die Supertunica empfängt uu wenig Orna⸗
mente, in dieser Richtung bietet die Stols arbßeren Spielraum
Die Stola Karls II. war z. B.mit Blumen und Maltheferkreuzen
geschmuct, Jatob I wollte keine Kreuze haben, sondern
Rosen, Adler und Lilien. Kyonigin Viktoria trug an der Stola
als Symbol der Souveränität den Abler und Kreuze. K.C.