in der Fassung der Rammer angenonrtmen. Bernard empfahl
odie Annahme des Artikels 3, der bestimmt, daß denjenigen
Hesellschaften kein Auftrag gegeben wird, in deren Ver—
valtungsrat Parlamentarier sitzen. Die Kommission hatte
die Abtrennung dieses Artikels verlangt. Der Senat stimmte
mit 143 gegen 119 Stimmen der Abtrennung des Artikels
3 zu und nahm das Gesetz im ganzen an.
Inländische und —nsländische Preßstimmen zur Reichs⸗
—X
Inland.
Die Rede des Reichskanzlers sindet bei einigen Blättern des
Fortschritts wenig Beifall. Der verständig geleitete Berl.
Börfencourier »kritisiert sie natürlich, soweit sie das
Schiedsgerichtswesen (und die Abrüstung betrifft, durchaus
reundlich. Das Berl. Tagebl. aber erklärt:
„Je mehr das Bewußtsein die Völker miteinander verbindet,
daß bei ihnen und ihren Regierungen das Bestreben obwaltet,
Fegensätze friedlich zu schlichten, um so mehr wird das Volks-
empfinden auch Trägerin der Ideen werden, welche Herr v. Beth-
nann „für immer“ ablehnt.“
Und die Voss. 3tg. meint:
„Kann der Reichskanzler gegen die Art von Schieds-
gerichten des sortschrittlichen Antrages etwas einwenden? Schwer-—
ich. Er aber hielt für nötig, zu betonen, daß sich aus bem
Leben der Volker die ultima ratio nicht ganz wegstreichen läßt
ind daß zur Friedfertigkeit Stärke gehöre. Bei der Rechten
erntete er, indem er diese offenen Türen einstieß, lebhaften
Beitall. Außerhalb dieser Kreise würde Herr v. Bethmann
zollweg vielleicht größeren Beifalls teilhaftig, wenn er den
hedanken des Schiedsgerichts wärmere Zustimmung bezeugt
ätte, als er gestern bewies. Der Stärke braucht er dabei nichts
u vergeben.“
Ganz und gar aus dem Häuschen ist natürlich der Vor-
värts“, der Aile Rede Bethmann Hollwegs für die stärkste
Heraussorderung des deutschen Proletariats und die nachdrück—
ichste Aufforderung zum Kampfe gegen dieses System erklärt.
Die Deutsche Tagesztg. benutzt die Gelegenheit, um
ich wiederholt an dem Abgeordneten Bassermann zu reiben, dessen
brechnung mit den Konservativen sie als einen unerhört pro—
rokatorischen Vorstoß bezeichnet.
Die mationalliberale Kölnische Zeitung dagegen
iimmt einen Standpunkt ein, den wir bereits in unserer heutigen
Horgenausgabe in ähnlichem Sinne präzisiert haben. Sie
neint u. a.:
„Die Erweiterung zu Verträgen über internatinale Ab—
rüstung und bedingungslose Zuständigkeit der Schiedsgerichte ist
iicher im Grundsatz erstrebenswert, und es fragt sich nur, ob
der praktische Politiker das auch erreichen kann, was der
Ideologe und der Menschenfreund wünschen. Herr v. Beth—
nann sagt „nein“, und er wird damit voraus-
ichthich recht behalten, „so lange die Menschen Menschen
ind die Staaten Staaten sind“. Deutschland steht nun einmal
in dem Rufe, daß es dye Rüstungen der Rüstungen halber be—
treibe, und so töricht eine solche Unterstellung auch ist, so ver⸗
ehlt sie doch nicht den Eindruck und schadet nach manchen Seiten.
Auch wir glauben nicht, daß ein englischer oder
amerikanischer Minister mit einem wirk—
lbich brauchbaren Abrüstungsvorschlage kommen
wird, und sollte er Kien Versuch machen, so werden ihm die
Hründe entgegenstehen, die Herr v. Bethmann
so überzeugend dargelegt hat. Immerhin hätte man
die Möglichkeit eines solchen Vorschlags offen lassen sollen, da-
nit nicht wieder behauptet werden kann, daß Deutschland grund—
äßzlich einer internationalen Einigung widerstrebe. Ehrlicher und
»fsener ist es ja, wenn der Reichskanzler das Schwergewicht
einer Tarstellung auf die Hindernisse legte, die ihm so unüber—
teigbar scheinen, daß er auch den begeistertsten Aposteln der
Abrüstung und der Schiedsgerichte nicht zutraut, eine brauch—
»are Formel zu finden. Im übrigen glauben wir, daß, wenn
es gegen alle Erwartung menschlichem Scharfsinn gelingen sollte,
ine solche Formel zu entdecken, Deutschland nicht eigensinnig
zeiseite slehen, sondern sich im Gegenteile freuen würde, daß
andere das fertig bekommen haben, was uns vorläufig noch
unmöglich scheint.“
Ausland.
Auch in Paris hat die Kanzlerrede ein nachhaltiges Echo
geweckt, wie aus nachfolgenden Aeußerungen hervorgeht, die
eine wesentlich schärfere Kritik an der Rede üben, wie die heuts
norgen bereits erwähnten Zeitungen.
— — — — —
dich beschäftigt, miteinander durchsprechen. Morgen gehe ich
erst mal auf eine kurze Zeit nach Oldenburg zu meinem
ilten Freunde Karl, weißt du.“
—„Willst du dir da eine Braut herholen?“ fragte Hinrich.
Herhard fuhr auf..
„Wie kommst du auf dergleichen?“
„Du hast ja eben selbst vom Heiraten angefangen,“ sagte
der Bruder. „Da mußt du doch wohl darüber nachgedacht
zaben; du bist ja auch älter als ich. Uebrigens sagte Christiane
neulich auch so etwas.“
„Was sagte Christiane?“.
.Sie meinte, mit der reichen Kaufmannstochter in Bremen
scheine es ja doch wohl nichts zu werden, die wollte wohl
gjöher hinaus und ihr Vater auch; sonst würdest du jetzt
nicht mit einem Male von da fortgehen.“
Gerhard wollte aufbrausen, aber er bezwang sich.
„Ja, und für die andere da in Oldenburg, die du schon
länger kennst, die Schwester von deinem Doktor Rüder, meine
ich, ist sie auch nicht eingenommen.“
Gerhard stand voll Unmut aui. „Was geht's Christiane
an, ob ich mich verheitaten will oder nicht, und mit wem?
Sie weiß darüber weder Bescheid, noch werde ich sie um ihren
Rat fragen!“
„Angehen soll es sie nun doch wohl; sie ist doch unsere
Schwester.“ Dann sagte er nach einer Pause leise:
„Sei vorsichtig, Gerhard, und überlege, ob sie auch die
Rechte ist. Hierher zu uns paßt sie ja gar nicht, sie soll
o eine Feine sein. Und du würdest uns allen fremd werden.
— Aber wenn sie dir helfen kann — das ist ja die Haupt⸗
sache; denn für sich allein ist keiner froh — du schon gar
nicht!“
Er schien nachzudenken und. sfuhr dann fort:
„Wenn sie nur keine von der Sorte ist, die mit ihrem
feinen Getue etwas verdecken wollen, was nicht da ist, das
ie gar nicht in sich haben.“ J
„Was meinst du, Bruder, sprich dich aus!“
Fortsetzung solgt.)
Die Rede erscheint, wie Figaro sagt, als die
larste und schärfste Absage, die den
Ltopien der Abrüstung und des Welt⸗Schieds-
zerichts erteilt werden kann. Deutschland betrachtet den
wigen Frieden als Traum, es will nicht auf den Krieg ver—⸗
ichten und bis zum Ende seine Rolle als starkes Volk durch-
ühren. Eine kalte, ruhige Entschlossenheit, ein
ungespannter Wille, ohne Enthusiasmus, eine deutliche
kinsicht in das vorgefaßte Ziel, das ohne Herausforde—
ung, aber auch ohne Schwanken verfolgt wird, spricht aus
en Worten des Kanzlers, dessen Wesen noch düsterer, noch
achdenklicher erscheint als seine Sprache. Die Menschlichkeit
xistiert kaum für ihn, er denkt einzig an Deutschlands Größe
ind strebt ihr nach als gewissenhafter Mann.
Das Journal bemerkt, aus den Erklärungen des Kanzlers
ehe unzweideutig hervor, daß Deutschland nicht geneigt sei,
ruf Abrüftungsgedanken einzugehen. Der Kanzler, der wirkliche
zortschritte als Redner zeigt, hat sehr geschickt die Argumente
»es Non possumus zur Ueberzeugung seiner Hörer zu ver—
venden verstanden.
Echo de Paris bezeichnet die Kanzlerrede als nüßlich,
im gewisse unverbesserliche Schwärmer in Frankreich und Eng⸗—
and von ihren Illusionen zu heilen, falls dies überhaupt
nöglich wäre.
Aus England schreiben die radikalen Daily News:
die Rede des Reichskanzlers hat enttäuscht.
zerr v. Bethmann-Hollweg hat über die Abrüstungsfrage nichts
inderes gesagt, als was schon mancher deutsche Kanzler vor
hinm gesagt hat. Man wäre glücklich gewesen, wenn man
ndlich positive Vorschläge von der deutschen Regierung ge—
hört hätte.
Im Daily Expreß heißt es dagegen: Man braucht
an der Idee eines internationalen Schiedsgerichts deshalb
noch nicht gleich zu verzweifeln, weil Deruckchland mit Miß⸗
trauen dieser großen Idee gegenübersteht. Die Hauptsache ist
die Organisation einer englisch-amerikanischen Friedensliga.
Inland und Ausland.
Deutsches Reqi.
Der angebliche Revers von Immeunstadt. Der national—⸗
iberale Reichsstagsabg. Dr. Thoma gibt zur Frage des
ingeblichen Reverses folgende Erklärung ab:
„Um jeder weiteren Legendenbildung ein Ende zu
machen, erkläre ich hiermit, daß ich nach wie vor materiell
auf dem Boden der vier Immenstadter Punkte stehe und
dies durch meine Abstimmung jederzeit bekunden werde.
Formell muß ich mich aber verwahren gegen die Sach—
darstellung in der gegnerischen Presse, als ob ich zur An—
erkennung der vier Punkte erst zwischen der Haupt- und Stich-
wahl durch Unterschreibung eines sozialdemokratischen
„Reverses“ hätte gezwungen werden müssen und als ob ich
»adurch eine unzulässige Bindung bei Ausübung meines
Mandates eingegangen sei. Ich habe auf Anfrage ein—
ach ertlärt, daß ich getreu meinem Programm und meiner
eitherigen politischen Haltung und Ueberzeugung gegen jede
Verschlechterung des Reichstagswahlrechtes und des Koalitions—
rechtes, gegen Ausnahmegesetze und gegen die Einschränkung
»er Selbstverwaltung bei der Sozialgesetzgebung stimmen
werde.“
Zur Jatho⸗Angelegenheit. Der Pfarrer Radeke ist
vegen seiner Berliner Jatho-Rede vom Koblenzer Konsistoriunt
erantwortlich vernommen worden. Der Evangeli—
che Kirchen⸗Anzeiger teilt in offiziösem Druck mit, daß der
vangelische Oberkirchenrat die Angelegenheit Jatho
em Spruch⸗Kollegium übergeben hat.
Denkmalichutz in Württenberg. Im Finanzausschuß teilte
»er Kultusminister mit, daß im Herbst dieses Jahres dem
Landtag ein Denktmalschutzgesetz vorgelegt werden
vird. — Bekanntlich wird dieses Projelt auch in Lübeck
ereits seit längerer Zeit gefördert. Dabei hat man bei
ins ein bereits in Hessen bestehendes Gesetz zum Vorbilde ge—
iommen.
Die Schiffahrtsabgaben-Kommission beriet gestern den
3 7 und verstärkte den Strombeirat des Rheinver—
»andes von 48 Mitgliedern auf 96, den des Elbver—
andes von 28 Mitgliedern auf 56 und beschloß die Oeffent—
ichkeit der Sitzungen der Stromverbände. Weiter wurde ein
Antrag angenommen, wonach die Mitglieder der Strombei—
äte jedesmal auf 5 Jahre zu wählen seien. Die Beratung
des 8 7 wurde nicht zu Ende geführt
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Lübeck 1. April.
Stadttheater.
Sans (Grave)
von Benno Diederich.
Zum mindesten ein sehr ungewöhnliches Stück, wenn man
son einem wirklichen Stücke hier überhaupt sprechen kann.
denn eigentlich ist es nur eine einzige, lang ausgedehnte und
ang ausgesonnene Sterbeszene eines jungen Menschen, des ein—
igen Sohnes und Augapfels eines oelten Witwers, gelegent—
ich nur unterbrochen und unheimlich belebt durch die ge—
penstische Erscheinung der nicht lange vorher gestorbenen Mutter.
die sinnenfällige Schilderung der Angst des alten Vaters um
as langsam erlöschende Leben des über alles geliebten
zohnes, die auflodernde Liebe zum Leben in dem jungen
Renschen angesichts des Besuches eines in schwärmerischem Ju—
endüberschwang geliebten Nachbarkindes, eines überschnell be—
eits mit einem anderen Freunde slirtenden Badfisches, und
ndlich, last not least, die unter Vernachlässigung aller guter
lter Geistersitte bereits in der ersten Abenddämmerung sich
eigende Erscheinung der spukenden Mutter just in denselben
lugenblicken, wo der alte Vater, ohne jenen Hellblick der
zterbenden, die Unmöglichkeit von Geistererscheinungen dem
Sohne demonstriert, alles das ergibt ein raffiniert auf die
derven fallendes Gemisch. Im Inteilesse der ungestörten Nacht⸗—
uhe der Zuschauer, von denen ein guter Teil während des
zanzen in heftiger Verängstigung dasaß, war es daher nur
nit Freuden zu begrüßen, daß ein den Schluß des Abends
ildendes zweites Stüch — „Thalea Bronkema“ — die Er—
merung an das erste wohltätig abschwächen lonnte.
der Verfasser ist anscheinend erfolgreich bei dem
ßespenstergeschichten⸗Erzähler Hoffmamn in die Schule
egangen, nur daß jener movellistisch doch noch
indere Wirkungen erzielt, als dieser dramatische. Denn
venn man von Hoffmann mit einiger Wahrscheinlichkeit
rzählt, daß er sich abends nie gerne allein befunden,
veil er sich vor seinen eigenen Geschichten gefürchtet habe,
o verliert doch bei einigermaßen nervenkräftigeren Zu—
chauern der Dietrichsche dramatische Geilt mit ieder leiner
Die Jugendpflege in Breußen. Der Mitnister für Hande
nd Gewerbe hat die Regierungspräsidenten aufgefordert, den
ekannten Erlaß des Kultusministers über die Jugend—
flege den Regierungs- und Gewerbeschulräten, den Regie⸗
ungs und Gewerberäten sowie den Revisoren und Leitern der
Fortbildungs- und Fachschulen zugehen zu lassen. Auch sollen
zie Regierungspräsidenten dahin wirken, daß alle mit dem
Fortbildungs- und Fachschulwesen befahten Beamten und
dehrer der Handels- und Gewerbe⸗Verwaltung sich angelegen
sein lassen, nach besten Kräften an der Förderung der Jugend—
flege mitzuarbeiten. Insbesondere legt der Minister Wert
darauf, daß sie in die zu bildenden Jugendpflegeausschüsse
intreten und dazu beitragen, die Beziehungen zwischen den
Fach⸗ und Fortbildungsschulen und den Veranstaltungen der
Jugendpflege lebendig und fruchtbar zu gestalten.
Der Verband der deutschen Diplom⸗Ingenieure und die
Privatbeamtenversicherung. Wie so viele andere Körper-
chaften, Kassen und Vereine der verschiedensten Berufsgebiete
hat auch der Verband deutscher Diplom⸗-Ingenieure gegen den
Hesetzentwurf über die Privatbeamtenversicherung Stellung
jenommen. Die Bedenken und Einwände dieser Vereinigung
ind aus der folgenden Resolution ersichtlich: „Da der vor—⸗
iegende Entwurf nach Ansicht des Verbandes deutscher Diplom-
Ingenieure in vollem Umfange für die Verhältnisse der un—
eren Gruppen der Angestellten zugeschnitten ist, demgemäß
cie Leistungen nicht entfernt der Lebenshaltung der akademisch
jebildeten Personen genügen, da weiterhin das Gefühl für die
Zelbstverantwortlichkeit in akademisch gebildeten Kreisen vor—
ruszusetzen ist und durch Zwangsgesetz nicht geschwächt werden
oll, so besteht der Verband darauf, daß die Diplom-In⸗
genieure dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht angereiht werden.“
*
Tageshericht.
Lübeck, J. April.
MWeZum zweiten Beamten am Staatsarchiv hat der Senat
zerrn Dr. F. Rörig-Göttingen, früher am Kaiserlichen
Bezerksarchiv in Metz, ernannt. Herr Dr. Rörig hat heute
hier sein Amt angetreten.
Frauengewerbeschule. Es bestanden nach voraufgegan—
gener schriftlicher und mündlicher Prüfung das Examen für
zeichenlehrerinnen an Volks- und Mittelschulen Frl. Gertrud
zurmeister, Elisabeth Hasse, Emma Hasse, Margarethe Hassel⸗
»ring, Käte Hesse, Elsbeth Hoch, Elsbeth Klein, Anna Möller,
Mathilde Reher, Marg. Reimann, Lilli Richter, Helene Starcky,
Gertrud Tralow geb. Meyer und Käte Wilde.
O Das Parteiprogramm der Sozialdemokratie bildete
jestern den Gegenstand eines Referates im Neuen Frauen—
»erein. Zum Referenten hatte man Herrn Redak⸗—
eur Stelling vom Lübecker Volksboten aus—
rsehen. Als Grundlage seiner Ausführungen benutzte der Vor⸗
rragende das Erfurter Programm aus dem Jahre 1891, und
war sprach er zur Hauptsache über den grundsätzlichen
Teil. Die praktischen Forderungen kamen leider wegen der
borgerückten Zeit etwas reichlich kurz weg. Wir wissen nun
nicht, ob das in der Absicht des Herrn Stelling gelegen hat.
Jedenfalls glauben wir, daß er auf mehr Verständnis
ür die Aufgaben und Ziele der Sozialdemo—
ratie hätterechnen können, wenner denletzteren
Teil ausführlicher besprochen hätte. Wir haben
schon manchen sozialdemokratischen Redner gehört, der das in
zurchaus effeltvoller Weise getan hat. Diese Redner brauchten
ich dabei denn auch nicht so tief auf die historische Ent—
vickelung und die schwierigen Gedankengewinde von Karl
Vlarx einlassen, die noch heute von sehr wenigen seiner An—⸗
—
ilt namentlich von den Begriffen „Mensch als Ware“ und
on der Krisen- und Verelendungstheorie. Den Hörern und
zörerinnen des gestrigen Vortrages aber, welche die gebotenen
Anregungen zum weiteren Nachdenken benutzen möchten, können
vir empfehlen, sich auch einmal mit dem geistig mindestens
»benso hochstehenden Sozialisten Lassalle und dessen Werken
u beschäftigen. Wir möchten dies besonders deshalb her⸗
»orgehoben wissen, weil sie gestern eigentlich nur die radikale
dichtung Kantsky, Bebel usw. kennen lernen konnten. Die
hrundlage dieser Richtung bildet bekanntlich noch immer das'
im die Mitte des 19. Jahrhunderts verfaßte Werk „Das“
Zapital“ von Karl Marx, das vorwiegend die damaligen eng⸗
ischen und nicht die jetzigen deutschen Verhältnisse im Augs
hat. Die andere moderne und gemäkiatere Richtung in
allzuhäufigen Erscheinungen an schauriger Wirkung, bis ei
sie, als er nun am Ende gar ganz körperlich zu sprechen
und zu beten anfängt, nahezu ganz einbüßt. Ungerecht
iber wäre es, wenn man trotz dieser Aussetzungen nicht
inerkennen wollte, daß der Verfasser es verstana
»en habe, ein ergreifendes Gemälde zweier Men⸗
chenseelen in schweren, enischeidungspvollen Augenblicken
ungeben. Vielleich nur hätte er noch packender;
ewirkt, wenn er trotz der, absolut genommen, ja nur kurzen
dauer seines Stückes, doch noch an einigen Stellen auf eins
beitere Kürzung Bedacht genommen hätte. So aber drohß
ei dem Mangel aller Handlung manchmal das Interesse an
em, wenn auch noch so beklagenswerten Schicksal des jungen
Menschen zu erlahmen. Die Aufnahme, die das Stück von
»em gut besuchten Hause fand, war recht zurüchhaltend, ob—
bohl die Darsteller es nirgends fehlen ließen und auch die
degie ihres Amtes, besonders auch in den leicht ja der Lächer—
ichkeit verfallenden Geisterszenen einwandfrei waltete. Herr
Faube gab den Schmerz des alten Vaters mit ergreifender
datürlichkeit. Herr Ellmar wußte nicht minder das tiefe
hrausen des Sohnes vor dem vor ihm sich auftuenden Dunkel
es Todes und lein leidenschaftliches Sichanklammern an
as Dasein zum Ausdruck zu bringen. Nur ließ er sich in
einem Streben nach Realistik dazu verleiten, die Worte des
zterbenden teilweise so leise hinzumurmeln, daß sie im Zu—
chauerraum platterdings unverständlich blieben. Das
zublikum ist aber nun einmal der Ansicht, daß die Darsteller
icht für sich, sondern für es selbst spielen sollen und es
apriziert sich daher darauf, sie wenigstéüs zu verstehen. Dem
zyrl. Tscherning, um auch dieses nicht zu übergehen, gelang die
Viedergabe des harmlos leichtblütigen Backfisches vortreff⸗
ich. Der Geist der Mutter ward nach dem Theaterzettel —
u erkennen war es nicht — von Frl. Betke gesprochen, an—
angs recht gut, bis dann so allmählich doch ein wenig zu viel
deben in die arme Tote kam. Solche Tote wollen
virklich recht vorsichtig und zurückhaltend behandelt sein.
die Toten sprechen nicht moduliert, mit Gefühl und mit
lusdruck, sondern mehr fern von allem Menschlichen, „unbe⸗
tont“, wie Grillparzer, der es doch wissen muß, in der
„Ahnfrau“ saat. aleichmäkig verhguchend. kaum die Luft be—⸗