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Beilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familienfreund.
Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübec 1601. Jahrcang nachrichten für das herzogtum Lauenburg, die
daͤblati: Gesetz und verordnungsblatt A8Re ——— 5* — Fürstentũmer Ratzeburg, Lübeck und das angren⸗
-vůαιααοε —— —⏑—⏑ ⏑ —— Aι jzende medlenburgische und holfteinische Gebiet.
Orua und Verias: Gebrader Sorsets S. m. b. S. i Lüben — Seisarienen Adieb du: Esriastr. a6). Feen vreszer ahuo v. soo.
Ausgabe XGrobe Ausaabe) Dienstag, den 4. April 1011.
——— — —
Abend⸗Blatt Nr. 173.
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Erstes Blatt. hierzu 2. Blatt,
so wie 3
Gesetz⸗e und Verordnungsblat
der freien und Hansestadt Lübeck, Nr. 17, v
enthaltend:
Llusführungsverordnung zum Reichs-Zuwachssteuergesetz vom
14. Februar 1911. — Siebenter Nachtrag zu der lübecki⸗
schen Hafen- und Revierordnung vom 17. August 1904.
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Umt r heut 383 SEei.
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:4. tomt i. ·v Teil.
die Maul⸗ und Llauenseuche eine ernste
wirtichaftliche Gefahr.
D. Lübed, 4. April.
Die fortgesetzte Weiterderbreitung der Maul— und
Klauenseuche ist nicht nur für die viehzüchtende Land—
wirtschaft eine ernste Sorge, sondern auch für die fleisch⸗
tonsumierende Bevölkerung überhaupt. Wir haben üüngst erst
aus den Ergebnissen der preußischen Viehzählung vom 1. Dez.
1910 die unheilvollen Einwirlungen der Seuche auf unseren
Rinderbestand und damit auch auf die bestehende Fleischnot
gesehen. Inzwischen hat sie noch erßehliche weitere Fortfschritte
gemacht.
Nach den Veröffentlichungen des Reichsgesundheitsamtes
waren in Deutschland am 15. Februar verseucht: 2296 Ge—
meinden mit 6013 Gehöften und am 15. März sogar 2580 Ge⸗
meinden mit 92238 Gehöften. In Preußen allein war die
Steigerung in der gleichen Zeit noch ärger, denn die Zahl
der verseuchten Gemeinden stieg dort zwischen 15. Februar
und 15. März von 1803 auf 1873 und die Zahl der ver—
jeuchten Gehöste von 4330 auf 5279. Am schlimmsten aber
var die Verbreitung der Seuche gerade in den nördlichen
ohreußischen Provinzen, am geringsten in Bayern. Württem—
derg und Baden zeigten erst im März beide ein bedenkliches
Emporschnellen ihrer Seuchenziffern.
Was ist nun gegen diese tkraurigen Zustände seither
geschehen? Man hat eine sehr peinliche Grenzsperre gegen
das Ausland und eine sehr unbequeme Sperre der ver—⸗
seuchten Gehöfte und Gemeinden im Inland durchgeführt,
ohne daß irgendwelcher Nutzen zu konstatieren wäre.
Besonders die Sperrmaßregeln gegen die Verschleppung der
Maul⸗ und Klauenseuche von verseuchten in gesunde Be—
zirle sind für die viehzüchtenden Landwirte sehr unbequem,
und ihr Wunsch, Erleichterungen zu erhalten, ist umso
begreiflicher, als eine Vermehrung der Seuchenfälle trotz
der settherigen Praxis nicht zu verkennen ist. Der Land⸗
wirtschastsminister hat deshalb im Preußischen Landtage
eine Milderung der Sperrmaßregeln zugesagt und auch
bereits entsprechende Aumeisung an die Regierunaspräsidenten
rgehen slaossen
— —
Auch im Preuhßzischen Herrenhause ist die wichtige Frage
angeschnitten worden. Dort hat der Vandwirtschaftsminister
Auskunft. über seitherige Versuche mit dem Löfflerschen
Serum zur Immunisierung gegen Maul—- und Klauenseuche
gegeben. In dem letzten halben Jahre sei es gelungen,
in allerdings noch nicht sehr bedeutendes Quantum Serum
niach der Löfflerschen Methode zu Versuchen fertigzustellen,
zie aber bisher ein abschließendes Urteil nicht hatten.
Nach den bisherigen Ergebnissen scheine festzustehen, daß
»as Serum genügt, durch Einspritzung Tiere immun zu
nachen gegen Ansteckung, welche durch Uebertragung von
Menschen, Tieren usw. erfolgt. Dagegen scheine es nicht
uu genügen, um Tiere auch dann zu schützen, wenn in
»emselben Stall ein anderes Tier an der Maul⸗—⸗ und
Klauenseuche erkrankt. In diesem Falle werde die Ansteckung
ruch auf die geimpften Tiere übertragen. Weitere Versuche
verden nun zeigen, ob es möglich ist, durch Verstärkung
»er einzuspritzenden Masse auch gegen diese Ansteckung Hilfe
zu schaffen. Immerhin scheine mit dem Löfflerschen Serum
ein Mittel gesunden zu sein, das in gewissen Grenzen gegen
ie Maul- und Klauenseuche wirksam schützen kann. Für
die kleineren Betriebe komme allerdings in Betracht, daß
der Preis des Serums noch sehr teuer ist; es koste 8 M
»ro Tier und 100 Mupro Liter, sodaß dieser Schutz
zsegen Maul—- und Klauenseuche ganz erhebliche Kosten ver—
ursacht. Augenblidlich wurden an einigen Stellen Versuche
nit einem anderen arsenhaltigen Mittel gemacht, das in
ihnlicher Weise wirken solle wie das Ehrlichsche Hata;
»abei würde es sich um ein Heilmittel bei erkrankten
Tieren handeln. Die Löfflerschey“ Nersuche würden fort—
Jesetzt wer den
Auch diese neueste Auskunft wird weder die viehzüchtende
dandwirtschaft noch die fleischkonsumierende Bevölkerung voll
efriedigen. Wenn trotz des jahrelangen strengen Seuchen—
chutzes noch immer kein wirksames Vorbeugungsmittel ge—
unden ist, so muß vielleicht doch der Vorschlag der Agrarier
tnsthaft geprüft werden, lünftig ein Jahr lang mal ganz
adikal vorzugehen und alles von der Seuche ergriffene Vieh
ofort abzuschlachten, selbstverständlich unter Gewährung der
zesetzlich vorgesehenen staatlichen Entschädigungen. Das wird
ehr kostspielig werden, aber es wird vielleicht volkswirtschaft—
sich sich besser rentieren als das gegenwärtige Verfahren
der allgemeinen Sperren, die das Fleisch fortgesetzt verteuern
und der Weiterverbreitung der Seuche keinen Einhalt gebieten.
Und noch eins! Die heutige überscharfe Grenzsperre
hat gegen die Seuche nichts genutzt, wohl aber die Ein—
fuhr ausländischen Viehs verhindert und dadurch
die Fleischnot erhöht. Sollte es da nicht an der Zeit
jein, auch an diesen Sperrmaßregeln jene Erleichterungen her—
beizuführen, die an der Viehsperre im Imnern jetztt konzediert
ind? Die Rückssicht auf die Konkurrenzpreise der
heimischen Viehzüchter darfdoch nichtallein aus—
ischlaäaggebend sein, solange wir solche Fleisch—
wot im Lande haben.
Konservative Wahltaktik.
Die Kreuzztg. teilt mit, daß die konservative Partei meht
Kandidaturen als sonst aufstellen werde, um Stim—
men zu zählen und in liberalen Wahlkreisen Einfluß, näm—
lich Kompensationsobjette für Stichwahlhilfe,
zu gewinnen. Das konservative Hauptorgan bezeichnet diese
Wahltaktik als die notwendige Gegenparole gegen die Parole
des Abg. Dr. Paasche: „Stramm gegen rechts!“ und rühmt
an ihr, daß die Konservativen dabei nicht in gebrochener
Front kämpften, während die Liberalen, sofern sie auch
die Sozialdemokratie ernsthaft bekämpfen wollten, nach zwei
Fronten fechten müßten. Im Anschluß hieran schreibt die
Kreuzztg. wörtlich:
„Ein Kampf aber, der stramm gegen die Hauptfeinde
der Sozialdemokratie geführt wird, also diese unterstützt,
macht den Kampf gegen die Sozialdemokratie zu bloßer
Chimäre. Der Liberalismus ist nicht stark genug, um seine
Kräfte zersplittern zu können, wirft er seine Hauptmacht ...
nach rechts, dann kann der Kampf gegen die entgegengesetzte
Front nur ein Scheinkampf sein.“
In dieser Auffassung offenbart sich durchaus parteiische
kinseitigkeit. Nach einem — im vorliegenden Falle unbe—
angenen — sozialdemokratischen Zeugnis, das in einer partei—
offiziösen Veröffentlichung über den Aufmarsch der Sozial⸗
»emolratie zu den Reichstagswahlen vorliegt, betrachtet die
ozialdemokratische Parteileitung in 112 Wahlkreisen die Na—
wnalliberalen, in 79 Wahlkreisen die Konservativen als
Hauptgegner“ der Sozialdemokratie. „Hauptfeinde“ der So—
sialdemokratie sind also die Nationalliberalen, und gerade sie
wollen die Konservativen durch Zählkandidaturen, die aus—
gesprochene Parteizweche verfolgen, nach Möglichkeit schwächen!
Auf solche Weise muß der Kampf der Konser—
vativen gegen die Sozialdemokratie tatsäch
hich zu einem Scheinkampf werden. B.
Taktische Cinigung der pommerschen und hannover⸗
schen Liberalen.
Die Vertreter der pommerschen Provinzialorganisationen
der nationalliberalen Partei und der Fortschrittlichen Volks—
partei sind an diesem Montag unter Zuziehung von Vertretern
der beiderseitigen geschäftsführenden Ausschüsse zu folgender
Vereinbarung über die Provinz Pommern gekomnmen:
Es sallen der fortschrittlichen Volispartei zu die Wahlkreise
1. Rügen-Franzburg-Stralsund, 2. Greifswald-Grimmen, 3.
Stettin⸗Stadt, a. Randow-Greifenhagen, 5. Kolberg-Köslin.
Der nationalliberalen Partei sallen zu die Wahlkreise 1.
Belgard-Dramburg-Schivelbein, 2. Neustettin, 3. Greifenberg⸗
Kammin, 4. Pyritz-Saatzig, 5. Naugard-Regenwalde.
Doppelkandidaturen sollen aufgestellt werden in 1. Stolp—
Lauenburg, 2. Bütow-Schlame-Rummelehura. 3. Anklam—
Demmin. m
Im Wahlkreise Usedom-Wollin wird Herr Fabrikbesitzer
Dr. Hellmuth Töpffer-Finkenwalde als gemeinsamer wildlibe—
raler Kandidat aufgestellt.
Ueber die liherale“ Einiaung in Hannover berichtet der
An
Als man sich bald danach zum Aufbruch rüslete, be—
gleitete sie die Freundinnen in den Garderobenraum. Die
chwärmerischen Ausdrücke der Bewunderung und des Ent—
ückens, die hier zum Ausbruch damen und ebensosehr der
Person des Sängers wie seinem Gesang galten, erfüllten sie
nit Hochgefühl. Als alle fortgegangen waren und auch die
Mutter sich zurückgezogen hatte, begab sie sich in das nur
foch schwach erhellte FEkKzimmer und bhegann mechanisch auf⸗
zuräumen.
Sie hörte, daß Gerhard und Karl nebenan im Salon
varen, daß sie eifrig, wenn auch in gedämpftem Ton sprachen
ind dann und wann ein paar Atlkorde auf dem Instrument
ingeschlagen wurden. Sie setzte sich ans Fenster, zog den
Vorhang zurück und ließ das volle, weiche Mondlicht zu
ich hereinfluten; die Hände lagen im Schoße gefaltet, und
sie blikte träumend und sinnend in die Gebeimnisse der Mond—
nacht hinaus.
Im Nebenzimmer öffneten die Freunde einander die
derzen; die Musik schien auch hier den Schlüssel dazu ge—
funden zu haben. Die Bewegung der Schwester war Kar!
nicht entgangen; solche Ergriffenheit war ihm ein fremder
Zug an ihr;: er hatte bisher mehr Schwärmerei und Phantasi—
als Gemüt und Wärme bei ihr wahrgenommen, und er be—
nüßte, was er gesehen, mit inniger Freude. Ob der Freund
hre innere Bewegung wahrgenommen hatte und anfing, lie
ich zu deuten?
Karl konnte bei alledem die Erimerung und Unruhe in
hezug auf Adelina Allmers nicht los werden. Er wollt«
Klarheit haben, muhßte sie haben, auch der Schwester wegen;
deren Verkehr mit dem Freunde er unter Obacht genommen
hatte.
Gerhard saß am Klavier und spielte leise vor sich hin,
er wuhte wohl selbst kaum, was. Unwillkürlich erklang unter
ieinen weißen Fingern die Melodie des vorhin gesungenen
diedes, die er leise und träumerisch vor sich hinsummte. Karl
trat an ihn heran.
—
Ob fie wohl kommen wird?
Roman von Renata Greverus —
A2. Fortsetzung.) (Machdruck verboten.)
Die Abendgesellschaft der Frau Rätin war in bester
Stimmung. Rach Tische rauchten einige der Herren in Karls
Zimmer ihre Zigarre. Gerhard blieb bei den Damen im
Salon, da er aus Gesundheitsrücksichten das Rauchen aufge⸗
zeben hatte. Er gab sich einfach und liebenswürdig gegen
alle; seine dunkelblauen Augen strahlten und in sein Gesicht
war die Farbe der Gesundheit getreten, als er, die schlanke
Gestalt leicht an den Türpfosten iehnend. mit Liesbeth üher
einige neue Lieder sprach.
„Ich habe ein schönes Lied mitgebracht, das die Damen
vielleicht noch nicht kennen,“ sagte er, zog ein Seft umer
rinem Stapel Noten hervor und schlug es auf.
„Ob sie wohl kommen wird?“ las Liesbeih halblaut.
„Von Preyer? Das kenne ich allerdings noch nicht. Bitte,
iingen Sie es uns, Herr Friesing.“
In diesem Augenblick kamen die anderen Herren herzu;
die jungen Damen traten lebhaft für ein gemeinsames Musi—
zieren ein, und nachdem die beslen Klavierspieler, Sanger
und Sängerinnen unter den Gästen etwas zum Besten ge⸗
gehen hatten, setzte Liesbeth das Preyersche Lied aufs Noten⸗
pult und sah Gerhard liebenswürdig bittend an. Karlt mit
dem er das Lied 'bereils durchgegangen war. sekte lich aur
Begleitung ans Klavier.
Schon gleich nach den ersten, wie eine wehmütige Frage
lingenden Mollalkorden der Begleinung, die Karl weich und
ausdrucksvoll anschlug, verstummte die anfangs noch leise ge—
führte Unterhaltunge Dann sekte Gerharde volle, weiche
Stimme ein:
.Möchte wissen, wann ich bald begraben werde sein
Und auf meinem Grabe steht ein Kreuzchen oder Siein 5
Und man vor Riedgras kaum das Grab zu sehen dermag:
—L Allerseelentag7?
Ob sie den feuchten Blick wohl senket niederwärts?
Ob sie bei sich wohl denkt: Hier ruht ein treues Herzꝰ..“
Die Töone schwollen allmählich zu immer voller Höhe
an. Tann schienen sie leiser, zaghafter zu werden, als außer
dem erhofften Gedenken auch Taten der Erinnerung erwartet,
ersehnt, erfleht wurden:
„Ob sie um meinen Stein ein lieines Kränzchen flicht?“
Ob sie für meine Ruh ein Vaterunser spricht ?“ J
Die Fragen der Sehnsucht und Hoffnung erklangen ge—
dämpft, in nur mühsam verhehlter Leidenschaft, die in der
Begleitung immer leise widerhallte. Dann nach einer kurzen
Pause, in der jeder unwillkürlich den Atem anhielt, ging
die Weise in Tur über, und es ertlanga froh und voll
qlüclicher Zuversicht:
„Gewiß, sie wird wohl kommen, zu beten auf mein Grab,
Sie weiß, daß ich sonstkeinen für mich zu beten hab!“
Die letzten Zeilen des Liedes wurden mit geringen, sein
betonten Abweichungen in der Melodie wiederholt. Gerhard
hatte kaum je mit einem so hinreitßenden Ausdruck gesungen.
Alles war still und viel zu ergriffen, um lauten Bei—
fall zu spenden. Karl ließ, ganz in sich versunken, die Hände
noch eine Weile auf den Tasten ruhen. Manchem aber aus
der Gesellschaft war zumute, als müsse er dem Sänger eine
frohe Antwort auf seine verklungene Frage, auf seine leise,
frohe Hoffnung geben. Dieser wandte sich um und blickte
mit ernster Ruhe im Kreise umher; doch die innere Erregung,
die beim Singen über ihn gekommen war, liand in seinen
glänzenden Augen und auf den blassen Wangen geschrieben.
Cines der jungen Mädchen schluchzte ganz unbeherrscht auf,
eine andere wischte sich verstohlen eine Träͤne ab.
Gerhards Blid fiel auf Liesbeth, die etwas zurüdgetreten
war; sie fühlte seine Augen auf sich ruhen und sah ihn an;
ein süßer Schauer durchrieselte sie, als sie das Leuchten im
Blide sah, von dem sie fühlte, datßz er ihr, ihr ganz allein
dalt. Sie würte nur die hervorbrechende Sehnsucht und Wärme
bes Blickes; das Prüfende, Fragenda darin aber entgina ihr.