Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

in einem Bericht der Köln. 3tg.: Der Verkehr wurde mög— 
ichst einfach gestaltet. Nur an einem Erfordernis wurde 
estgehalten, nämlich an der unbedingten Terminstrenge bei 
den vermittelten Geschäften. Daß die Vermittlungsstelle einem 
Bedürfnis entgegenkam, zeigte ihre weitreichende Tätigkeit. Von 
;7 deutschen Gemeinden mit mehr als 80000 Einwohnern sind 
heute 54 angeschlossen, darunter 42 mit mehr als 100 000 Ein- 
wohnern. Bis zum 7. März d. J. also in den ersten elf 
Monaten der Tätigkeit der Stelle, ist von 38 Stadtverwal⸗ 
tungen ein Geldbedarf von 50950000 Meange— 
meldet worden; davon wurden 27 8680 000 Maugedeckt. 
Singegangensind 48 Geldangebote im Gesamt— 
detrage von 38180000 M. Davon wurden unter⸗ 
rebracht 22280000 M. Zwei weitere Angebote von 
ufammen 1700 000 Muwaren am 7. März noch nicht erledigt. 
Int ganzen waren also 47 Angebote über 40 880 000 Meeinge⸗ 
jangen. Die Gesamtersparnis der Städte in dem ge— 
nannten Zeitraum wird auf mehr als 200 000 Miveranschlagt. 
Sicherlich werden diese günstigen Erfolge der Geldvermitt— 
ungsstelle auch auf dem näd sten Deutschen Städtetage in Posen 
eine eingehende Würdigung finden, wenn die Frage der Ver—⸗ 
jeihung von festen Krediten zur Beratung steht. Volkswirt— 
schaftlich interessant ist an diesem Institut, daß es den erfolg— 
reichen Anfang für den kreditgenossenschaftlichen Zusammen⸗ 
chluß von großen Kommunalwesen zeigt. Das hier angewandte 
genossenschaftliche Prinziß hat vorwiegend denZwedt, das vorüber⸗ 
gehend notwendige Geld billiger und vielleicht auch unter gün— 
tigerer Fristbemessung zu beschaffen, als dies durch manche 
Bankverhindungen möglich sein würde 
Inland und Ausland. 
Deutsiches Reich. 
von Jagow Regierungsbräsident in Magdeburg. Von 
Potsdam aus wird die Nachricht vertreten, daß Polizei— 
präsident von Jagows zum Nachfolger des als 
Oberpräsidenten nach Magdeburg ausersehenen Regierungs⸗ 
präsidenten Grafen von der Schulenburg in Betracht 
komme. Auf Anfrage wurde von zuständiger Seite mit— 
geteilt, daß von einem bevorstehenden Wechsel in der Leitung 
des Berliner Volizeipräsidiums nichts bekannt sei 
Diae Hamburger Spionageangelegenheit ist vom Reichs⸗ 
gericht endgültig zur Untersuchung nach Hamburg 
uͤberwiesen worden. Der Reichsanwalt hat den Hamburger 
Untiersuchungsrichte Dr. Sieveking mit der Unter— 
suchung beauftragt. Dieser wird jetzt die verhafteten sechs 
Personen sowie zahlreiche Zeugen zu vernehmen haben. 
Dann geht die Sache an den Reichsanwalt zur Erhebung 
»er Anklage nach Leipzig zurück. 
Die augenblidklichen Arbeitsdispositienen des Reichs tages. 
Die 2. Etatslesung soll im Reichstage nach den augen— 
zlicklichen Arbeitsdispositionen spätestens am Montag ab— 
geschlossen werden. Vom 4. bis 6. eventuell bis 7. April 
soll die 3. Etatslesung erledigt werden. Die Osterferien 
werden vom 7. April bis 2. Mai währen. 
Rücktritt des Vorsitzenden des Edangelischen Bundes. 
Erzellenz v. Leßel, der Erste Vorsitzende des Evangelischen 
Bundes, der im Jahre 1907 den Vorsitz des Bundes 
uübernahm und nach Halle verzogen war, ist durch dringende 
und nicht vorausgesehene Familienverhältnisse veranlaßt worden, 
seinen Wohnsitz nach Koburg zurückzuverlegen, und hat deshalb 
sein Amt als Erster Vorsitzender niedergeleagt. Herr General— 
seuinant z. D. v. Leßel, der sich in den vier Jadren 
durch seine besonnene Führung und tatkräftige Mitwirkung 
nallen Kreisen des Evangelischen Bundes große Sympathien 
trworben hat, wird zur Genugtuung der Bundesmitglieder 
Sitz und Stimme im Zentralvorstand beibehalten. 
Landwirtschaft und Festlegung des Osterfestes. Wie wir 
hören, hat sich das Landes-Oekonomiekollegium' 
soeben an die Staatsregierung mit einer Eingabe gewandt 
ind unier Darlegung des Standpunktes der Landwirtschaft 
gebeten, das Ostersest auf den ersten Sonntag nach 
denm 4. April jedes Jahres«festlegen zu wollen. 
Die Kreise des Sandels und der Industrie haben 
iich bekanntlich schon früher ifr wesentlichen über die ein— 
zeitliche Festlegung des Osterfestes geeinigt. Auch seitens 
er kirchlichen Stellen, sowohl des evangelischen wie 
es latholtschen Bekenntnisses, werden grundfätzliche dogmatische 
HBedenken nicht geltend gemacht Die Nandwietschatt pa 
——— — — —— 
»iel erlebt zu haben, das ihn 3war heftig erschüttert — — 
aber auch gereift habe. 
9. Kapitel. — 
Gerhard fand den Bruder nicht daheim, als er im Eltern⸗ 
hause anlangte. Der Brief aber, in welchem er ihm das 
Lraebnis seiner Konferenz mit dem Bremer Arzt und seine 
Absicht, sich zu Hause eine Zeitlang auszuruhen, mitgeteilt 
atte, lag offen auf der Pultklappe neben einem Stapel 
Zeitungen und allerlei Schreib⸗ und Rauchgerät. Die Mam— 
ell erbot sich, Kaffee zu kochen und den Herrn vom Felde 
jeimholen zu lassen; doch Gerhard wehrte ab und ging in 
seine Stube hinauf. Dort setzte er den Handkoffer ab, öffnete 
das Fenster und sah sich nach Waschwasser um, das natür⸗ 
lich noch nicht da war. Die Mamsell kam herauf mit Besen, 
Staubtuch und Eimer und begann das Zimmer instand zu 
etzen, wobei sie den jungen Herrn, der ihr jetzt wie ein Ein— 
dringling erschien, mißtrauisch und herausfordernd betrachtete. 
Zwischendurch sah sie aus dem Fensser; endlich sagte sie, indem 
ie mit der Hand hinauswies: „Da kommt der Herr! Und 
jleich ist auch das Essen fertig, ich will noch mal hindeben 
und nachsehen.“ 
Gerhard sah auf dem schmalen Fuhwege am Deichabhange 
den Erwarteten näher kommen. Er ging langsam mit schlen⸗ 
sernden Schritten und vorgebogenen Schultern, die Augen 
zur Erde gerichtet, so daß sein Gesicht unter dem groben Hut 
nicht zu erlennen war. Gerhard eilte hinunter, dem Bruder 
entgegen und jtredte ihm in der Freude seines Herzens, wieder 
einen der Seinen zu sehen, beide Hände entgegen. Hinrich 
zielt sie gegen seine sonstige Gewohnheit eine Weile fest und 
ah den Bruder an; dann sagte er: „Also du bist nicht ganz 
zesund? Ja, die Stadtluft! Komm nur herein— ich will dir 
chon helfen, wenn ich kann.“ 
Bei Tisch war er schweigsam. Die Mamsell beobachtete 
zie Brüder unausgesetzt. Gerhard war nie zuvor die über— 
triebene Einfachheit der äußeren Umgebung und die formlose 
Art, zu essen und die Speisen aufzutragen, so sehr aufgefallen 
vie jetzt. Hinrich saß in Hemdsärmeln und langte wieder— 
solt mit der eigenen Gabel in die einzelnen Schüsseln, wenn 
w etwas auf die Teller legen wollte. Die Mamsess schien 
ioch ein desonderes Interesse an einer Festlegung des 
Isterfestes, das namentlich auf dem Gebiet des Arbeiter⸗ 
besens liegt. Denn an vielen Orten wechseln die Leute 
hre Stelle am 1. April, der jetzt häufig in die Oster— 
age fällt. Auch können bei späterer Osterlage die Schul— 
ntlassenen nicht, wie es meist erwünscht ist, schon am 
. April ihren Dienst antreten. Bei der Anwerbung der 
Vanderarbeiter ist das Schwanken des Festes insofern von 
zZedeutung, als diese Leute den Zeitpunkt ihres Arbeits- 
intritts häusig nach dem Osterfeste richten und deingemäß 
n einem Jahr früher, im anderen später kommen, was 
aturgemäß einem geregelten Betriebe abträglich ist. 
Die Nationalliberalen und der Bund der Landwirte. Unter 
iesem Stichwort entnehmen wir dem Hannov. Courier fol— 
jende Zusammenstellung: „Dr. Diederich Hahn hat versichert, 
cwolle nicht eher ruhen, bis der letzte nationalliberale Ab— 
eordnete aus der Provinz Hannover verschwunden sei. — 
zn dieser Manier arbeitet der Bund der Landwirte auch in 
nderen Gebieten gegen die Nationalliberalen. Hier einige 
zeispiele für viele: In Gießen hatten die Nationalliberalen 
ür die Ersatzwahl ein Mitglied des Bundes der Landwirte 
hisevius, aufgestellt. Der Bund der Landwirte aber ließ 
einen nationalliberalen Anhänger im Stich und unterstützte 
egen die Nationalliberalen den Antisemiten Werner, einen 
Iberlehrer. — In Alsfeld-Lauterbach stellten die National— 
iberalen gleichfalls ein Mitglied des Bundes der Landwirte, 
inen Landwirt, auf. Der Bund der Landwirte aber ver— 
agt diesem nationalliberalen Landwirt die Unterstützung und 
rklärte sich für den Antisemiten Bindewald, einen „Kunst⸗ 
taler“. — In Bensheim-Erbach war zur Uebernahme einer 
ationalliberalen Kandidatur sogar der Provinzialvorsitzende 
— DD 
ßund der Landwirte jedoch ließ sogar seinen Führer fallen 
ind erklärte sich für den christlich- sozialen Rippel in Hagen, 
einen Buchhändler.“ 
Die Wahlparole Bebels. Der Vorwärts veröffentlicht jetzt 
»en Wortlaut der vom Abg Bebel in Hamburg gehaltenen 
sede, in der er als sozialdemokratische Wahlparole aus— 
jab: Lieber 4 Millionen Stimmen und 50 Mandate, als 
Millionen Stimmen und 100 Mandate. Die Stichwahlparole, 
iie er bei dieser Gelegenheit ausgab, lautete: „Eine Partei, 
vie die unsrige, die eine neue Gesellschaftsordnung schaffen, 
ie die ganze heutige Wirtschaft umgestalten will, muß, wenn 
ie in den Kampf geht, vor allem wissen, wie groß die 
3ahl derer ist, die hinter ihr steht. Das ist eine Frage, die 
aAins weit mehr interessiert, wie die Frage nach der Zahl 
der Mandate. Bei den Stichwahlen sind unsere An— 
prüche an die bürgerlichen Kandidaten, die wir unterstützen 
vollen, notgedrungen immer bescheidener geworden, weil die 
»ürgerliche Opposition immer unzuverlässiger geworden ist. 
ks gibt heute keine bürgerliche Partei mehr, die in bestimm— 
en Fragen so wie früher mit uns übereinstimmt. Aber als 
nindestens müssen wir verlangen, daß ein Kandidat, der unsere 
ztimmen in der Stichwahl haben will, uns fest v erspricht, 
erstens für Aufrechterhaltung des Reichstags— 
wahlrechts, zweitens gegen jede Beschränkung des VBer—⸗ 
eins- und Versammlungsrechts, drittens gegen 
edes Ausnahmegesetz, das sich gegen die Arbeiter— 
lasse richten könnte, einzutreten. Tut er das nicht, so sind 
wir für ihn nicht zu haben.“ 
Vorbereitungen zu den Reichstagswahlen. 
Mauinz, 29. März. In einer Versammlung der Fort— 
chrittlichen Volkspartei sprach Landtagsabgeordneter Prof. 
ORr. Hummel aus Karlsruhe über das Wirken der Reaktion 
n Deutschland. Der Redner ist, wie verlautet, als gemeinsamer 
keichsstagskandidat der Fortschrittler und National— 
iberalen für den Wahlkreis Mainz-Oppenheim dus— 
rsehen. In erwähnter Versammlung sprach auch Pfarrer Korell 
iber das Verhältnis der Fortschrittler zu den Nationalliberalen, 
deren Zusammengehen bei den Wahlen er befürwortete. 
Magdeburg, 29. März. Vorstand und Verktrauens— 
nänner des nationalliberalen Wahlvereinss Wolmirstedt-— 
seuhaldensleben haben den Landtagsabgeordneten Ober— 
zerwaltungsgerichtsrat Schiffer-Berlin als Kandidaten für 
ie kommenden Reichstagswahlen aufgestellt. Dem bisherigen 
neichstagsabgeordneten Gutsbesitzer Fehlhauer wurde für seine 
»pferwillige Tätigkeit der allseitine Dank seiner Varteifreunde 
usgesprochen. 
Im Wahlkreise Hamm-Soest soll nach dem 
— — — — — ———⏑⸗⏑— 
'edoch auf Sauberkeit zu halten, sie sah adrett aus, das 
zimmer war wohlaufgeräumt, und als Hinrich wiederholt 
n die Stube spudte, schob sie einen braunen Spucknapf, der 
an der Tür stand und mit weißem Sand gefüllt war, mit dem 
Fuß an ihn heran. 
«eFortsetzung folgt.) 
— — — —— ⏑— —— 
Theater, Kunst und Wissenschaft. 
Lübeck. 31. März. 
Stadttheater. 
(III. Vorstellung im Mozart-Iyklus.) 
Hastspiel des Königl. Preuß. Kammersängers Paul Knüpfer. 
„Daͤe Entfürhrung aus dem Serail“. 
Operin3Akten von W. A. Mozart. 
Glanzvoll wurde am gestrigen Abend der Mozart⸗Zyklus 
ortgeführt. Wie wir voraussahen, so zählt der Osmin zu 
»en Glanzrollen des Künstlers; das Organ kann sich frei, ohne 
eden Zwang entfalten und eine Schattierung in der Tongebung 
ntwicleln, die nicht leicht ihresgleichen finden dürfte. Alle Emp— 
indungen in der Seele des phlegmatischen Türken wurden durch— 
ausen, von größter Gleichgültigkeit in seiner entzückend gesun— 
enen ersten Arie, bis zur Bissigkeit und wutentflammten Eifer⸗ 
icht, die bei dem sonst so behaglichen Wesen des Muselmannes 
»misch genug wirkte. Wie wundersein pointierte der Künstler 
.B. in der Arie „Solche hergelaufene Laffen“ den von Mozart 
ↄ draftisch angewandten Triller auf Laffen, und wie von 
ämischer Freude durchglüht war das spätere „Erst geköpft, 
ann gehangen“. Unnachahmlich komisch wirkte das „Marsch, 
narsch, marsch, trollt euch sort“, wie auch das Duett mit 
Blondchen, durch das die prachtvoll auseinander gehaltenen Ge— 
zensätze in den Charakteren der beiden Partner zu reizvollster 
Virkung kam. In der großen Arie des Osmin, am Schluß 
»er Oper, dam die machtvolle Stimme mit dem gewaltigen 
ßrundbaß so recht zur Geltung. Wir müssen es unserer Bühnen⸗ 
eitung großen Dank wissen, daß sie uns mit einem so hervor— 
agenden Interpreten Mozartscher Kunst bekannt machte. 
“oll eine gute Aufführung der „Entführung“, 
ieser fest in allen ihren Arien rekbt schmerkgen Oper erzielst 
Berliner Tageblatt Pfarrer Lie. Traub die Kandidatur der 
Fortschrittlichen Volkspartei angenommen haben. Jedoch ist 
über die Aufstellung einer fortschrittlichen Kandidatur in Hamm⸗ 
Soest noch kein definitiver Beschluß gefaßt worden. Deshalb 
kann Herr Traub auch eine Kandidatur, die zurzeit noch gar 
nicht besteht, nicht angenommen haben. 
Im Reichstagswahlkreise Altona haben die 
Nationalliberalen Senator Marlow als Kandidaten 
aufgestellt. Marlow nahm die Kandidatur an. Trotz der 
Aussichtslosigkeit des Kampfes werde er, wie er sagte, mutig 
und kräftig in den Kampf gehen und seine Partei vertreten. 
Großbritannien. 
W. Der englische Verfaffungslampf. London, 30. März. 
Im Oberhause legte Staatssekretär Morley die Stel— 
rung der Regierung zu der vorgestern abgegebenen Er— 
lärung Lord Lansdownes betreffend die Ein— 
chränkung der königlichen Prärogative für die 
krnennung von Peers dar. Morley erklärte, die Regierung 
»eabsichtige nicht, der Einbringung und Beratung der Reform— 
zill Lord Lansdownes formelle Schwierigkeiten in den Weg 
zu legen, und werde dem Herrscher raten, dem Vorschlage 
„uzustimmen. Sie behalte sich jedoch vollkommene Hand— 
ungsfreiheit vor. Wie auch die Diskussion über die Aende— 
rung der Zusammensetzung des Oberhauses und die Präro—⸗ 
zative sich gestalten möge, habe sie keinesfalls die 
Absicht, zu einer Verschleppung der Erledigung ihrer 
in der Parlamentsbill enthaltenen Vorschläge die Hand 
zu hieten 
Fraukreich. 
W. Die Champagnerrevolution. Paris, 30. März. Nad 
Berichten aus Bar⸗-sur-Aube ist die rote Fahne am Tor der 
Unterpräfektur entfernt und wieder durch die Trikolore 
rsetzt worden, allerdings in einer Weise, die zu vielen Kom— 
mentaren Anlaß gibt. Der Unterpräfekt hat das Zuge— 
tändnis gemacht, daß die Fahne der Republik halb zusammen— 
gerollt angebracht wird, so daß von den drei Farben nur 
das Rot deutlich sichtbar bleibt. Die geplante große Kund— 
jebung in Troyes ist auf den 9. April verschoben worden. 
Inzwischen sind einige Führer der Bewegung nach Paris ge— 
reist, um fich mit der staatlichen Untersuchungskommission über 
zie nötigen Maßregeln auszusprechen. Bis zur Rückkehr der 
Delegierten sind angehlich keine Unruhen zu befürchten 
Ame rika. 
W. Japan und Tafts Schiedsgerichtspläne. Washington, 
30. März. Nach einer Meldung des Newyork Herald aus Tokio 
hat die Washingtoner Regierung in Tokio den Vorschlag zum 
Abschluß eines Schiedsgerichtsvertrages gemacht, 
ihnlich wie er zwischen England und Nordamerika abge— 
schlossen werden soll. Es verlautet, daß die nordamerikani— 
che Regierung auch Rußland und Frankreich gleiche Schiedsge— 
ichtsverträge unterbreitet hat. Die jepanische Regierung hat 
die ernsthafte Prüfung des Vorschlages zugesaat 
China. 
W. Das Mißtrauen gegen China in Sibirien. Peters⸗ 
zurg, 30. März. Während sich in Charbin die Aufregung 
der russischen Bevölkerung zu legen beginnt, hält man, dem 
NRow. Wremja zufolge, in Wladiwostok daran fest, daß die 
hinesische Antwort auf die Absicht der Pekinger Regierung 
zindeute, den Ausbruch des Krieges, auf einen geeig— 
rdeteren Moment zu verschieben. Man bemerke in der 
Nordmandschurei eine chinesische Truppenbewegung, die dar— 
tuf ausgehe, im Kriegsfalle den Tschingan-Berg— 
üschen zu besetzen und die russische Verbindung nach dem 
Often aus dem Transbaikalgebiet abzuschneiden. Desgleichen 
ei die Meldung eingelaufen, daß chinesische Truppen den 
zungari abwärts fahren. Man schreibt ihnen die Ab— 
icht zu, die Ussuribahn abzuschneiden und einige Brücken zu 
erstören. Am rechten Amurufer werden noch immer Truppen— 
»ewegungen und die Zufuhr von Munition wahrgenommen. 
W. Das erste chinesische Kabinett. Schang hai, 30. März. 
Ddie Bildung des Kabinettssteht nahe bevor. Nach— 
jyer werden wohl der Staatsrat und das Großsekretariat 
rufgehoben werden. In chinesischen Beamtenkreisen ver— 
autet, daß VPrinz Tsching Vorsitzender, die Groß— 
elkretäre Natung und Hsuschihtschang Vizepräsidenten des Kabi— 
ietts werden. Voraussichtlich behalten der Finanzminister 
serzog Tsaitse, der Generalgouverneur von Tsetichuan. 
Tschaverhsiür ihre iezigen Nemterube— 
5 
werden, so sind vor allem ein Spielbaß mit großer Stimme 
und eine tüchtige Koloratursängerin dazu erforderlich. Zu 
Mozarts Zeiten legten Sänger und Sängerinnen mehr Werf 
zuf Kehlfertigkeit als heutzutage und zwangen quasi den 
domponisten, für sie in diesen Sinne zu schreiben; so ent— 
landen denn auch die mit Schwierigkeiten aller Art durch— 
etzten Arien der Donna Anna, der „Königin der Nacht“ in 
er „Zauberflöte“ und viele anders Unsere Bühne durfte 
as Wagnis, eine tüchtige Konstanze zu stellen, unternehmen, 
esitzen wir doch in Frl. Weber eine vorzügliche Vertreterin 
es kolorierten Faches. Leider wurde die Sängerin mitten 
nmihrer ersten Arie von einer leichten Ohnmacht befallen, 
ie eine viertelstündige Pause eintreten lassen mußte. Man 
rwartete jetzt wenigstens die Fortlassung ihrer grozen Arie 
„Martern aller Art“, einer der schwersten im Koloraturfach, 
och Frl. Weber erschien neu gekräftigt, faßte die Arie mutig 
in und brachte sie zu fast vollendeter Wiedergabe. Rauschender 
zeͤfall lohnte der tapferen Künstlerin. Herr Melzer 
Belmonte) hatte sich große Mühe mit seinen schwierigen 
olorierten Arien gegeben. In Anbetracht, daß die Aus— 
ührung derselben, namentlich der zweiten „Ich baue ganz 
iuf deine Stärke“ auch wohl etwas über seine Kräfte 
eht und die Stimme am gestrigen Abend nicht ganz 
rei erschien, gelangen dieselben recht gut. Dem Blondchen 
ind von Mozari gesanglich nicht ganz leichte Zumutungen 
emacht, die Frl. Stretten mit großem Geschick be— 
vältigte. Ihr Duett mit Osmin war von taufrischer 
Schelmerei durchdrungen; ihre Arie „Welche Wonne, 
velche Lust“ kam zierlich, lebendig und mit sehr schöner 
Tongebung zur Aussührung. Ihr schlauer, liebenswürdiger 
ꝛiebhaber, Pedrillo, war bei Herrn Haas in den besten 
zänden. Seine schöne Arie „Frisch zum Kampfe“ war 
von Feuer durchglüht, sein Duett mit Osmin „Vivat 
Zacchus“ war eine Perle fein-komischen Gesauges. Sehr 
ein ausgeführt wurde auch die klare, durchsichtige Romanzt 
„Im Mohrenland gefangen“, mit Mandolinenbegleitung 
Pizzicato der Streichinstrumente). Herr Karl Grube ver— 
örperte in dem Selim Bassa eine fschöne, edle Figur. 
Erscheinung, Haltung und Spiel kamen zu durchaus vornehniet 
Pirkung. Herr Kapmlsmeister Ahendrofbacals Gashs leitet⸗
	        
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