regenhelt; von anderer Seite wurde betont, daß im Reichstags-
ehäude noch genügend Raum sei. Andererfeits wurde erwähnt,
atz pielleicht eines der Reichsressorts dieses Grundsftück für sich
nit Beschlag belegen könnte, und daß dann auf Reichsfkosten dori
in Gehäude errichtet würde. Die Kommission hat mi allen gegen
rine Stimme den Verkauf genehmigt. *3
Staatssekretär Wermuih: Verhandlungen über den Verkauf
chwebten bereits seit vielen Fahren. Jetzt wurden uns 7600 000 .
—8 und da nußten wir mit Rücksicht auf die Finanzlage zu—
Abg. Dr. Görcke-Brandenburg (natl.); In der Nähe des
Zlenarsitzungssgales mußte eine Reihe bon Konferenz zim
nern eingerichtet werden.
. Aba. Dr. Arendt Rp.); Den Bexkauf des Grund-
rücks halte ich füür verfehlt. Wir müssen doch bald zum Bau
on Erweiterungsraͤumen schreiten. Der Verkauf des Grundstücks
st geradezu eine küustlerische Barbarei. da die Architektur des
sdeichstaas dadurch verdeck“ wird. Wir dürfen uns nicht auf den
Ztandpunkt eines Grundstücksspekulanten stellen. Wir werden ün—
annehmlichkeiten zu erwarten haben, die durch die Höhe des
Preises keinneswegs ausgeglichen werden. Der Kaͤufer soll gern
auch ohne Provision, von seinem Vertrage zurücktreten wollen, zu-
mal er sich verspekuliert hat. Für die Gemälde sollte ein allge⸗
meiner Wetthewerb gusgeschrieben werden.
Stactssekretär Wermuth: Der Gründplan des verkauften
Vrundstückes zeigt. daß es für uns überhanpt nicht ausnuhungs-
ähig ist. Es könnten nur wenig Räume für sehr teures Geid e—
chafft werden. Natürlich müßte man dazu auch hoch bauen. Wir
zaben aber die Sicherheit, daß in einer der Architektur des Reichs—
agsgebäudes gleichartigen Weise gebant wird. Trotz unverhältnis-
näßig teuren Preises würde der Zweck einer wesentlichen Erweite-
tung des Reichstages nicht erreicht werden. Nach meiner Ansicht,
e durch die Ansicht Sachverständiger gestützt wird, läßt sich das
Srundstück rationell nur in Verbindung mit den Rebengrund—
tücken bebauen. Wir haben vorausgeseht, dah die Erwerberin —
die übrigens eine wohlangesehene Texraingeseüschaft in — sich zu
diesem Zwecke weiteren, Erwerb angelegen sein lassen würde. Für
das Reich würde das Grundstück nicht wohl in Frage kommen
können. denn es würde für sich allein nur mit ganz umverhältnis-
näßig hohen Ausgaben zu bebauen sein. Ich weiß nicht, welche
ßeweggründe den Käufer veranlaßt haben, an, Mitglieder des
Peichstages mit dem, Angebot heranzutrelen, den Verkauf rück-
zängig zu machen. Wenn ich gefagt habe,. er hätte eine Provision
jefordert, so war, das dem damaligen Stande der Sache voll
ommend entsprechend. Auch jetzt, verlangt er noch cine Aczahl
»von Vorteilen, die wir nicht gewähren koönnen, außerdem würden
uins die Stempellosten noch zur Laft fallen. So würde, kein Vor—
teil. sondern ein Nachteil für das Reich emstehen. Ich möchte
nicht die Zumuturng über mich ergehen lassen und die Verantwor—
tung auf mich nehmen, daß die ganze finanzielle Transgktion auf-
gelöst wird zu einem schweren Nachteil des Reiches. Ich glaube
nicht, daß Sie einem Verwalter des Reichsvermögens einen der-
artigen Schritt zumuten können.
Abg. Ledebour (Soz.): Den Behelligungen der Abgeordne⸗
en durch die Eisenbahnbéamten bei Benützung der ersten Klasse
muß mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden. Einer
ernünftigen Fremdwörterübersetzung stimmen wir durchaus zu.
zu beklagen find die übermäßige Hetzarbeit und die unfinnig
rusgedehten Sitgzungen der letzten dzet Dies sonder⸗
re Verfahren ist eine Folge des unglücklichen Diätengesetzes.
der Reichstag wird zu spät einberufen, der Etat wird zu spät
ingebracht; die Hauptschuld an, der Hetzjagd fällt somit auf
ie 8— Dadurch will sie die Kritik einschränken.
Abg. Frhr. v. Gampe(Rp.): Den größten Teil der Schuld
rägt der Reachstag Dieselben Reden werden in der Kommis⸗
ion und im Plenum gehalten. Die Budgetkommission
müßte sich mehr mit ihrer eigentlichen Aufgabe beschäftigen.
Wie das Ansehen des Reichstages zu heben ist, sollte jedes Mit⸗
zlied für sich erwägen. Die Rednex entnehmen ihren Stoff viel⸗
den Auregungen der Budgetkommission. Der Etat, muß
is zum 1. April fertiggestellt werden. Es ist eine grobe Unge—
hörigkeit, wenn Reichsßagsabgeordnete anderen Fahrgästen den
Platz räumen mußten. Auch ist jede unnötige Belästigung
eitens der Beamten ungebörig.
Abg. Ergzberger (3tx.): Eine Instruktion an die Eisenbahn⸗
veamten zum Verhalten gegenüher den Reichsstagsabgeordneten
st dringend erforderlich. Das Grundstück hätte der Reichstag
iicht verwenden können. Anstatt daß man in den Räumen alle
möglichen Vereine beherbergt, sollte man die Zimmer für den
Reichstag ausbauen. Raum ist noch genug vorhanden. Er muß
iur benutzt werden.
Abg. Ledebonr (Soz.): Herr Erzberger hat meine Wahr⸗
jeitsliebe angezweifelt, indem er sagte, er glaube meinen Aus—
uührungen nicht. Das ist einem Kollegen und 30 Jahre älteren
Manné gegenüber eines anständigen Menschen unwurdi und
ine Roheit. (Präsident Graf Schwerin ruft den edner
ur Ordnung.) ——
Staatssekretaͤr Wermuth: Der Etat ist in diesem Jahre
vbenso rechtzeitig eingebracht worden wie früher. Hintergedau—
en liegen der Regierung fern. Wir haben keine Verpflich—
ung, das Gründstück zurückzunehmen.
Abg. Dr. Görcke (Nath.): Was, wir heute an dem Grund—
tücke verdient haben, werden wix später doppelt und dreifach
wieder zulegen. Ein Vorwurf soll dem Reichsschatzsekretär nicht
— eben. Es handelt sich lediglich um sachliche Bedenken
insererseits.
dibqg. Erzberger (Ztr.): Dem Kollegen Ledebour zu nahe zu
reten, lag mir fern.
Staatssekretär, Wermuth: Ich halte immer noch das Ge⸗
chäft für sehr gümstig Rückgängig kann es nicht gemacht werden.
Damit schließt die Debatte. 56
Prafident Graf Schwerin sagt möglichste Berücksichtigung
»er vorgetragenen Wünsche zu.
Nach mehreren perfönlichen Bemerkungen wird der Antrag
Börcke (nI.) auf Rückgängigmachung, des Grundstücksverkaufs
rückgezogen. Der konservative Antvag Wagner wird ange—
nommen.
Dhne Debatte werden die Etats des Rechnungshofes und
des einen Penonssonde adeheien
ächste Sitzung Donnersta A
Reichskanzlers dn des Auswärtigen Amtes.
Schluß nach? Uhr
— — —
Preubischer Landtag.
Abgeordnetenhaus.
Berlin, den 29. März.
Am Ministertisch: v. Dallwitz.
izepräsident Dr. Porsch eröffnet die Sitzung um 124 Uhr.
Erfler Gegenstand der Tagesordnung ist die dritte Beratung des
tese henwurss üͤber die Verlegung der Landesgrenge
segen das Königreilch Bayern an der preußischen Ge—
— —
Abg. Dr. Belzer (Ztr.): Die Vorlage bietet zu Beaustandun⸗-
en jseinen Unlaß, da Preußen durch die Regulierung der Landes—
reng nichts perliert
Rach kurzen Auslassungen des Abg. Dr. Arendtu((sfk.) wird
oije Vorlage angenommen.
Der Gesehenwurf über, die Verlegung der Landesgrenze
fegen Bayern an der Eisenbahn von Münster am Stein nach
Scheidt wird ohne Debatte in dritter Beratimg angenommen, des⸗
fleichen ohne Debatte in zweiter und dritter Beratuüng der Gesetz⸗
würf. betr die Erweiterung des Stadtkreises
Stettin.
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs über die
Kolizeiverwaltung in den Regierungsbezirken Düfseldorf, Arnsberg
und Muͤnster.
Rach 811 der Kommissionsbeschlüsse ist der Minister des Innern
ermächtigt, nach Anhörung des Kreisausschusses mit
zustinmnung des Provinzialrats in den enerenen Düssel⸗
orf. Ärnsberg und Münster die örtliche Polizeiverwaltung hinsicht⸗
ich der Sicherheitspolizei besonderen staatlichen Behörden oder Bes
amten zu überiragen. Die nähere Abgtenzung „der Zuständigkeit
eser staatlichen Polizeiverwaltungen wird vom Minister durch Re—
zulativ bestimnt. Die Worte: — des Kreisausschusses“
jind von der Kommisfion eingefügt.
Dazu liegt vor ein Antrag Ir ann (Vpt.) u. Gen., den
ehlen Satz des 3 1 zu streichen und als Absatz 2 hinzuzufügen: Zur
Sicherheitspolizei gehören nicht; die Baupolizei, Gesundhe its⸗
volizei. Gewerbepollzei, Marktpolizel. Fremdenpolizei, Feuerpolizei
uind Theaterzenlur
Abg. Kirsch — begrundet seinen Antrag, 1). statt Regie
ungsbezirk Düsseldorf zu setzen: in dem rechtsrheinischen Teil des
Regierungsbezerks Düsseldorf; 2) für den Faäll der Ablehnung des
ntrans Aronsohn statt des Wortes „Regulativ“ zu sagen: Erlaß,
der in dem Amtsblatt des betrefsenden Reoierungsbezirks zu ver⸗
offentlichen ist.
Abg. Gantert (Fortschr. Vpt.) begründet den Antrag Aronsohn.
Die Abgrenzungder Zuständigkeit der staatlichen Poli-
zei-Verwaltungen darf nicht dem Moer überlassen bleiben, fie ge—
ört in das Gesetz. Das bisher für Bochum, Essen, Gelsenkirchen
zeltende Regulgtiv, das auch für den Geltungshereich dieles Gesetzes
eingeführt werden soll, geht zu weit und enthält einen tiefen Ein—
riff in die Selbstverwaltung, da hiernach insbesondere auch in
Wen der Fremdenpolizei, Feüerpolizei und Theaterzensur die staat-
liche Sicherheitspolizei zuständig sein soll.
Minister des Innern v. Dallwitz: Durch den Antrag Aronsohn
würde die Einheitlichkeit, die durch das Regulativ in den
taatlichen Polizeiverwaltungen in Bochum, Essen und Gelsenkirchen
eschaffen ist, mit einmal wieder durchbrochen werden. Ich bitte
um Ablehnung des Antrags Aronsohn ebenso wie des Antrags
Jirsch, das Wort Regulativ durch Erlaß zu ersetzen. Ein Erlaß ist
ine für einen speziellen Fall erlassene Verfügung, eine An—⸗
»rdnung für längere Zeit, Es würde auch nicht zweckmäßig sein,
inen Teil des Regierungsbezirks Düsseldorf von dem Geseß auszu⸗
zehmen, da bei der rapiden Ausdehnung der Industrie eine weitere
Ausdehnung des Gesetzes leicht wieder notwendig werden könnte.
Nachdm die Abag. Schulze-Petkum (T., Ecker-Winsen (nl.) und
Bruft (Itr.) für die Annahme der Konmisffionsbeschlüsse sich erklärt.
verden die Anträge Kirsch und Aronsohn abgelehnt, 8 1 wird nach
»en Beschlüssen der Fommission angenommen.
32, wonagch bei Uebertragung der —A an
taatliche Behörden oder Beamte in Landgemeinden und Gutsbezir-
en die Zuständigkeit des Landrats in Polizeiangelegenheiten auf die
taatliche Polizesbehörde, in der Beschwerdeinstanz auf den Regie—
ungspräsidenten, die Zuständigkei des Kreisausschusses auf den
zezirksgusschuß übergeht, wird ohne Debatte gnaenommen. In 88
verden Bestimmungen über die Befugnis der staatlichen Polizeiver-
valtung zur Vornahme von Amtshandlungenbei Feuers-
—— Aufläufen, Tumulten oder ähnlichen Störüngen der
ffentlichen Ruͤhe Sicherheit und Ordnung getroffen.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Das dee hat einen politisch-provo⸗
atorischen Charakter gegen die Bergarbeiterbevölkerung, es ist ein
lusvahmegeh gegen die Sozialdemokratie.
Abg. VBruft tr.): Das Gesetz ist kein Ausnahmegesetz, es hat
einen politischen Charakter, es ist notwendig aus allgemeinen
Zicherheitsgründen. J
Abg. Bartscher (Ztr.): Das Gesetz hat keinen politischen
(harakter, sonst würden meine Freunde entschieden Stellung da⸗
egen nehmen. Ich will bei dieser Gelegenheit daran erinnern,
aß das Sozialistengesetz seinerzeit durch unsere ablehnende Hal—
ung gefallen ist. J
w 7 Debatte wird geschlossen. Zur Geschäftsordnung
zedauer
Abg. Liebknecht den Schluß der Debatte und nennt ein
olches Vorgehen standalös.
WVizepräsident Dr. Kra use ruft den Abg. Liebknecht zur
IArdnung.) ———
eht Paraaraph 3 wird angenommen. Damit ist das Gesetz er⸗
edigt.
Es folat die erste Bexatung des Gesetzentwurss betr. die
Errichtung und den Besuch von
Pflicht⸗Fortbildungsschulen.
Handelsminister Dr. Sydow: Die Zahl der obligatorischen
Fortbildungsschulen hat seit 1900 außerordentlich zugenommen.
dadurch wird erwiesen, daß diese Schulen einem inneren Bedürf⸗
is des Gewerbestandes entsprechen. Die Fortbildungsschule giht
m Lehrling eine Kenntnis aller Zweige feines Berufs in prak⸗
scher Anuschauung. Die weiblichen Arbeiter sind nicht in das
esetz einbezogen, weil uns noch Erfahrungen auf diesem Gebiet
ehlen. Der sagtsbürgerliche ünterricht soll nicht im
Zinne einer politischen Partei gehalten sein, er soll sich bewegen
iuf dem Boden der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung uͤnd
nußz getragen sein von Vaterlandsliebe und von der Treue zu
daiser und Reich,. Gegenüber der aufreibenden Tätigken in Fa—
riken und Geschäftsräitmen soll auch die Körperpflege nicht ver⸗—
achlaffigt werden, deshalb wird beabsichligt, den Turnunter—
icht obligagtoxrisch zu machen. In diefer Richlung muß
ruch die Jugendpflege ergänzend eingreifen. Der Entwurf läßt
»en Gemeinden ein großes Maß von Freiheit zur Geitend—
nachung besonderer Wünsche. Ich hoffe, daß unter Ihrer Mit⸗
virkung ein Werk der, Sozialpolitik geschaffen wird, das nicht
loß den Arbeitern, sondern auch den Lirbeitgebern zustatten
ommen wird. Geifall.)
Abg. Hammer (k) beantragt Ueberweisung der Vorlage an eine
dommifsion von 21 Mitghedern. Wir haben alle Veranlassung.
n wirtschaftlicher Beziehung uns unserer Haut zu wehren, Tas
önnen wir nicht allein durch Panzerschiffe und Militaͤrmacht. fon—
ern auf dem Gebiet der Veredelüng der Produktion. Der beste
Veg. Qualitätsware zu liefern, ist der, gute Fotlbildungsschulen
———
näßig interessiert. Die Erziehung an diesen Schulen muß au
ittlichsreligißser Grundlage erfolgen“ Ein Äütheist
zarf an den Fortbildungsschulen nicht unterrichten.
Abg. Schmedding (Itr.): Wir begrüßen die Vorlage, nach der
ie Fortbildungsschulen die erziehliche Arbeit der Volksschulen fort⸗
etzen sollen. Der Religionsunterricht muß obligalorischer
Anterrichtsgegenstand in der Fortbildungsschule sein
Handelsminister Dr. Sypow: Mil dem Gedanken der Ein—
ührung des obligatorischen Religionsunterrichtzs in die Fori—
ildungsschulen kann ich mich nicht befreunden, nicht als ob ich die
*edeutung des Religionsunterrichts für die Erziehung des Men—
chen irgendwie unterschätze Die Frage steht aber so: soli hier der
gatliche Zwang angewandt werden oder soll, man diese Angelegen
eit den Kirchengemeinschaften überlassen? Ich bin der Ansicht, die
eligiöse Ernwäirkuüng ist Sache der Kirche und nicht
es Staates. Die Einführung des obligatorischen Religionsuntet
ichts würde der erste Schritt qduf dem Wege der Konfessionalisierung
er Fortbildungsschule sein, was ein Schaden für umser ganzez
zolitisches Leben bedeusen würde. In einem Wetistettitrlehe der
jeute noch besteht, wird es als erwuͤnscht bezeichnet. daß Geistliche
»en Zöglingen der Fortbildumgsschlnen durch imierweisende umd
belehrende Vorträge die religiöse Erklenntnis vertiesen. Jedoch soll
das gauf der Bafis der Freiwilligkeit beruhen.
Hierauf wird die Weiterberalung auf Donnerstag 11 Uhr ver—
tant. Außerdem kleinere Vorlagen.
Schluß 4128 16.
Aus Briefen Richard UWagners
Kichard Wagners Kunst, die sich erst nach langen Kämpfen gegen
en damals enen musikalischen Geschmack durchsetzen konnte,
jat dem Pieister auch in materieller Hinsicht zunächst nir geringe,
a gar leine Früchte getragen. In diese Zeit seiner Änfänge, da der
unge Komponist nur mit großer Muͤhe einen Verleger für *
Werke gewinnen konnte, umd in die Tage des beginnenden Ruhmis,
n denen ihm die Unterbringung seiner Musikdramen noch inmer
roßze Schwierigleiten bereitele, sührt uns sein Briefwechsel mit den
zerlegern Breitfkopf K Härtel, den Prof. Wilh. Altmann soeben im
gerlgge der berühinten Musikfirma veröffentlicht hat.
„„Die ersten Beziehungen zu dem schon damals hoch angesehenen
veschäftshause knüpfte Wagner als 18jähriger Student an, indem er
ich in aller Bescheidenheit für Klavier-Arrangements von Orchester—
verken anbot. Das war im Jahre 1831. Z3wölf Jahre 8—
ietet er dem Verlage seinen ‚„Fliegenden Holländer“ an. Die Firma
ehnt aber ab, da . ihm kein Honorar zahlen will, und Wagner
niiß sih mit der traurigen Erfahrung begnügen, „daß eine unter
och so günstigen Auspizien ins Leben getretene deutsche Original—
per einem deutschen Verleger doch kein so siheres Geschäft er—
heint als eine französische.“ Da ihm die ehrenwerteste und reichste
usikhandlung, Deutschlands“ abgewiesen hat, so verzichtet er, auf
eitere Versuche und läßt den „Fliegenden Holländer“ auf eidene
often erscheinen. 1848tritteer wieder an Raymnnd Härtel mit
er Anfrage heran, ob er den Verlag des „Lohengrin? übernehmen
bolse. Er ist inn bescheiden geworden. Honorar verlangt er nicht
nehr, sondern bittet nur, ihm als Entgelt eine Restschuld von
00 Talern, die er noch von dem Ankauf eines Flügels her bei der
tirma hat, zu erlassen. Nachdem die Verleger zuerst abgelehnt haben,
hreibt er nach drei Jahren deswegen noch einnal an sie. Er weiß,
aß „eine Verbreitung meiner Opern auf den Theatern — aus viel⸗
achen Gründen — gar nicht zu erwarten“ ist. Vom rein musilk
eschaftlichen Slandpunlte aus müßlen Sie mir augenichts dicser
Latsachen daher eine abschlägige Antwort geben, der ich im Voraus
d gewiß zu sein hätte, daß schon meine Anfrage mir nur albern
orkommen muͤßte, wenn ich nicht im Stande wäre. mein Anerbieten
uf andere Motibe zu stützen.“ Aber von einem idealen Standpunkte
ius glaubt er ihre — zu verdienen. An den gegen—
värtigen Verfall der Oper „schließt sich bei strebenden Geistern not—
vendig dann die —A daß dem Verfalle gegenüber eine gründ—
iche Besserung, eine ersehnte Veredelung auch dieser Kinstgattung
eintreten werde; diese aus allen Kräften zu sodern ist der Drang
eines jeden, der nicht in unmännlicher Erschlaffung zu Grunde gehen
will. In diesem Sinne darf ich mir sägen, als Künstler das
Meinige getan zu haben; je höher die Opfer stiegen, die ich meinem
ünstlerischen Glauben zu bringen hatte, e stärker und uner—
nenep befestigte 6 in mir dieser Glaube. Dane Glauben
ind diesem Streben messe ip es bei, daß ich künstlerische Arbeiten
chuf, die Denjenigen, der sich aufmerksam init ihnen beschäftigte,
nit der Ueberzeugung der Wahrheit und Ersprießlichkeit meines
Strebens erfülllen ... d bin ich aber noch ein Einzelner; eine
eidenschaftlich bestürmte Gesundheit läßt mich mit Grund an einem
angen Leben zweifeln. Wohl möchte ich es nicht dem Zufall über⸗
lassen haben, ob meine reifsten —— Arbeiten, der Kenntnis
Nächstrebender überlassen, erhalten würden.“
Und dann kommt er wieder auf die alte Schuld zurück und bittet
um deren Streichung als einziges Honorar. „Es wäre schön von
Ien meine Herren, und Ihrer höheren Widung und 3
Tharakter würdig, wenn Sie a auf eine Unternehmung einließen,
die Ihnen zunächst wohl nur — und erst mit der Zeit einen viel—
eicht nur sehr allmaͤhlichen Erfolg in Aussicht stellen kann!“
Daraufhin ninunt die Firnia denn den Verlag des „Lohengrin“ an,
aber zunächst nur den Klavierauszug. Als sie sich dann bereit er⸗
lärt, auch die Partitur des „Lohengrin“ zu drucken, kann Wagner
,nicht anders, als in dieser Bereitwilligkeit einen Akt von Noblesse
zu finden, der mich gast beschämt.“ Ein Honorar für den „Lohengrin
rhaͤlt der Komponist dann 1854, und zwar 300 Taler „als Benefiz“
Zuͤgleich nehmen Breitkopf & Härtel eine Schrift Wagners, nämlich
ie „Drei Operndichtungen nebst einer Mitteilung an mieine
Freunde“, in Verlag. Sie zahlen ihm dafür 0 Lounisdor Hondrar,
ind aber aufs peinlichste übertascht, als die letzten Bogen des Vor—
vorts gedrucht werden, Aeußerungen über Ihre politischen Schick⸗
ale in Sachsen, welche die Ausgabe des Buches jedenfalls unmög—
ich machen, und ebenso Aeußerungen über das Christentum, welche
eicht einen gleichen Erfolg haben dürften“, darin zu finden. Wagner
8 sich zu durchgreifenden Aenderungen verstehen, bevor die Aus—
Jabe ihen kann.
Unierdessen ist der Meister bereits über den „Ring des Nibe—
ungen“ in Verhandlungen mit der Firma getreten, die er viermal
inmer wieder angeknüpft und in ausgedehnten Besprechungen zum
Abschluß zu bringen Dnch hat. Aber es konnte keine Einigung er—
ielt werden. Der bedeutendste Brief Wagners in dieser langjährigen,
esultatlos verlaufenden Angelegenheit ist der vom 10. Juli 1856.
Er dog hier die Verleger: „Sind Sie schon in der Lage gewesen,
ein rainalisches Musikwerk in Ihren Veriag zu nehmen, suͤr welches
Zie im voraus eine unberechenbare Dauer anzinehmen hatten?“
Von seinem Werle glaubt er de Tatsache behaupten zu können, die
in Deutschland noch nicht vorgekonmien ist, seitdem der Musithandel
Iipen jetzigen Charakter angenommen hat. „Es ist nicht möglich,
aß ich se wieder etwas meinem „Nibelungenwerk“ ähnliches kon—
zipire oder gar ausführe: es ist das volle und üppige Häuptwerk
meines Lebens, und schon in dem Gedichte glaube ich der Nation
ein Werk — zu haben, das ichen Stolz ihr auch für die Zu—
runft empfohlen halten darf. .. Woher soll ich nun den Maßstab
nehmen, um ein Honorar für den Verlag dieses unleugbar außer—
ordentlichen Werkles danach zu bestimmen, da sehr richtig selbst der
xürfolg der ersten Aufführungen hier nichts ewen kann.“
Vagner fordert dann, un seinen sehnlichsten Wunsch, den Besitz
ines kleinen Grundstuücks und Hauses bei Zürich, erfüllen zu können,
00 Louisdor oder 10000 Taler in Gold. Aber auf ein, solches
isiko konnte sich die Firma nicht einlassen. Die Verleger schreihben
zelegentlich: „Die vielfachen Gerüchte — und zum Teil mehr als
ʒerůchte — über die großen Schwierigkeiten, welche Sie selbst den
lufsührungen Ihrer Werke entgegen siellen, die hohen schriftlichen
ind gedruckten Anforderungen än die Darsteller und die sonstigen
darstellungsmittel, die Bestimmtheit und Schnelligkeit, mit welcher
Zie Ihre Partituren zurückziehen, wo nicht alles ganz nach Ihrem
Villen beschafft wird, werden dem Verlag Ihrer Werke verhältnis—
näßige Schwierigkeiten in den Weg legen.“ Trotzdem übernahmen
ie gegen ein Honorar von 600 Louisdor den Verlag von „Tristan
und Isolde⸗
Die geschäftlichen Beziehungen Wagners zu Breitkopf & Härtel
finden durch einen Brief des Meisters vom 5. November 1864 ihren
Abschluß, in dem Wagner bittet, „statt gller etwa mir noch zum Vor—
eil gereichenden Vergünstigungen mich für alle Zeiten durch ein
Beschenk aus Ihrem Verlage zu befriedigen.“ Dieses Geschenk, ein
sreniplar der schönen Beethoven-Ausgabe und je ein Exemplar des
Vohengrin“ und des „Tristan“. wurde ihm gern überlassen. S
Das Museum des Schreckens.
Mit großer Feierlichkeit sind nun in Paris die neuen Räume deß
Atehrwücdigen Carnavalet-Museums eröffnet worden. In aller
Ztille hat man die Umwandlungen in dem 1544 von Lescot erbauten
dause vorgenommen, das heute eine Fülle historischer Reliquien birgt
und in dem einst die Marquise de Sévigné residrerte. Durch eine
rächtige Marmorfreitreppe kommt man in die neueingerichteten Säle,
die jetzt die überraschende Fülle historischer Relzquien bergen, die der
Leiter des Museums Georges Cain in seinem Sammeleifer zusammen⸗
ebracht hat. Aber das Hauptinteresse konzentriert sich doch auf die
Käume, die der Schreckenszeit eingeräumt sind. Aus den zierlichen
Rokokogemächern, in denen einem der Geist heiterer Lebenssreude
ind sorgloser Anmut entgegenweht. tritt man plötzlich in einen gro—
zen Saal und fühlt sich mitten in „den Schrecken“ versetzt. Alle die
zier aufgestellten Gegenstände scheinen grauenvolle Geschichten zu
Jzählen von der Zeit, da die aufflammende Leidenschaft der
-Zchreckensmänner ssch zu blutiger Grausamkeit erhob. Da liegt ein
ühles, schmales Gemach: eine Zelle aus dem Temple. Man sieht im
Leiste die finsteren Mauern, hinter denen, von den Piken höhn'schet
Jakobiner bewacht, Ludwig XVI. und Marie Antoinette ihres trauri—
gen Todes harrten. Hier steht noch der Toöilettetisch der unglücklichen
Königin, der einfache Spiegel, in dem Marie Antoinette zum letzten
Mal ihre erblaßten, von schlaflösen Nächten und gräßlichen Träumen
zerrütteten Züge betrachtete, ehe man sie zur Gnillotine schleppte.
Dort in der Ecke, auf jenen ärmlichen, zerfaserten strohgeflochtenen
Stühlen hat sie Tag um Tag gesessen, gehofft, gebangt und geweint.
Auf weißem Fond hängt da die kleine schwarze Halskräuse, mit der die
cräugstigte Gefangene in einer letzten schüchternen Regimg weib—
icher Koketterie sich schmückte, als Prieur die Züge der „Witwe
Zapet“ in dem bekannten Vorträt der Königin verewigte. Das Bild
sjängt dicht daneben, wie auch die Zeichnung von Ducreur, der in den
PRauern des Temple Ludwig XVIL. zeichnete, als die Guillotine schon
zuf ihn wartete. In jenem schmalen, einfachen Bette schlief Mme.—
slisabeth, die Schwester Ludwigs XVI. als hilflose Gefangene, bis
undlich der Tod sie erlöste, und daneben liegt heute die Bettdecke, die
Marie Antoinette im Gefängnis benutzte. Die koketten kleinen Blu—
nen der Musterung sind längst verblaßt, aber im Geiste des Besuchers
aucht die Gestalt der unglücklichen Königin von Trianon auf, wie fie
n nächtlichen Aengsten mit schmalen, weißen, im Entseßten bebenden
tingern diese schlichte Decke über sich zog und mit weit aufgerissenen
lugen den Schlägen der Kirchturmuhren lauschte. die ihr verkündeten,
aß die Stunde des letzten Martyriums immer näher rücke. Welche
frinnerungen, welche Erlebnisse mögen an diesen toten kleinen Din—
en haften, die dem Sturme der Zeit getrotzt baben und nun späteren
Fenerationen von den Aengsten und Leiden längst Verblichener er—
ihlen! Dort liegt das kleine Lottospiel, das der Dauphin mit in
as Gefängnis genommen hatte; über welche Stunden heimlicher,
ürchterlicher Angst sollte dies kindliche Spiel einst wohl hinweg⸗
ocken? Man geht einige Schritte weiter, und wie entsetzt prallt man
zurück: da liegt, mit geschlossenen Augen, das Kinn von Blut besu—
»elt, die Wachsbüste des Kopfes von Robespierre. Die ganze Fürch⸗
erlichkeit der Schreckenszeit liegt in dieser greulichen Wachsmaske;
soch sehen wir an der Kinnlade die Spuren der Kugel, durch die
Robespierre der Guillotine entrinnen wollte. Das also war der
Nann, der den Triumph der Tugend verkündete, das war der Heros
„er Unbestechlichteit, der bürgerliche Diktator, die Leuchte der Ratio—
alversammlung!, In diesen wächsernen Zügen, die in ihrer brutalen
Farbigkeit wie traurige Wirklichteit anmuten, liegt die ganze Ge—
chichte der Schreckensherrschaft beschlossen, der sanatische Ehracia und,
ie glühende Sehnsucht dieses Menschen, dessen Haupt jetzt dort zur
z„chau gestellt ist. wo auch die Reliquien derer liegen, die er zur
one sandte. und denen solgen zu müssen er wohl nie erträumi
räbte N