Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

zroßer Heiterkeit des Hauses als eine Mischemg zwischen Rea⸗ 
Snens und Heraldit.) Hier ist ein bedaueclicher Niedergang 
inferer Bünzprägekunst zu verzeichnen. Auch die Ausgestaltung 
her neuen Hundertmartscheine erregt Kopfschütteln. Ganz un⸗ 
iläruch ist der angehängte Knpon, dessen Wasserzeichen mit dem 
wopf Kaiser Wilhelms J. sehr bald beschmutzt wird, Die Germania 
nit eiwas altertümlichem Anflug trägt Schnürstiefelchen und eine 
upderne Kappe. Schade, daß die Firma nicht mit angegeben 
st. (Große Heiterkeit.) Im Hinterarund sieht man zwei Panzer⸗ 
iffe als Zeichen dafür, wozu man das Geld auszugeben hat. 
Groͤßze Heiterteit.) Wir sollten das englische System nachahmen 
nid an die Banut zurückgeilossene Scheine durch neue, ganz ein⸗ 
ach ausgeftatteie, erfeben. CLebbafter Beifall) 
Siagefetretar Wermuth. Unsere Künstlerschaft muß doch 
zegenüber einer derartigen Kritik in Schutz genommen werden. 
Iit ünwverfilätsmuünze zeiat den Gründer Friedrich Wilhelm II. 
ach der besten Riauchschen Büste. Für die Banknote bin ich nicht 
erantwortlich. F 
Abg. Bindewald (Wirtsch Bgg.): Ich muß gegen diese Kritik 
roteftieren. Eine schönere Bauknote, als unseren neuen Hundert⸗ 
arischein habe ich noch nicht gesehen. (Schallende Heiterleit.) Sie 
st von hervorragend künstlerichem Wert. 
Abg. Frhr. v. Gamp: Ueber die Schönheit der Denlmüngze kann 
nan streiten, jedenfalls sollten mehr Deukmünzen in Umlauf gejetzt 
verden. Ueber die Erhöhung der Veteranenbeihilse freuen wir 
ins alle. Bei den fiskalischen Bauten muß mehr auf Verbilligung 
esehen werden. Die Haupischuld liegt darin. daß jedes Ressort 
sch seine Bauverwailung hat. Das ist von ungeheurem Nachteil ür 
die Vaterialienbeschaffung und die Vergebung des Bauausführung. 
Abg. Baumann (Zentr.): Die Kriegsveteranenbeihilfe sollte mög— 
ichft lohal bewilligt werden. 
Abg Hufnagel (zdons.) schließt sich dem Vorredner an. 
Abg. Schöpflin (Soz.): Auch wir verlangen, daßz die Einzel⸗ 
regierungen die Bestimmungen möglichst loyal durchführen. Vor 
zllen Tingen sollte die Bestimmung fallen, daß die Untersftützung nur 
intriit, soͤsern keine unterhaltungspflicht gen Angehöctgen vorhanden 
ind. Man sollte sich hier überhaupt viel weitherziger zeigen. 
Abg. v. Oertzen (Veichsp.): Wir haben unier allen Umständen 
zie Verpflichtung, daß unsere aälten Kameraden nicht notleiden. Ein 
Veindesteinkommen sestzusetzen, halte ich nicht für richtig. Alle Be⸗— 
rürftigen sollten unterstützt werden. Ez, wäre bedenklich, die „Wür— 
igleil“ der Veteranen ais Bedingung für die Unterstützung vorzu— 
chreiben. Das könnte zu schikanösen Auslegungen führen. 
Staatssetretär Wermuth: Ich bin 9 jür de tatsächliche Aus⸗ 
abe der bewilligten Gelder verantwortlich. Darin liegt doch eine 
arantie dafür, daß Weitherzigkeit geübt wird. Die Rusführungs- 
eftͤmmungen haben sich gegenüber dem jrüheren Gesetze wesentlich zu 
hrem Vorteile geändert. Schikanen sollen unter allen Umständen 
ermieden werden. Ich hoffe, daß wir unseren Verpflichtungen den 
Zeteranen gegenüber nachkommen können. 
Abg. Wieland (Fortschr. Vp.): Wir erkennen dankbar an, daß 
mseren alten Kameraden eine etwas reichhaltigere Beihilfe zuteil 
berden soll. Es darf nicht soweit kommen, daß, die Ausführungs— 
esiimmungen dahin ausgelegt werden, daß die Veteranen durch die 
nterhaltungspflicht wiederum um die Beihilfe gebracht und wieder 
uf die Landsiraße gesetzt werden. Dem Wohlwollen der Gemeinde— 
ehören dürfen die Beihilsen nicht ausgeliefert werden. 
Abg. Prinz zu Schönaich-Carolalh inl.): Ich frene mich, daß es 
udlich gelüngen ist, für unsere alten Veteranen etwas zu sun. Die 
Zestimmungen müsfen in möglichst warmherziger Weise angewendet 
verden. Leider ist auch diese en nicht ausreichend, aber 
ungesichts unserer Finanzlage immerhin schon anerkennenswert. Wir 
nüssen unseren alten Kriegern, denen wir das Reich verdanken, eine 
würdige Existenz sichern. Lebh. Vahn 
Abg. Br. Neumann⸗Hofer 88 — Die Verwaltung der 
ndirekten Steuern und d muß vereinheitlicht werden, 
Der Etat des Reichsschaßamts wird bewilligt. 
Es folgt der Etat dr die 
Schnutzgebiete, 
»er unter Annahme der vorliegenden Anträge vohne Debatte an- 
zenommen wird. Ebenso wird der Etat des Reichskolonialamts 
hne Debatte bewilligt. 
Es folat der Etat des 
Reichseisenbahnamtes. 
Abg. Hengsbach Soz.): — im voxigen, Jahre habe ich bei 
»er Interpellation wegen, des Mülheimer ee e ee anf die 
Befahren jener Strecke hingewiesen und tatsächlich ist später fast 
inf derselben Stelle ein Ünglück geschehen. Der Petition des Lokv- 
notivführerverbandes, die sich mit dieser Angelegenheit befaßt. sollte 
eachtung geschenkt werden 
Fone des Reichseisenbahnamtes Wackerzapp: In der zwei— 
en Lesung des Etats hat im Anschlusse an meine Rede der Abg. 
—35 w. Gamp erklärt, die Verlängerung der Reichstagsverhand⸗ 
ungen sei vielsfach in den langen Reden der Reglerungsvertreter 
u suchen, denen das richtige Augenmaß für die Vemessung ihrer 
Darlegungen fehle. Ich muß eine derarfige Kritik eines Mitgliedes 
der Verbündeten Regierungen anf das bestimmteste zurückweisen. 
Bei dem Mülheimer Ünglück handelt es sich um ein verhängnisvolles 
bersagen unserer sonst ausgezeichneten Signalvorrichtungen. 
Abg. Frhr. v. Gamp (Rp.): Ich muß für mich das Recht 
uus der preußischen Verfassung in Anspruch nehmen, wozu jeder 
Preuße das Recht hat, frei seine Meinung zu äußern. 
Veeene 
Darquf wird der Etat des Reichseisenbahnamtes genehmigt. 
Bei dem Etat der 
Reichsschuld 
agt 
Abg. Dr. Arendt (Reichspt., Die Verzinsung unserer 
——8 isft bis 1911 auf ig Mill. Deeinenehe das 
»edeutet eine jährliche Zunahme von etwa 24 Mill. Demgegen— 
iher ist erfreulich, daß eine Mehrbelastung der sest verzinslichen 
Verte mit nur 14 Mill. eingetreten, und es steht zu erwarten, 
»aß in diesem Jahre überhäupt keine Mehrbeträge ersorderlich 
verden. 242 
Staatssekretär Wermuth: Es ist nicht —A in dew 
Jahre eine Anleihe aufzunehmne. Eebh. Bravohh Die Ver—⸗ 
sältnisse sind nicht dazu angetan, daß wir dazu genötigt wären, 
orausgesetzt, daß uns nicht die Inanspruchnahme des Marktes 
von anderer Seite dazu zwingt. 
Darauf wird der Etat der Reichsschuld angenommen, ebenso 
der Etat,des Rechnungshofes und des Allge— 
meinen Pensionsfonds. 
Es folat der Etat der 
Post⸗ und Telegraphenverwaltung. 
Ahg. Giesberte (Zentr.) befürwortet eine Resolution w 
rtatsmahige Anstellung, von Arbeitern und Unterbeamten nach 
ojahriger Dienstzeit. In diefem Jahre felen die Unterbeamten 
Icht tiefmütterlich behandelt. Ebenso musfe die Resoinfien auf 
pahrung einer Zuͤlage für die Oberpostassistenten befolgt 
verden. 
. Abg. Hengsbach (Soz.) bringt Mißstände im VPostwesen von 
damborn zur Sprache. — 
Abg. Hormann ssortschr. Vp.): Für Arbeiter, die im Post⸗ 
pesen uüͤberflüssig werden, sollte anderweile Verwendung dat- 
inden als Poftboten usw. Bei der Beurlaubung der Unter⸗ 
deamten müßten genügend Ersatzmänner oet werden. 
Staatssekretär Kraetkte: Ueberzählige Arbeiter werden schon 
eute anderweit untergebracht, eventuell in anderen Bezirden. 
Vährend der Urlaubszeit müssen wie in Handelsbetrieben auch 
ei der Post die Kollegen den betreffenden Uxlauber vertreten 
md eine Stunde pro Woche mehr, Dienft tun; das geschieht auch 
ehr gern. Die Hamborner Verhältnisse sind bei dem rapiden 
Wachtssum dieses Oried hanz eigenartig. Die Resolution kann 
ch nit annehmen, sie ist undurchführbar. 
„Abg. Dr. Droescher (onf.): Die Keferenten bei den Ober⸗ 
ostdirektionen sind überlastet, ihre Dienstverhältnisse sind zu 
evidieren. Die Stellenzahl iß zu vermehren. 
Staatssekretär Kraelte iese letzte Forderung erkenne ich 
ils Mpendig a 
g. Irhr v. Hamp Reichsp.): Ich muß dem Antrage 
Droefcher widersprechen, In dritter Lesung ee man davon 
39— die gestrichenen Stellen wieder einzusetzen; 
die Maßnahmen zuͤr Vereinfachung des Postbeiriebes sind recht er⸗ 
reulich. Die Resolution Giesberts sollte zurückgezogen werden. 
Abg. Bed-⸗Heidelberg (natlib.,: Wir stimmen dem Antrag 
Aöscher quf, Wiedereinsehung der in Zyener Lesung gestrichenen 
Oberpostraͤte und 2 —B———— au. 
Abg. Eichhorn (Soz) bringt Behwerden über die Be⸗ 
—XXI— 
Staatssekrettr Kraette? Zur Nachprüfeng aller lolcher Be⸗ 
chwerden ist naug, daß ins die Hintermänner genannt werden, die 
en Abgeordneten das Malerial liesern. 
Abz. Dr. Neumann-Hofer Fortschr. Vp.): 7 Jahre streb⸗ 
en der Ihheee und jetzige Direktor des Lessing⸗Theaters an, im 
lephonbuch richtig verzeichnet zu werden; bisher ist das nicht ge⸗ 
umngen. (Große Heiterkeit.) 
Abg. Zubeil (Sos.) bringt Beschwerden darüber vor, daß 
in Telegramm an die Volizei ausgeliefert wurde, woraufhin ein 
erfahten gegen den Mann eingeleitet worden sei. 
Siaatssetretaͤr Kraette: BVir sind verpflichtet, dem Unter⸗ 
uchungsrichter Auskunft zu erteilen, und entsprechend ist auch ver⸗ 
ahren worden. 
Damit schließt die Debatte. Die Resolution Giesberts wird an⸗ 
enommen. Der Antrag Dröscher wird abgelehnt. Der Titel Ost⸗ 
rartenzusahge wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten 
md des —88 angenommen, die Polen stimmten, da ihnen 
ugenscheinlich die Fragestellung entgangen war, dafür. (Schallende 
deiterkeit des ganzen Hauses 
Der Posteiat wird bewilliat. 
FIs folgt der Etat der 
Zölle, Steuern usw. 
Staatslekretär Wermuth: Der, Abgeordnete Gothein hat bei 
er weiten Lesung die Frage angeschnitten. ob die Zuwendungen 
Beaaufsfleüe des Bundes der Landwirte an den Bund aus 
c Zenabeaben der Schenkungsfteuer unterliegen. Ich möchte 
azu folgendes erklären; Lieat eine Schenkung vor, so ist die 
cuer nahlen, liegen vellwertige Gegenleistungen vor, so ent-⸗ 
zie die Strner. Diese Rechtsfrage spitzt sich aber zu einer Tat- 
rage zu. Die einen behaupten, daß der Ueberweisung von Mitteln 
urchaus aleichwertige Begenleistungen dadurch gegenüberstehen, 
aß der Bund der Landwirte für die Verkaufsstelle Propaganda 
nacht. Die Frage der Geschenksteuerpflicht und Kalipropaganda⸗ 
eider für die Verkaussssesse des Bundes der Landwirte scheidet 
us, da eine vollwertige Gegenseistung vorhanden ist. Ich lehne 
zarundfätzlich entschieden ab, über die wirkliche oder angebliche 
reuerpflicht eines Zensiten Auskunft, zu geben. Die Frage. ob 
uch die Vereins- und Parteibeiträge heraypgezogen werden können, 
it Sache, einer umfassenden schwierigen Untersuchung. (Große 
»eiterkeit.) 
diba. Dove ssortichr. Vo. Gegen den sachlichen Inhalt dieser 
ẽrklärupg ihn nihts einzuwenden. 
Aba, Rösicke ikoms.s Ich kann konstatieren. daß sich somit die 
5 — Judeise gegen Suns als hinfällig erweisen. Große 
Unruhe. 
Ver Rast des Etats wird, bewilliat. Damit ist der ganze 
se senor rn dritter Lesung erledigt. Eebhaftes 
ravo. 
Nächst,e Sitzung: Dienstag, Mai, nachmittags 
U ber. Einführungsgesetz, zu der Reichsversicherungsordnung, 
lufhebung des Hilfskassengeseßes 
Präsident, Graf Schwerin⸗Löwitz: Bevor ich die Sitzung 
hliehße, wünsche ch Ihnen allen von Herzen ein recht frohes 
Rsersest unind hofde, daß wir uns möglichst frisch hier wiedersehen. 
Aebhaftes Brawo euf allen Seiten des Hanses 
Schluß 8 Ubr 
Preußischer Landtag. 
Hherrenhaus. 
(6. Sitzung.) 
Berlin, den 4. April. 
Am Ministertisch: v. Trott zu Solz. 
Foahornt Frhr. v. Manteuffel eroffnet die Sitzung um 1 Uhr 
O Minuten. 
Zu Ehren des seit der Jetzten Sitzung verstorbenen Mitglie⸗ 
es Beheimrats v. Di est-Merseburg erhebt iich das Haus. 
Neu berufen sind die Herren Dr. Oehler, Johansen, Dr. 
Zocker und v. Wiedebach-Nostiz. 
wp Ser Gegenstand der Tagesordnung ist der Gesetzentwurf 
ibher die 
Beschulung blinder und taubstummer Kinder. r 
Kultusminister v. Trott zu Solz: Der Gesetzentwurf enthält 
die Schulpflicht sür taubstumme und blinde Kinder. Bei der Re⸗ 
selung dieser Angelegenheit läßt sich ein starker Eingriff in die 
lterliche Gewalt nicht vermeiden. Da solche Anstalten nur an 
enigen Orten vorhanden sein können, so wird es vielfach rötig 
derden, daß die Kinder auch gegen den Willen der Eltern aus 
en Familien genommen werden. Mit den Aenderungen der 
dommission, die den Zweck versolgen, daß die Schulaufssichts- 
ehörde möglichst wenig in die Verhältnisse dieser Schulen ein⸗ 
reift, ann ich mich einverstanden erklären, denn wir haben in 
ieser Richtung volles Vertrauen zu den Provinzialverwaltungen. 
dagegen muß ich mich gegen die Abänderung der Vorlage dahin 
rklaͤren, daß die Dotgtionen des Staates für diese Zwecke erhöht 
verden sollen. Durch das Dotationsgesetz ist die Kostendeteili⸗ 
nng des Staates geregelt. Wenn in einzelnen Fällen die für die 
Zrovinzen ausgeworsenen Sunmen nicht ausreichen, so könnte 
iese Frage für sich geprüst werden. Das Gesetz ist aber nicht 
ie Stelle, wo diese Frage zum Austrag kommen soll. Ich bitie 
aher, in diefsem Bankt die Regierungsvorlage wiederherzustellen. 
ind das Zustandekommen des Gesetzes nicht zu gefährden. Ich 
soffe, daß es zustande kommt und ersprießlich wirken wird. 
Graf Zoltowski: Durch die zwangsweise Einschulung sind die 
echte der Eltern nicht genügend gewahrt. Wir verlangen christlich⸗ 
eligiöse Erziehung und erwarten, daß die Anstalten konfesfioneil 
— werden. Ferner fordern wir Berücksichtigung der Mutler- 
RXache. 
v. Dziembowski: Ueber die Berücksichtigung der Konfessionen 
edarf es keiner geietzlichen Bestimmung. Die an 
en werden schon in dieser Beziehung das 9 ichtige treffen. Ich 
itte um Annahme meiner Resolution, worin die Erwariung aus— 
esprochen wirde daß eine Neuregelung der Dotationen unfer wen— 
eichender Entlastung der zu dem höheren Steuerzuschlag gezwunge- 
en Provinzen baldigst hexbeigeführt werde 
Damit schließt dae allgemeine Besprechung. 
In der Spezialberatung werden die 83 127 ohne Debatte an— 
zenommen. 
ze 3 8 befürwortet — 
Fünltbischof Dr. v. Hopp einen Antrag des Grasen Droste zu 
Zischering, wongach die Kinder in einer Änfiait ihres Bekennt⸗ 
nisses untergebracht werden sollen, soweit die vorhandenen Einrich- 
ungen der Anstalt dies exmöglichen. 
28 wird mit diesem Antrag angenommen. 
Die g8 11 werden, ohne Debalie angenommen. 
r 12 behandelt die Kostenfrage. Noch den Kommissionsbeschlüssen 
ollen die Dotationen des Staates erhöht werden. 
Kultusminister v. Trott zu Solz bittet nochmals, diesen Para— 
raphen nach der Regierungsvorlage anzunehmen. 
s 12 wird, unter Ablehnung der Kommifsionsfassung nach der 
vLeg unsergesage angenommen. 
Der, Rest des Geseßes wird ohne Debatte im wesentlichen nach 
»en Beschlüssen der Kommission angenommen. 
Die Resolution v. Dziembowski auf Neuregelung der Provinzial⸗ 
otationen, wird ebenfalls angenommen. 
g Win der Geseßentwurf beir. die Verpflichtung zum 
desuche 
ländlicher FJortbildungsschulen 
nn den Provinzen Brandenburg, Pommern, Zaher. Westfalen sowie 
n der Rheinprovinz und in den Hobenzolleraschen Landen. 
Nach der Vorlaͤge kann durch statutarische Bestimmung einer 
hemeinde für die nicht mehr schulpflichtigen, unter 18 Jahre 
Iten mantilichen Versonen die Verpfüchtumg zum Befuch einer 
ändlichen Fortbildungsschule begruͤndet werden An Sonntagen 
oll Unterricht nicht erteilt werden. 
Nach dem Kommissionsbeschluß vp der Untexricht an Sonn⸗ 
agen erteilt werden körmen, wenn die ortlichen Verhältniffe da— 
unzwingen. 
Graf v. Haeseler: Die volksschulentlassene Jugend müßte 
dgemein zum Vend der ländlichen Fortbildungsschulen ver— 
flichtet werden. Mit Ausnahme der Gottesdienstzeit sollte auch 
m Sountag Unterricht erteilt werden. 
—AA hingewirkt 
verden, die Kreiskommunglverbände zu Trägern der sändlichen 
Jortbudungsschulen zu machen. derner ist es erwunscht, 
rößere Beträge zur Ausbildung, von Lehrkräften bereitgesteilt 
verden. Sodann sollten die Geistlichen zum Fortbildungsschut⸗ 
interricht, und zwar nicht bloß für den Religionsunterricht, her— 
ngezogen werden. Wir wünschen, daß hei dem tländlichen Fort⸗ 
„ildungsschulunterricht besonderes Gewicht auf die sittlich-reli⸗ 
iöfe Beeinflusfung der Jugend gelegt wird. Geifall.) 
Landwirtschaftsminister Frhr. v. Schorlemer: Bei den gün⸗ 
tigen Erfahrungen, die auf diesem Gebiet gemacht worden sind- 
and bei den zustimmenden Erklärungen, die die Vertretungen der 
n Betracht kommenden Landesteile zu den Vorschlägen der Re— 
ierung abgegeben haben, verzichte ich darauf, näher auf den 
Wert und die Bedeutung der ländlichen Fortbildungsschulen ein⸗ 
ugehen. Die Fortbildungsschulen allgemein einzuführen, dazu 
jaben wir weder die Mittel, noch die Lehrkräfte. Wir müssen 
ins damit bescheiden, mit einer gewissen Langsamkeit auf diesem 
gebiet fortzuschreiten. Es wird nicht zweckmäßig sein, gleich nach 
Zeendigung der Volksschule den Fortbildungsschulunterricht be⸗ 
tinnen zu lassen. Deshalb wollen wir die Verpflichtunge zum 
Besuch der Fortbildungsschule auf drei Winterhalbiahre festsehen. 
dem Plan, den Unterricht auch auf das Sommerhalbjahr auszu⸗ 
ehnen, stehen die ländlichen Verhältnisse entgegen. An Sonn⸗ 
agen foll der obligatorische Fortbildungsschulunterricht nicht er⸗— 
eilt werden. 
Staatssekretär a. D. v. Köller: Bezüglich des Sonntagsunter⸗ 
ichts stehen wir auf dem Standpunkt des Ministers. Am Sonntag 
W die jungen Leute an Gottes freier Natur sich erfreuen. 30 
Oberpräsident a. D. Graf v. Zedlitz und Trützichler; Die 
— der allgemeinen Pflichtfortbildungsschule ein Ziel 
paterer Zeit. Mit dem Prinzip des Gesetzentwurfs sind wir ein⸗ 
erstanden. Wir glauben zwar nicht, daß durch die ländlichen Fort- 
ildungsschulen das Eindringen der hedeneet en Tendenzen 
uf das Land verhindert wird. Wir hoffen aber, daß das vermehrte 
Pissen und der Eindruck der erziehlichen Zucht ein Vorteil für das 
anze Leben sein wird. — 
Oberhofprediger, D. Dryander: Den Darlequngen des, Ministers 
timme ich zu. Ich bitte ihn, von der, Bereitwilligkeit der Geistlichen, 
Unterricht Dhn Fortbildungsschulen zu erteilen, reichlichen Ge— 
rauch zu machen. 
Ie v. Landsberg: Die Entscheidung darüber, ob der Unter- 
icht an Sonntagen erteilt werden soll, können wir den Gemeinden 
berlassen. 
Die Beratung schließt. F 
Der Gesetzeniwurf wird in der Fassung der Kommission an- 
enommen mit der einen Ausnahme, daß, wie es die Regierungs- 
,prlage bestimmt, an Sonntagen kein Unterricht erteilt 
oerden darf. 
Angenommen wird ferner eine Resolution des Grafen Drost e 
u Vischering auf Einführung des Religionsunterrichts in den 
ändlichen Forthildungsschulen. 
Es folgt der berfenwut betr. die Auflösung der 
Iee dulverbaltast eim Regierungsbezirt Stral— 
und. 
Der Gesetzentwurf wird in der Kommissionsfassung ohne 
Debatte en bloc angenommen. 
Der Ge'retzentwurxi betr. die Bewilligung, weiterer Staats- 
migt,tel zux.VBerbetserung der, Wohnungsverblt 
rifsse von Arbeitern, die in sigatlichen Betrieben beschäftiat 
ind, und von gering besoldeten Staatsbeamten wird ebenfalls ohne 
Debatte angenommen; desgleichen der Gesetzentwurf betr. die Er⸗ 
veiterunrag des Stadikreises Breslaou. 
Es solat der Gesetzenwurf betr. die Erweiterung des 
Stadetreises Stettip. 
Oberbürgermeister Beudec-Breslau protestiert dagegen. daß 
»ie Provinziallandtage be Eingemeindungen gehört werden; sie 
jaben gar nicht die örtliche Keunntnis, um über derartige Dinge 
u entscheiden. 
Ein Regierungskommissar: Wenn es sich um Eingemein⸗ 
uungen von erheblicher Bedeutung handelt, werden die Pro⸗ 
gndlage qgechört, um eine allseitige Uebereinstimmung herbei⸗ 
zuführen. 
Die Vorsage wird angenommen. 
Die Tagesordnung ist erschöpft. i 
Nächste Sizung Mittwoch, J Uhr: Etat emerc 
Schluß gegen 6 Uhr. F — 
Dockbrãnde in Buenos Nires. 
Die N. H. BeH. schreibt: 
Von Jahr zu Jahr nehmen die Klagen über die Unzu⸗ 
inglichkeit des Hasfens von Buenos Aircs zu, auch unsere großen 
dampiergesellschaften, die diesen wichtigen Hasen mit ihren 
Zchiffen besuchen, haben schon mehrfach, so u. g. in ihren Jahres⸗ 
erichten, über die immer ärger werdenden Stockungen in dem 
ortigen Hafenbetriebe Klage geführt. Nach einer anderen, leider 
aoch traurigeren Richtung wird ein grelles Licht auf diese Ver— 
zältnisse durch einen Artikel des in Buenos Aires erscheinenden 
zurrier de la Plata geworfen. Der Artikel befaßt sich mit dem 
cuer, durch das am 13. Februar dieses Jahres einer der großen 
zollspeicher am Dock Nr. 1eingeäschert worden ist und gibt in 
er Einleitung einen Brief des Kommandanten der Feuerwehr 
in den Chef der Polizei wieder, der in der Uebersetzung etwa 
olgendermaßen lautet: „Ich bringe hiermit zu Ihrer Kenntnis, 
aß wir gestern abend, als wir das im Zollspeicher beim Dock 
dx. 4 entstandene Feuer löschen wollten, die fämtlichen eisernen 
ren verschlossen fanden, auch war kein Zollbeamter oder 
vächter mit den Schlusseln zugegen, der uns hätte Eingang ver— 
chaffen können. Meine Leute waren daher gezwungen, unter 
roßen Anstrengungen die schweren Türen mit ihren Beilen zu 
ertrümmern. Ich halte es für meine Pflicht, Ihnen dieses mit⸗ 
uteilen, da bei einem großen Feuer in diesen mit wertvollen 
Varen angefüllten Zollspeichern die Folgen einer solchen Nach- 
assigkeit außerordentlich schwere sein würden. Es müßte doch 
eicht sein, einen Angestellten der Nachtwache mit der Aufbe- 
vahrung der Schlüssel au betrauen, sodaß diese bei Ausbruch. 
eines Feuerg jederzeit zur Hand wären.“ Das Intercessante, oder 
esser gesaat, Traurige an diesem Briefe ist, daß er sich nicht auf 
as Jetzte, oben erwähnte Feuer bezieht, fondern, daß er vom 
0. April 1905 datiert und seiner Zeit anläßlich eines kleinen 
Feuers im Dock Nr. ¶ geschrieben worden ist. Seit diefer Zeit isi 
am 18. September 1906 ein Kollspeicher im Dock Nr. 4aufge 
ranut, am 18. Dezember 1910 ging ein Kollspeicher im Dock 8 
n Flammen auf und am 13. Februar dieses Jahres wurde der 
Zollspeicher Nr. T des Docks Nr. 1 durch Feuer vollständig zer— 
tört. Bei jedem dieser drei Feuer hat sich der aleiche Vorgang 
ibaespielt. Die Feuerwache kam an, fand die 
eisernen Türen verschlossen, es mußte viele kostbare Keit 
rgeudet werden, um sich gewaltsam Eingang zu verschaffen. Die 
Behörden hatten aus den vorhergegangenen Unfällen —2 gelernt, 
a, man hatte die Forderung des Kommandanten der Inrhe 
infach in den Wind geschlagen und dadurch ungeheure Werte dein 
berderben ausgesetzt. 
Das Blattespricht dann weiter von der Zollverwaltung und sagt, 
aß deren Personal'in einem sehr schlechten Rufe slehe. Ulle Kauf⸗ 
eute wüßten zu ihrem Schaden, daß Diebstähle in den Zollhäusern 
in der Tagesordnung seien. Die Kaufleute reklamieren zwar an— 
auernd, aber sie regen sich nicht mehr sonderlich auf, fie belrachlen 
iese beständigen Beraubuügen ihrer Waren schon als' ein ungus— 
leihliches Uebel, gegen das anzukämpfen doch mehr oder weniger 
iutzlotz w Das große Publikum ist jedoch, eingedenk des Sprich— 
vortes „Wer ein Ei stiehlt, stiehlt auch einen Ochsen“, anderer Mei⸗ 
iung. Es, besteht die Ausicht, daß die Angestellien der Zollverwal— 
ung durch ihre erfolgreichen Diebereien immer dreister geworden 
ind und inumer größere Quͤantitäten geslohlen haben, und, um diese 
Uregelmäßigkeiten zu verdecken, schließlich die Zollhäuser in Vrand 
esteckt haben Von j00 Personen, so meinnt das genannte Blatt, die 
nan in Buenos Aires fragen würde, würden sich wenigstens 8) in 
ieser Weise äußern. Wahrlich sehr bezeichnend für die Wertschätzung 
er grgentinischen Zollbeamten in ihrem eigenen Lande. 
Eine inzwischen eingesetzte Kommission hat dann auch schon 
inwandsfrei festgestellt, daß, Brandstiftung vorliegt. Ob die Täter 
vohl je erniert werden? Es ist wirklich erssaunlich, daß in inerStadt 
vie Buenos Aires, die in vieler Beziehung so glänzend verwaltet 
vird, noch solche Zustände herrschen können. Da durch die in Frage 
tehenden Zoll speicher auch jährlich für viele Millionen Mark deutsche 
Varen gehen, so wäre es vielleicht ganz angebracht, wenn man von 
eutscher Seite versuchen würde, zur Besserung dieser Zustände aul 
ne argentinischen Behörden einen Druck auszuüben
	        
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