Keine Kandibatur des Grafen Posadowszn. Wir hatten
gestern eine Meldung aus Chemnitz übernommen, daß Graf
Posadowskny sich bereit erklärte, unter gewissen Voraus—
sJetzungen in Chemnitz eine nationale Reichstagskandidatur zu
übernehmen. Wie jetzt Graf Posadowsky einem Mitarbeiter
eines Berliner Blattes erklärt, ist es zwar richtig, daß von
Chemnitz eine Anfrage an ihn wegen Uebernahme einer Kan—
didatur für die nächsten Reichstagswahlen ergangen sei. Er
habe aber gegenüber dieser Anfrage dasselbe erklärt wie
früher, nämlich, daß er, wenn in einem Kreise alle
bürgerlichen Parteien auf ihn als Kandidaten
fich vereinigen, er es für eine patriotische Pflicht halte,
die Kandidatur zu übernehmen. Er möchte sich
jedoch nicht persönlich an der Agitation beteiligen. Dadurch,
daß aber in Chemnitz verschiedene bürgerliche
Kandidaturen aufgetaucht seien, sei sein«
Reichstagskandidatur in Chemnitz hinfälligs.
Eine Maßregelung? Wie das Berl. Tagebl. hört, hat
»as Konsistorium dis vier liberalen Geistlichen, die trotz
des Verbotes des Konsistortums in der Jathoversammlung
in der Hasenheide gesprochen haben, zur amilichen Ver—
nehmung geladen. Es haundelt sich um die Pfarrer Max
und Alfred Fischer, Dr. Hollmann und Frederking-Char⸗
sattenburg. Man nimmt an, daß diesen Geistlichen ein
Verweis erieilt werden soll. Die gemaßregelten Pfarrer
werden alsdann eine Beschwerde beim Oberkirchenrat ein—
reschen.
Die Petition der Oberlehrer und Lehrer gegen die weibliche
Letiiunng und den weiblichen Einfluß an öffentlichen Mädchen—
schulen ist im preußischen Abgeordnetenhaus, dent Antrag
der Petitionzkommission entsprechend, durch Uebergang
zur Tagesordnung erledigt.
Der Nationale Wahlverein sür den 6. schleswig—
toAlsteenijchen Reich ztagswahlkreis hat auf den 10. d. M.
e'ne Generalversammlung in Pinneberg anberaumt. Es
handelt sich vorzugsweise um die Aufstellung eines
Kandidaten für die Reichstagswahl. Aufgestellt sind
bereits A. v. Elm von den Sozialdemokraten und der bisherige
Reichstagsabgeordnete Ernst Carstens von der Fort'öchrittlichen
—A
Die Rechisverhälinisse der Volisschullehrer. Dem Präsidium
der Zweiten Kammer in Württemberg ist ein Entwucrf
über die Rechtsdverhältnisse der Volksschullehrer (Lehrergesei)
zugegangen.
WMettere freisinnige Kaudidaturen in Hannover. Von der
fortschrittlichen Volkspartei ist endgültig als Kandidat
für den zweiten hannoverschen Wahlkreis Aurich-Esens⸗
Wilhelmshaven der Rektor Berghaus auf Norderney
aufgestellt worden. Im 13. hannov. Reichstagswahlkreise
Goslar-ZSellerfeld ist ein Herr Bierwirth als
forischtittlicher Kandidat aufgestellt worden. — Ist das
die liberale Einigung in Hannover? Es hieß
doch, daß die Freisinnigen erst am letzten Sonntag in
Hannover auf ihrem Delegiertentage grundsätzlich einer
Einigung mit den Nationalliberalen, die von
Prof. Bousset und dem Abg. Dr. Wiemer befürwortet
wurde, zugestimmt hätten. Wie soll die erreicht werden,
wenn der Fortschritr in der Aufstellung weiterer aus—
sichtsloser Sonderkandidaturen fortfährt?
Vorbereitungen zu den Reichstagswahlen.
Für Stolp-Lauenburg ist Stadtrat Kaiser-Stolp
als nationalliberaler Kandidat aufgestellt worden. Es
kandidieren also dort: Will-Schweslin (kons.), Kaiser-Lauen⸗
burg (nl.), Schahnasjan-Altdorf (fortschr. Vpt.) und Sied-—
feldt-Danzig (Soz.). Nach der Vereinbarung zwischen der
nationalliberalen Partei und der Fortschrittlichen Volkspartei
in Pommern, die am letzten Montag zustande gekommen ist,
ist für Stolp-Lauenburg eine Doppelkandidatur vorgesehen
worden.
Fürden Reichsstagswahlkreis Chemnitz-Stadt
ist von nationalliberaler Seite gemeinschaftlich mit der Fort⸗
schrittlichen Volkspartei Fleischerobermeister Kickel—
hahn als Kandidat aufgestellt worden.
Großbritannien
WV. Weiteres über den deutscheenglischet Austausch von
Infermationcu über NMiarine-Augelege heiten. London, 6.
⏑
dieselbe: An dem tiefen Wasserloch, die Totenkuhle genannt,
dessjen uimergründliche, unheimliche Tiefse jedes am Deiche groß
gewordene Kind genau so wohl kanñte wie Hinrich und Ger—
hard, war das Unglüd geschehen.. . “ Kinder hatten am Mor—
gen früh dort in der Nähe seine Mütze gefunden ... viel—⸗
leicht hatte der Sturm sie ihm vom Kopf gerissen, und
er war unsicheren Schrittes und unsicheren Blickes derselben
nachgelaufen.. Am Rande der Wassergrube war das Erd—
reich schlüpfrig und verrutscht, das Gras niedergetreten, das
Schilf geknit. Man lonnte bei großer Dunkelheit und un—
klaren Sinnen gar wohl vom Wege ab daähin gelangt sein;
vielleicht Far er über Gras und Binsen gestolpert und dann
n die Tiefe geglitten — lautlos, aber sicher.
Vielleicht aber auch war bei ihm plötzlich die Furcht
ovor dem Leben größer gewesen als die Furcht vor dem
Tode.. ..!“ So wenigstens dachte Gerhard in stiiller Er—
rebung. Wer wollte hier entscheiden? Wer durfte richten?
Nun stand er wieder, wie so oft in den letzten Tagen,
an des Bruders Leiche. Das Haupt war leicht zur Seite ge—
neigt, der etwuas plumpe Zug um Nase und Lippen verschwun—
den, da das Gesicht sich schärfer zugespizt hatte; die im
Leben ein wenig schielenden Augen, deren Schnitt edel war,
waren geschlossen, die starle Röte der Wangen war ver—
schrunden
(Forisetzung folgt.)
Frühlings⸗Fröste.
Von unserem metedrologischen Mitarbeiter.
d. Lübeck, 7. April.
Wie es leider so oft geschieht, ist auch diesmal wieder
unmittelbar auf die ersten warmen Tage, die uns um Ende
Miärz und Anfang April beschert waren, nochmals ein Rückfall
in den Winter mit Schneefällen und zurzeit recht kräftigem
RNachtfrost gefolgt, wodurch die Vegetation, die insolge der
un Ende Wiärz herrschenden, sehr warmen Witterung schon vor—
zeitig entwiclelt war, in marcher Hinsicht erheblich gelitten
hat. Leider gehören derartige Vorkommnisse fast zum normalen
Gang der Dinge, wenn auch die Menschen so gern glauben,
sebald sie nur erst die erste deutliche Frühliaaswärme ver—⸗
Purt haben, nun hätten sig einen Anspruch darauf, daß es
April. (Unterhaus.) Bei der Beratung des Acarinebudgets
erklärte Lee, er begrüße den Vorschlag des Austausches
bon Informationen über die Marineangelegenheiten zwischen
Hroßbritannien und Deutschland, sehe aber gewisse technische
Schwierigkeiten voraus. Ferner möchte er wissen, ob ins
kinzelne gehende Informationen ausgetauscht werden sollten
iber das Programm und die Größe der Schiffe, die
Urmierung und vor allem über das Bautempo. Wenn
etzteres nicht beabsichtigt sein sollte, fürchte er, daß ein
Austausch, statt zu einer besseren Verständigung zu führen,
viederum zu Argwohn Anlaß geben könnte und daß das
ine oder andere Land dem Rivalen zuvorzukommen versuche.
Dder erste Lord der Admiralität MecKenna erwiderte, er
ei nicht in der Lage, in der Angelegenheit mehr zu
agen, als Grey es getan habe, außer, daß man sich Uber
den Informationsaustausch im Prinzip geeinigt habe und
daß man nicht zweifle, daß Grey, sobald als möglich die
Fragen Lees beaniworten werde.
Frankreich.
W. Paris, 6. April. In der heutigen Sitzung des
Senats brachte Gaudin Villaine eine Interpellation über
»ie auswärtige Politik und über den Stand der diplomati—
schen Beziehungen ein. Er äußerte sein Bedauern über den
Pangel an Stabilität des Ministeriums namentlich hinsichtlich
des Portefeuilles der Landesverteidigung. Redner beklagte,
daß Cruppi Minister des Aeußern geworden ist, denn das
zedeute einen Schritt mehr auf dem Wege des Vordringens
ver Protestanten, Juden und Freimaurer. (Unterbrechungen.)
Im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen erinnerte Redner
daran, daß ein Journalist erklärte, unter dem Kabinett
Rouvier seien vertrauliche, an den Minister des Aeußern ge—
ichtete Depeschen noch an demselben Abend in Berlin bekannt
jeworden, und zwar durch die Schuld der Regierung. Deutsch⸗
iaud habe so von dem Anerbieten des Zusammengehens Eng—
ands und Frankreichs Kenntnis erhalten. — Rouvier unterbrach
hier den Redner mit der Bemerkung, daß er auf solche Aeuße—
ungen nicht antworten werde. — Gaudin erklärte weiter,
u der äußeren Politik verfolge allein Deutschland seinen
Weg in vollkommener Kenntnis seines Zieles. Gaudin er
lärte, es frage sich, ob ein militärisches Uebereinkommen zwi—
chen Frankreich und England bestehe. Die Potsdamer Zu—
ammenkunft habe den geheinten Riß des französisch-russischen
Bündnisses offenbar gemacht; eine Aenderung in der Hal—
uung Rußlands sei unbestreitbar. In Marokko hätte man
ich nicht zu einem System von Interessensphären verstehen
sollen, das Spanien zuviel einräume. Spanien habe erhebliche
Streitkräüfte mobilisiert, während die französischen Truppen
es dem Sultan überlassen müßten, die gemordeten Frauzosen
zu rächen. Redner sprach die Befürchtung aus, daß der
narokkanische Aufstand von fremder Hand genährt werde
ind bezeichnete das Verhalten der Regierung in der Ngoko
Sangha-⸗Angelegenheit und in der Angelegenheit der von
deutscher Seite in Frankreich zur Förderung der Desertionen
»zrganisierten Agenturen als diplomatische Feigheiten, zu
deren Maskierung man die Frage der Fremdenlegion auf—
zerollt habe. Frankreichs äußere Politik sei ein ständiges
äntsagen. Ueber das zukünftige Gleichgewicht in der Welt
derde in Konstantinopel entschieden. England verlor die
Partie und nahm seine Niederlage hin. Grey erklärte, man
müsse abwarten. Der Redner fragte weiter, wie es mit dem
ranzösisch⸗russischen Bündnisse nach der Potsdamer Begegnung
tehe. Deutschland zeigte seine Macht auch in der Angelegen—
heit der Befestigung Vlissingens. — Lamarzelle kam zuletz
auf die Rede des deutschen Reichskanzlers zu sprechen unt
führte aus, eine Schiedssprechung für alle vitalen Fragen
ei völlig ausgeschlossen. Ueberall wachsen die Kriegs—
hudgets und überall bestehen drohende Anzeichen für den
Frieg. Der Durchstich des Itthmus von Panama kann leicht
u einem schrecklichen Kriege führen. In Europa besteht außer
der elsaß-lothringischen Frage die Drientfrage. Ein englisch—
deutscher Konflikt ist unvermeidlich. Der Augenblick ist schlecht
zewählt, um über den Pazifismus zu sprechen. — Lamarcelle
Rechte) führte aus: Die Annexion Bosniens und der Her—
zegowina bedeute eine Rückkehr zur Politik Bismarcks. In
Potsdam erhielt Deutschland die Unterstützung Rußlands in
er Bagdadbahnfrage und stehe im Begriff, die Hand auf
ene reichen Gegenden zu legen, wo es der englischen Pro—
zuktion Konkurrenz machen werde. Die Bagdadbahn ziele auf
Aegypten und Indien hin
'o bleibe, Warme, sonnige Tage mit fast sommerlichen Tempe—
aturen gehören ja um Mitte und Ende März — glüclicher⸗
veise! — nicht gerade zu den großen Seltenheiten, aber
aum jemals treten sie ein, ohne daß nachher nochmals der
Winter einen längeren oder lürzeren Besuch abstattet. Das
ypische Beispiel dieser Art bot der Frühling 1903: ein selten
chöner, langdauernder und warmer März war ganz Deutsch⸗
and damals beschieden, dann aber raste am 19. April ein
— Winters,
iber das mittlere Norddeutschland dahin und richtete besonders
un der Ostseeküste großes Unheil an.
Die dauernd schönen Frühjahre, wie sie uns etwa im
Jahre 1885 beschieden waren, nachdem die ersten Frühlings⸗
ufte sich eingestellt hatten, gehören leider zu den · großen
dusnahmen, und vor Ende April, ja, eigentlich sogar vor
Vitte Mai, kann man sich im deutschen Klima gegen echt
rinterliche Witterung nicht gesichert wähnen. Im April ge—
sören, was viel zu wenig bekannt ist, die Fröste in kleiner
zahl noch zu den durchaus normalen Erscheinungen. In der
nittleren norddeutschen Tiefebene muß man etwa auf drei
Frosttage im April im langiährigen Durchschnitt rechnen, im
deutschen Osten nimmt diese Normalzahl sogar noch zu. Es
fommen aber hier und da auch noch sehr viel winterlichere
Aprilmonate vor: in Berlin, dessen Temperaturreihe besonders
veit zurückgeht, gab es zum Beispiel 1883 und 1881 je zehn,
1858 elf und 1852 zwölf Tage mit Frost im April, und
inter den 71 Jahrgängen von 1841 bis 1911 brachten es
rur 19 auf einen frostlosen April! Auf dem Lande, wo
zie Ausstrahlung sich noch stärker geltend macht, sind die
Verhältnisse sogar noch wesentlich ungünstiger.
Andererseits ist der nächste Monat, der Mai, im großen
und ganzen entschieden besser, als der Ruf, der den berüch—
figten „kalten Tagen des Mai“ anhaftet. Viele Leute glauben,
daß in diesen „kalten Tagen“, die ja allerdings in keinem
Jahr völlig fehlen, Frost und womöglich auch Schnee eine
ast unentbehrliche Begleiterscheinung seien. Dem ist nun doch
zuüdlicherweise nicht so: gwar die „alten Tage“ richten
ehr viel Unheil an, aber viele empsindlichen Pflanzen werden
zelanntlich schon ernstlich beschädigt, wenn die Lufttemperatur
aͤngere Zeit unter 4 Grad Luftwärme sinkt, und somit wird
venn jm Mai häufig von „Frostichäden“ aesprochen. Obwohl
Tagesbericht.
Lübeck, 7. April.
»Der Verkehr Lübecks an pein Glbe Drave ¶Igenal 1911
Traal Lad Tragf. bgoad.
t t
Im Januar 38299 16255 58839 29249
im Irwar 46614 24941 34 006 16095
im März 74 418 43 306 90318 32796
Zus. bis Ende Maͤrz 160 331 61802 188 16 6140
mithin mebr im
Jahre 1811 — — 7 23832 13618
12. Plenarversammlung des deutschen Veterinärrates in
Samburg. In der gestrigen Sitzung beschäftigte sich die Ver—
jsammlung mit dem Entwurf einer Bundesrats-⸗Instruktion
um Viehseuchengeset vom 26. Juni 1909. Zuerst kamen
»is gemeinsamen Anträge der Berichterstatter Peters
Wiesbaden und Kösler⸗-Stuttgart über Viehmärkte und Vieh—
»erkehr zur Verhandlung. HSerr Kösler hob in seiner
Einleitung hervor, daß die jetzigen Bestimmungen insofern
ehr schwierig seien, als sie den verschiedenen Verhältinissen
n den Bundesstaaten angepaßt seien. Eine einheitliche
Regelung wäre daher erwünscht. Geheimer Oberregierungsral
Dr. Scharmer vom Reichsamt des Innern teilte daraus
der Versammlung mit, daßh der Bundesrat »Anregungen
zur Verbesserung dankbar entgegennähme. Die Versammlung
nöge sich aber nur auf Einzeländerungen beschränken, die
verkliche Verbesserungen seien. Der Bundesrat sei davon
iberzeugt, daß die verschiedenen Verhältnisse in Deutschland
nerücksichtigt werden müssen, da bei einheitlichen Bestimmun—
jen eine teilweise Verschlechterung eintreten würde. Der
Szchriftführer verlas darauf die einzelnen Anträge, von
»enen u. a. hervorgehoben seien: Zu 8 6: Statt Betriebe
»on Abdedern ist zu setzen: Abdeckeereibetriebe, denn es
zibt außer Betrieben von Abdedereien auch solche, die
»on Körperschaften gegründet und geleitet sind, wie städtische
bdeckereien und Kreisabdeckereien. Zu 8 42 wurde folgende
Fassung angenommen: Bei größeren Nutz- und Schlachtvieh—
zöfen sind Seuchenhösfe zur Aufnahme seuchenkranker und
erdächtiger Tiere, im übrigen Restbestandhöfe herzustellen.
xür 8 25 wurde nachstehende Fassung empfohlen: In
Molkereien und Betrieben, die Milch verarbeiten, ist der
zentrifugenschlamm täglich durch Verbrennen oder Sammeln
in einem mit Desinfektionsflüssigkeit versehenen Gefäße zu
beseitigen. Die Zentrifugaltrommeln und -einätze sind nach
Entfernung des Zentrifugalschlammes in kochendheiße drei—
»rozentige Sodalösung mindestens zwei Minuten lang ein—
ulegen und dann mit solcher abzubürsten. — Die Aenderungen
über die Abdeckereien und die unschädliche Beseicigung von
Kadavern, den Verkehr mit Viehseuchenerregern und Impf—
toffen, sowie über die Viehkastrierer wurden abgelehnt. —
Die Vorschläge, die Paragraphen, die den Milzbrand,
sauschbrand, die Wild- und Rinderseuche betresfen, um—
uändern, wurden abgelehnt, zum Teil auch zurückgezogen.
Dasselbe geschah mit den Anträgen zu den Abschnitten
iber Tollwut und Rotz. Darauf folgten gemeinsame An—
räge der Berichterstatter Dr. Felisch-Merseburg, Heichl'nger—⸗
Landshut und Dr. Strack betr. die Maul- und Klauenseuche
ẽs wurde beschlossen, den Absatz d des 8 164 in nach
tehender Fassung umzuändern: die Einfuhr von Klauenviek
zuur sofortigen Schlachtung ist gestattet; die Einfuhr vor
lauenvieh zu Nuß- und Zuchtzwecken lann nach näheren
Tnordnungen der Landesregierungen genehmigt werden. Am
Schlusse des 85 167 wurde neu aufgenommen: Auch kann
n besonders gefährdeten Teilen des Beobachtungsgebietes
»ie Festlegung der Hunde angeordnet werden. Darauf wurden
die Verhandlungen geschlosfen.
B. Politischer Vortrag im Neuen Frauenverein. Donners—
ag abend hatte der letzte Vertreter einer politischen Partej
Helegenheit, die Bestrebungen und Ziele seiner Freunde unv
»ie Weltanschauung seiner Partei im „Bürgerverein“ dar—
ulegen. Gerade das Zentrum ist ja diejenige Partei, welche
von der überwiegenden Mehrheit der Lübecker Bevölterung nicht
iur die Verschiedenheit der Konfession trennt, sondern deren
Weltanschauung quch den meisten unter ihnen nur in ganz
erschwonrmenen Umrissen bekannt ist. Den Redner des Abends,
zherrn Postdirektor Huno Id aus Wandsbek, hat in früheren
Jahren seine Beamtenlaufbahn auch nach Lübeck geführt. Er
zab zunächst in großen Zügen, leider etwas überhastet, eine
Geschichte der deutschen Zentrumsvartei. indenn er ihren
—T —
das Thermometer noch lange niaht bis auf den Gefrierpunkt
heruntergesunken war. Daraus ergeben sich natürlich vielfach
ganz falsche Schlüsse! Tatsächlich ist eine wirkliche Froitnacht
n Mai eine ziemlich seltene Erscheinung, die z. B. in Berlin
schon seit 1885 überhaupt nicht mehr zu verzeichnen war und
die sich daselbst unter 70 Jahren nur in S6 eingestellt hat.
An freigelegenen Stellen kommen zwar wirkliche Maifröste
wesentlich häufiger vor; immerhin gehören diese keineswegs
zu den notwendigen oder auch nur häufigen Begleiterscheinun—
gen der eigentlichen Eisheiligen Mamertus, Pankratius und
Servatius. Schneefälle im Mai kommen, so überraschend es
zunächst klingen mag, beinahe häufiger vor als Frosttempera—
furen. Sind doch in ganz vereinzelten Fällen selbst schon im
Juni noch Schneeflocken gefallen, so in Berlin z. B. am 21. Juni
1821 und am 2. Juni 18371
Unsere Vegetation ist im allgemeinen⸗darauf eingerichtet,
daß sie in den Anfängen ihrer Entwickelung durch einen
leichteren Frost noch nicht gar zu jehr beschädigt wird. Erst
»amn, wenn die Blütezeit begonnen hat, pflegen die Nacht
röste gelegentlich Katastrophencharakter annehmen zu können
ind auch dann ist es zumeist weniger die niedrige Temperatu
elbst, die den Schaden anrichtet, als vielmehr die etwaiger
Zchneefälle und Reifbildungen, deren laltes Schmelzwasser den
zarten Blüten und Blättern so viel Wärme entzieht, daß sie
dadurch schwer beschädigt werden.
Von der Stärke der in den beiden Hauptfrühlingsmonaten
April und Mai möglichen Fröste und Schneefälle machen sich
rohl nur sehr wenige Menschen einen richtigen Begriff. Tem
reraturen von —6 bis —8 Grad im April, wie sie in diesem Jahr
u verzeichnen waren, sind noch durchaus keine große Selten
Jeit, und gelegentlich kommen auch noch sehr viel niedrigere
Temperaturen um diese Jahreszeit vor. So berichtete Fritz
keuter in seiner „Festungstid“ von dem großartigsten April⸗
vinter der letzten hundert Jahre, der sich gerade in den
Isterfeiertagen des Jahres 1837 einstellte und den Reuter auf
dem Transport als politischer Gefangener miterlebte. Reuter
chreibt, dah damals in der Nähe der medlenburgischen Grenze
ine Temperatur von — 17 Grad geherrscht hätte, und andere
eitgenössische Berichte über diese Wetterkatastrophe lassen di
Angabe nicht unglaubwürdig erscheinen. Jener Kälterüchal
wat mit einem ungekeuren Schneefall verbunden, infolaedessen