Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

varen der Domorganist Ehlers-Ratzeburg und der Harfenist 
HMoser vom Lübecker Stadttheaterorchester gewonnen. 
Gro t hor »2acdanee Sbur. 
—M Rehna, 25. März. Verkauft hat Mullermeister 
Bühring seine in Bülow belegene Erbpachtstelle, früher Eidsche 
Ziegelei, an Landmann Boddin, Dargow im Lauenburgischen, 
für 61000 M. — Bei der Gesellenprüfung haben 
bestanden: die Maurerlehrlinge Georg Timm-Kalkberg, Otto 
Schultz: Bülow und Paul BrehmersStrohkirchen, sämtlich bei 
Maurermeister Lütiohann, ferner der Tischlerlehrling Ernst 
Frahm, Lehrherr Tischlermsttr. Rud. Meyer 
Versfammlung der Bürgerschast 
am Freitag, dem 24. März 1911. 
Wortführer Konsul Dimphfer eröffnete die Sitzung um 
b Uhr 25 Minuten und teilte mit, daß er beabsichtige, bis 
zjur Erledigung des Budgets täglich Sitzungen abzuhalten. 
(Widerpruch.) 
Die Bärgerschaft beschloß demgegenüber, daß morgen keine 
Sitzung stattfindet, sondern die Fortsetzung der Beratung 
auf Montag und die folgenden Tage verschoben werden soll. 
Wortführer Konsul Dimpker teilt sodann mit, daß Ein⸗ 
gaben eingegangen seien vom Verband für Körperpflege betr. 
den Ban einer Schwimmhalle (Widerspruch), die er beim 
Kapitel Badeanstalten zur Beratung stellen werde, von den 
Herren Bade, Niemann, Pump und Dr. Wittern betr. Pflaste—⸗ 
rung der Landstraße durch Schlutup, die beim Kapitel Wege— 
bauten berücksichtigt werden könne, und von Herrn Direktor 
Feldhusen betr. Erlaß der Kosten für Theaterfeuerwachen. 
Die Eingabe werde beim Kapitel Feuerlöschwesen zur Sprache 
gelangen lönnen. Endlich liege noch vor die Abschrift einer 
vom deutschnationalen Handlungsgehilfenverband an die Han— 
delskammer gerichteten Eingabe. 
Hiernach wurde in die Tagesordnung eingetreten. 
1. 
Voranschlag über die Ginnahmenund Ausgaben 
derfreien Hansestadt Lübeckund Generalbudget 
der öffentlichen Wohltätigkeitsaustalten für 
das Rechnungsfahr 1911. 
Der Senat stellt zur Mitgenehmigung der Bürgerschaft: 
.den Entwurf zun Voranschlag über die Ein— 
nahmen und Ausgaben der freien Sanse— 
stadt Lübed im Rechnungsjahr 1911, der eine Ge⸗ 
famteinnahme von 13912840,71 Muund eine 
Gesamtausgabe von 14703701,62 M, mit— 
hin einen Fehlbetrag von 790 360. 91 Muauf— 
weist; 
2daß zur teilweisen Teckung des Fehlbetrages 
von 790 860,91 Ve ein Zuschlag von 100660 zur Ein— 
kommensteuer der mit einem Einkommen von über 
1200 Mubeginnenden Steuerklafsen erhoben 
werde. — Der Senat will mit dem Vürgerausschuß an—⸗ 
nehmen, daß von dem Fehlbetrage 330 000 Mudurch die 
Gewerbesteuer gededt werden können und breabsichtigt 
des weiteren, den damm noch verbleibenden Betrag von 
460 860,01 Mudurch Erhebung eines 10p rozentigen 
Zuschlages zur Einkommensteuer, der ca. 300 000 Mier⸗ 
bringen wird, sowie durch Entnahme aus der Ausaleichskalse 
vu decen; 
den Eniwurf des Generalbudgets der öffent— 
lichen Wohltätigkeitsanstalten für das Rech— 
mungsjahr 1911; 
daß der Allgemeinen Armenanstalt zur 
Deckung ihres Fehlbetrages im Rechnungsjahre 
1911 en Zuschuß von 77000 M, soweit erforderlich, 
aus den Mitteln der Stadtgemeinde bew'llligt werde. 
Wortführer Konsul Dimpker: Zur Senatsvorlage habe 
er zu bemerken, daß die Mehrausgaben infolge der Er— 
höhung der Beamtengehälter sich auf 384 320,90 Mube— 
laufen und dengemäß die Jiffer im Senatsdekret abzu— 
ändern sei. Auch die Ablchlußziffern des Budgets erführen 
noch eine Aenderung von einigen tausend Mark. doch bleibe 
der Fehlbetrag unverändert. 
B.M. Dr. Ziehl (zur Geschäftsordnung) ersucht den 
Wortführer um Auskunft darüber, in welcher Reihenfolge er 
die einzelnen Abschnifte des Budagets zur Beratung ltellen 
wolle. 
Wortführer Konsul Dimpker: Er gedenke die Reihen— 
folge der Abschnitte innezuhalten, wie sie im Budget ge⸗ 
geben sei, mit der einen Ausnahme, nach der allgemeinen 
Beratung den Voranschlag der Betriebsanstalten normeg zu 
nehmen. 
B.eM. Jenne gab seiner Freude darüber Ausdruck, 
datz das Budget in diesem Jahre früher als in sonstigen 
Jahren an die Bürgerschaft gelangt und in seltener Har⸗ 
monie zwischen Senat und Bürgerausschuß zustande ge⸗ 
kommen sei. Er hoffe darum, daß auch in der Bürgerschaft 
das Budget verhältnismähßig glatt erledigt werden würde. 
Mit Befriedigung werde es sicherlich weite Kreise erfüllen, daß 
Mittel zur Abbaggerung der Basltion Rehbodk und Regulietung 
des Stadtgrabens in den Voranschlag der Baudeputation ein⸗ 
gestellt worden seien. Er glaube im Namen der Mitglieder 
der Budgetkommission wie des Bürgerausschusses zu sprechen, 
wenn er dem Senat für sein Entgegenkommen Dank sage. 
B.M. Stelling: Mit dem Abschluß des Budgets könne 
man einigermahen zufrieden sein und sich freuen, daß es 
nicht noch schlimmer und schlechter geworden sei. Er könne 
sich allerdings des Eindruds nicht verschließen, daß das Finanz⸗ 
departement hinsichtlich der Einnahmen vielfach etwas rosig 
geurteilt habe. Gewundert habe er sich darüber, daß die 
Bürgerausschußkommission ihre Abstreichungen vornehmlich an 
den Kosten für Hetzung vorgenommen habe. Es scheine, daß 
es in der Kommission etwas heiß hergegangen sei, und er 
gestatte sich die Frage, ob hierin der Grund zu suchen sei, 
daßz ein Mitglied der Kommission sein Mandat niedergelegt 
habe. Für bedauerlich halte er es auch, daß die Bürger- 
ausschußkommission die Ausgaben für Volksschulbauten auf 
100 000 Muhberabgesetzt habe, und der Senat dem beige— 
treten sei; denn die angesorderten Mittel würden sicher ge⸗ 
braucht werden, und es sei nicht wünschenswert, daß der 
überschießende Betrag von 55 200 Muaus Anleihemitteln ent⸗ 
nommen sei. Er sei der Meinung, daß das Anleihekonto 
möglichst wenig belalstet werden solle. Bei der Einstellung der 
vom Senat geforderten Summe wäre allerdings ein be— 
krächtlich höherer Zuschlag als jetzt nötig zur Einlommen— 
steuer erforderlich gewesen. Mit dieser Zuschlagswirtschaft 
müsse auch endlich einmal gebrochen werden, und er gebe 
sich der Hoffnung hin, daß noch in diesem Jahre das neue 
Einkommenfteuergesez zur Einführung gelange. Erfreut sei 
er darüber, daß manchen Anregungen der Sozialdemokraten, 
g beilpielsweise hinsictlich der Feuerwehrleute. entsprochen 
wvorden sei, andererseits sei aber auch mancherlei geschaffen 
vorden. was nicht den Interessen der Allgemeinheit ent—⸗ 
preche, so zum Beispiel die Aufhebung der Freischucen, die 
Zewerbelteuer, die Neuregelung der Beamtengehälter, die den 
interen Beamten nicht das gebracht habe, was sie nach Ansicht 
ver Sozialdemokraten unbedingt hätten verlangen können. Er 
yoffe deswegen, daß die Bürgerschaft in Zukunft mehr soziales 
zmpfinden zeigen werde. Hätte sie das bisher schon gehabt, 
zätte sie sich vielleicht schon mit einem Arbeitskammergesetz, 
zer Errichtung eines kommunalen Arbeitsnachweises usw. zu 
zeschäftigen gehabt. Hinsichtlich des letzteren habe er gehört, 
daß bereits Verhandlungen wegen Einrichtung eines solchen 
schweben sollten, und er gestatte sich die Frage, wie weit die 
berhandlungen gediehen seien. Die Sozialdemokraten seien auch 
in diesem Jahre bereit, mitzuarbeiten, wo die Möglichkeit 
dazu vorliege. Leider werde ihnen diese aber sehr häufig 
enommen, indem die Sozialdemokraten von Kommissionen 
neistens und von den Behörden immer ausgeschlossen würden. 
Hieser Ausschluß werde umso bitterer empfunden, weil die 
Zozialdemokraten den weitaus größten Teil der Lübecer 
Bürger vertreten. Er habe gehört, daß ein Seniorenkonvent 
der Bürgerschaft bestehen solle. Es würde ihn sehr freuen, 
näheres darüber zu hören, von wem und wie er gewählt und 
velche Funktionen er habe, und warum die Sozialdemokraten 
ruch von dieser Institution der Buürgerschaft ausgeschlossen 
vürden. Unter dielen Umständen könne man es den Sozial— 
zemokraten nicht verargen, daß sie ihren bisherigen Standpunkt 
n verlassen nicht geneigt seien, daß sie der Leitung eines Staats⸗ 
vefens, in deri es Bürger minderen Rechtes gebe, ihr Ver⸗ 
trauen nicht schenken könnten, und daher dem Budget ihre Zu— 
timmung verweigern müßten. (Zuruf: Das dürfen Sie ja 
gar nicht. Antwort der Sozialdemokraten: Das tun wir aber 
doch.) 
Wortführer Konsul Dimpker: Ihm lei von einem Se— 
rorenkonvent der Bürgerschaft nichts bekannt. Von der Ge— 
chäftsleitung der Bürgerschaft sei bei der Aufstellung von 
Wahlvorschlägen stets unparteiisch verfahren worden. Wie 
die Bürgerschaft wählen wo“le, müsse ihr überlassen bleiben. 
Senator Dr. Fehling: Er müsse es als einen beson— 
zderen Vorzug betrachten, daß es gelungen sei, den Beamten— 
rtat vor dem Budget zu verabschieden und die Gewerbelteuer 
auf Grund eines Kompromisses zur Einführung zu bringen. 
Wo wäre wohl die Beamtenvorlage, wenn die Gewerbesteuer 
richt angenommen worden wäre? Und wo und wie wäre unser 
Budget, wenn nicht der Ertrag aus der Gewerbelteuer hätte 
eingestellt werden können. Die Befürchtung des Vorredners, 
daß das Finanzdepartement die Einnahmen zu rosig beurteilt 
zabe, sei unzutreffend, denn die eingestellten Summen seien 
rufs gründlichste geprüft, und die Bürgerschaft durfe in dieser 
zinsicht dem Finanzdepartement das vollste Vertrauen schenken. 
Dden Ausführungen des Serrn Stelling hinsichtlich der für 
bolksschulbauten vorgesehenen Summe stimme er in gewissem 
Sinne bei, aber die erforderlichin Mehrausgaben sollten 
mur vorläufig auf Anleihemittel angewielsen und später zurüd- 
gezahlt werden. 
Be M. Jenne: Es sei interefsant, daß die Herren So⸗ 
ialdemokraten auf der einen Seite alle möglichen Rechte für sich 
nn Anspruch nehmen und auf der anderen Seite erklären. sie 
derweigerten dem Budget ihre Zustimmung. Welchen Wert 
habo dann überhaupt ihre Mitarbeit? Ihre Erklärung sei 
daher nichts weiter, als eine Demonstration. 
B.M. A. Pape: Die Budgetberatungen nehmen hier 
nicht die Stellung ein, wie in anderen Parlamenten. Nachdem 
das Budget die Bürgerausschußkommission und den Bürgeraus— 
schuß passiert habe, müsse die Bürgerlchaft ziemlich glatt zu⸗ 
timmen. Er halte es für richtiger, wenn das Budget erst an 
ie Bürgerschaft und dann an den Bürgerausschuß bezw. dessen 
donmission gelange. Aus diesem Grunde könne auch er nicht 
r das Budget stimmen. Die Einführung der Gewerbesteuer 
önne er auch heute noch nicht für richtig halten; ein Zuschlag 
ur Einkommensteuer wie im vorigen Jahr wäre seines Erachtens 
wedmäßiger gewesen als eine einseitige Belasiung des Gewerbes. 
er gestatte sich die Frage, wann wohl das neue Einkommen⸗ 
leuergesetz zur Einführung gelangen werde. Ihm scheine, dah 
er Senat den Gesetzentwurf absichtlich zurüchhalte. Für wün—⸗ 
chenswert halte er es auch, daß die Budgetkonmission des 
kürgerausschusses möglichst aus lolchen Personen gebildet werde, 
ie dem Jinanzdezartement nicht angehörten, damit eine gründ⸗ 
ichere Prüfung des Etats erfolge. Daß ein Herr aus der 
Kommission ausscheide, sei nach der Verfassung nicht zulässig. 
da es frotzdem geschehen sei, liege ein Verfassungsbruch vor. 
Senator Dr. Fehling: Das Budget erst an die Bürger⸗ 
chaft gelangen zu lassen, wäre höchst unzwedmähßig, und es 
ei auch in keinem Parlament üblich, daß der Etat zunächst dem 
blenum vorgelegt werde. Zu weichen Verwirrungen würden 
ie Budgetberatungen gelangen, wenn nicht die verfassungs⸗ 
näßigen Instanzen innegehalten ürden. Daß der Budgetkom⸗ 
nission Mitglieder des Finanzdepartements angehörten, sei durch⸗ 
rus wünlchenswert, denn eine möglichst enge Verbindung zwischen 
Finanzdepartement und Budgetkommission könne den Beratungen 
ur förderlich sein. Das neue Einlommensteuergesetz werde der 
zenat an die Bürgerschaft gelangen lassen, sobald er glaube, 
erantworten zu können, daß die 100 000 M, die das neue Ein⸗ 
ommenlteuergesetz an Ausfall bringen werde, vom Budget werden 
getragen werden können. Jurzeit sei das natürlich unmöglich. 
BeeM. Jenne: Selbstverständlich habe im Bürgerausschuß 
ine eingehende Beratung des Budgets stattgefunden, und Herr 
ßape habe schon dort Gelegenheit gehabt, alles zu sagen, was 
r auf dem Herzen hatte. Dahß Herr Pape nicht in die Budget⸗ 
ommission gewählt worden sei, komme wohl daher, daß er 
klärt habe, an Sonnabenden nicht zu Kommissionssitzungen 
ommen zu können. Daß ein Mitglied der Budgetkommission 
ich geweigert habe, an den Sitzungen weiter teilzunehmen, be⸗ 
eute durchaus keinen Verfassungsbruch; die Kommission selbst 
abe keinerlei Notiz von der Erklärung seines Mitgliedes 
zenommen, denn sie sei auch ohne dieses Mitglied beschlußfähig 
zewesen. Es sei also alles geschäftsordnungsmähßig zugegangen. 
B.M. A. Pape hielt Herrn Jenne vor, daß er als Vor⸗ 
itzender einer Kommission wenig Rüchsicht auf die Wünsche der 
Kommissionsmitglieder nehme; andere Kommissionsvorfits ende 
zeigten mehr Entgegenkommen.. 
B.⸗M. Rechtsanwalt Fehling: Der Herr Senatskom- 
missar habe im Bürgerausschuh emptohlen, das Budget in der 
üblichen Weise bearbeiten zu lassen. Dem sei von keiner Seite 
widersprochen worden, auch von Herrn Pape nicht. 
Senator Dr. Fehling: Das Budget dirett an die Bür—⸗ 
gerausschuhkommission gehen zu lassen, sei ein ausdrücklicher 
Wunsch des Bürgerausschusses.— —V 
B.M. Stelling hätte von Herrn Jenne Aufklärung 
arüber erwartet, warum das Mitglied der Budaetkommission 
on den fserneren Sitzungen derfelben fortgeblieben sei. Die 
Byraerschaft habe ein Recht darauf. bdies zu erfahren. Die So— 
ialdemokraten betrachteten die Unnahme des Budgets als eine 
Vertrauenskundgebung gegenüber ver Regierung. Lübeck habe 
aber eine Regierung, die es dulde, daß man hier in einem 
Klassenssaat lebe und man ein Klafsenwahlrecht habe. Das 
seien die Ursachen, weswegen die Sozialdemokraten der Regie— 
rung ihr Vertrauen nicht eutgegenbringen könnten. Wenn man 
das Verhalten der Sozialdemokraten als Demonstration auf— 
fassen wolle, möge man das tun. Anerkennen mühten sie, daß 
die Geschäftsleitung der Bürgerschaft stets unparteiisch verfahren 
ei. Er könme nur wünichen, daß die Bürgerschaft gleiche Ge⸗ 
rechtigleit zeige. 
B.“M. Jenne: Die von Herrn Stellung angeführte 
Behauptung werde jedenfalls von der Bürgerschaft nicht an— 
erkannt. Gegenüber den Aussührungen des Herrn Pape be— 
merkee r, daß er zurzeit 5 Kommissionen angehöre und es 
daher schwierig sei, einen Tag fsür eine Kommissionssitzung zu 
tinden. 
BeeM. Fehling: Im Bürgerausschuß habe man von 
den sozialdemokratischen Mitgliedern keine Anregungen gehört. 
(Zuruf: Sehr richtig!) Er glaube daraus den Schluß ziehen 
u dürfen, daß sie Gelegenheit zur Mitarbeit hatten, aber hinter 
oeischlossenen Türen sich nicht geäußert haben; sie sprächen eben 
nur nach außen hin. 
B.“M. August Pape: Nach der Geschäftsordnung sei 
derr Jenne nur verpflichtet, zwuei Kommissionen anzugehören. 
Er verlange von Herrn Jenne, daß er Mitteilung mache über 
das Ausscheiden eines Mitgliedes der Bürgerausschußkommission. 
Wenn Herr Dr. Wittern anwesend wäre, hätte er sich wohl dazu 
geäußert. 
BeM. Stelling: Vielleicht nnage Herr Jenne auch mit 
dazu bei, daß andere Leute von seiner Arbeit etwas abbekämen. 
kEr wurdere sich, daß Herr Rechtsanwalt Fehling als Liberaler 
die reaktionäre Haltung der Bürgerschaft billige. 
BeM. Rechtsanwalt Fehling: Er köme nur sagen, daß, 
was das Quantum der Arbeitsleissung anlange, die Sozial⸗ 
demokraten nicht das geleistet hätten, was man von zwei Sitzen 
dätte verlangen können. 
Hierauf wird die Generaldiskussion geschlossen. 
Es folqgt die 
Spezlalberatung. 
BM. Heinsohn (Kap. 1, Gaswerke) fragt an, wie weit 
die Arbeiten der Kommission betr. die Vereinheitlichung der 
Gaspreise gediehen seien. 
B⸗M. Jenne teilt mit, dakß der Bericht schon entworfen 
und demnächst endgültig festgestellt werde. 
B.eM. Stelling: Er bedeuere, daß von Seiten der 
Leitung der Gaswerke einer Eingabe des Arbeiterausschusses 
teine Antwort zuteil geworden sei, das sei nicht geeignet, Zu⸗ 
rieidenheit zu schaffen. — Den Arbeitern fehle die genügende 
zZeit zum Waschen, es müsse hierzu 5S oder 10 Min. vor Schluß 
zer Mittagszeit Gelegenheit gegeben werden. Auf der Gas—⸗ 
anstalt habe man einen Arbeiter entlassen, der schon zehn 
Jahre im Betriebe tätig gewesen sei. Der Entlassene habe 
Aufklärung über die Kündigung gewünscht, die sei ihm ver—⸗ 
weigert worden; diese sei man ihm aber doch schuldig. Der 
Mann sei von seinen Kollegen dazu bestimmt worden, die 
Versammlung der Gasanstaltsarbeiter zu leiten, das könne 
aber doch unmöglich als Entlassungsgrund gelten. 
Senator Dr. Lienau: Die derzeitige Eingabe der Ar—⸗ 
heiter sei von der Verwaltungsbehörde im Dezember v. J. ge⸗ 
pruft. Zwar sei den Beteiligten keine direlte Antwort zuteil 
zeworden, aber es sei doch ein Teil ihrer Wünsche vom Januar 
d. J. ab entsprochen worden, das genüge doch als Antwort. 
Bezüglich der Entlassung des betr. Arbeiters bemerke er, daß 
dieser sich während der Arbeit ari atorisch betä igt habe. Früher 
schon habe man ihm die Ungehörigkeit seines Verhaltens vorge⸗ 
halten und ihn gewarnt, er ließ es aber trotzdem nicht nach. 
B.M. Stelling: Der betreffende Arbeiter habe ihm 
erklärt, daß er sich nicht agitatorisch betätigt habe. Er halte 
es für notwendig im Interesse des guten Zusammenarbeitens, 
daß man dem Entlassenen auch die Gründe seiner Entlassung 
nitteile, damit er sich verteidigen köͤnne. Er möchte bitten, 
daß in der Folgezeit bei derartigen Maßnahmen etwas mehr 
Rücksicht auf die Arbeiter genommen werde und daß man ver— 
uchen möge, den Wünschen der Arbeiter gerecht zu werden. 
Zu der fraglichen Versammlung der Arbeiter seien auch die Mit⸗ 
glieder der Bürgerschaft eingeladen gewelen. davon lei aber 
leiner erschienen. 
B.M. August Pape: Zu der Versammlung habe er 
keine Einladung erhalten. Er kenne den entlassenen Arbeiter 
eit Jahren, er glaube kaum, daß dieser sich in der geschilderten 
Weise agitatorisch betätigt habe. Sollte er nach der Arbeits- 
zeit solches getan-haben, so sei das doch nicht zu tadeln. 
Auch er halte die Gründe für die Entlassung nicht für über⸗ 
zeugend. 
Senator Dr. Lienau: Der betreffende Arbeiter habe 
rusreichende Gelegenheit gehabt, sich mit Herrn Direktor Has zu 
interhalten. Die Behörde mülse Wert darauf legen, daß 
Friede zwischen den Arbeitern herrsche. 
BeM. Dühring: Auch er habe keine Einladung zu 
der erwähnten Versemmlung erhalten. er höre heute zum ersten 
Male davon. 
B.M. Klein erklärt dasselbe. Freilich habe er imLübeder 
Vollsboten gelesen, daß den Bärgerschaftsmitgliedern eine Ein⸗ 
adung zugegangen sei, daß diese aber nicht erschienen wären; 
das sei aber eine Behauptung, die jeder Grundlage entbehre. 
B.M. Stelling: Die Einladung sei durch Annonce im 
Vollsboten und General-⸗Anzeiger erfolgt. Bestreiten müsse er, 
oalßd em entlassenen Arbeiter Gelegenheit gegeben worden sei. 
lich zu verteidigen. 
Senator Dr. Lienau: Man dürfe annehmen, daß die 
Unterhaltung des Herrn Direktor Hase mit dem Arbeiter von 
Wohlwollen getragen gewesen sei. Die Kündigung beruhe auf 
eingehender Prüfung der Verhältnisse und nicht auf Anzeige 
eines einzelnen Arbeiters. Man sei den übrigen Arbeitern auch 
schuldig,d aß sie Ruhe bei ihrer Arbeit hätten. 
B.M. Klein: Man könne doch nicht jeden Tag die 
zeitung auf Annoncen hin durchsuchen, wo die Bürgerschafts— 
nitglieder eingeladen seien. Hätten die Arbeiter den Wunsch 
gehabt, Mitglieder der Bürgerschast hei sich zu sehen, so hätter 
diese auch direkt eingeladen werden können., 
B.M. Stelling bringt nochmals seinen Standpunkt übel 
die Entlassung des Arbeiters zum Ausdruck. Er müsse aus—⸗ 
prechen, daß bei den in Frage kommenden Leuten leider ein recht 
grohes Denunziantentum bestehe: die Sache sei nicht eingehend 
antersucht worden. 
Senator Dr. Lienau: Es sei dem Mann drei Jahrd 
Zeit zur Besserung gelassen, die Besserung sei nicht erfolat, und 
daher sei er ordnungsmäßig gekündigt. 
B.eM. Grünau (Gapitel II Elektrizitätswerth) erkundig 
sich, weshalb die Preise für Strom und die Zählermiete in 
Travemuünde höhere seien als in Lübed. Weiter weise er auf 
die sehr mangeshafte Beleuchtung der Kurallee hin.
	        
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