besaß so mag er theorektische und prakttische Streitfragen!
wieder aufnehmen und auskämpfen. Jetzt aber ist keine Zeit
dazu, denn jetzt heißt es für den Liberalismus: „Ueber—
mächtige Feinde ringsim“ gemeinschaftlich zu bekämpfen.
Dritter Deutscher Seeschiffahrtstag.
Im großen Sitzungssaale der Berliner Handelskammer trat
gessern früh unter starker Beteiligung der Deutsche Seeschiff⸗
ahrtstag zu seiner dritten Tagung zusammen. An erster
ztelle sprach Generalsekretär Hulbermann⸗-Hamburg über „Die
Lage der Seeschiffahrt“. Wir haben über diesen Vortrag
ereits heute morgen ausführlich berichtet. (Siehe Leitartikel.)
Darauf wandte man sich der Frage der
Kapitalsbeteiligung der Kapitäne an den
Reedereien
u. Der erste Berichterstatter, Kapt. WelziemHamburg, führte
zierzu etwa aus: In Zeiten wirtschaftlichen Tiefstandes seien
n krasser Form Mißstände hervorgetreten. In den letzten Jahren
jabe die Kapitalbeteiligung der Kapitäne bei den Reedereien
»der vielmehr die Kapitalverluste der an den von ihnen
Jeführten Schiffe mit mehr oder weniger großen Summen be—
eiligten Kapitäne die Oeffentlichkeit mehr beschäftigt, als
es im Interesse der Schiffahrt liege. Die Verhältnisse würden
hesser werden, wenn die Stellung des Kapitäns durch eine
Kündigungssrist befestigt würde und die Ausnahmestellung,
zie bisher der Kapitän im Vürgerlichen Gesetzbuche einnehme,
»adurch beseitigt würde. Ter Redner verlangt eine drei—
nouatliche Kündigungsfrist der Kapitäne und schlägt eine ent⸗
Frrechende Aenderung der 88 545, 546 und 548 B. G.B. vor. —
Als Korreferent sprach zu demselben Gegenstand General⸗
ekretär Huldermann-Hamburg. Er beantragt namens des
sautischen Vereins zu Hamburg Kommissionsberatung, da die
nträge des Vorredners nicht als ein geeignetes Mittel zur Ab—
tellung der allerdings hervorgetretenen notorischen Mißstände
richeinen. Die Kapitalbeteiligung der Kapitäne sei einer der
zielen Mißstände, die — in Teutschland allerdings erheblich
venigey cils im Auslande — bei der überaus leichtsinnigen
Finanzierung von „Trampreedereien“ in den vergangenen Jahren
ervorgetreten seien. Es wurde schlieklich auf Antrag des Ham—
zurger Nautischen Vereins die Beratung in einer neungliedrigen
Zommission beschlossen.
Der nächste Punkt der Tagesordnung betraf die
zerschärfung der Prüfungsvorschriften für
Kapitäne und Offiziere der Handelsmarine.
Der erste Referent Kapitän Boehner-Hamburg verlangt
.eine bessere Vorbildung (allgemeine Bildung) für die Zu—
assung zum Beruf; 2. eine bessere Ausbildung auf den Navi—
zationsschulen. Weiter beantragt er für die Zulassung zu den
Navigationsschulen bezw. zur Seemannsschule, daß die Prüfung
abhängig gemacht werde von einer Vorprüfung, die etwa die
zleichen Kenntnisse zur Voraussetzung habe, wie das Einijährig⸗
Frciwilligen Examen der Mättelschule. Ferner muß verlangt wer—
oen, daß alle wichtigen Fächer des Berufs (Physik, Chemie,
Rechtskunde, Sicherheitswesen, Schiffs- und Maschinenbau, Ver—
icherung, Havarie usw.) in den Lehrplan der Navigations—
chulen ausgenommen bezw. den neuzeitlichen Anforderungen ent⸗
prechend erweitert werden. Den Kapitänen und Offizieren
uß gestattet werden, den Vorlesungen auf dieser Schule mit
venehmigung der Direktion ganz oder teilweise beizuwohnen.
Vgl. hierzu die Aufsätze von Tr. Schulze, Lübeck, in un—
erer Sonntags⸗ und Montagsnummer.)
Der zweite Referent Kapitän v. Kaufmann-Hamburg
rill mit Rücksicht darauf, daß die Küstenbevölkerung der See—
chiffahrt erhalten werden müsse, auch den Kindern der armen
ktern, die nur eine weniger gute Schulbildung sich aneignen
önnen, den Weg offen lassen. Er hält daher nur den Nachweis
ür notwendig, daß der Betreffende die Schule bis zum 15. Jahre
nit Fleiß besucht habe. Anderseits möchte er die Fahrzeit vor
zem Mast verläugert haben. Für die Aufnahme in die Na—
igationsschule soll ein befriedigendes Zeugnis der letzten 12
Utonate Matrosenfahrzeit beigebracht werden, und zur Fern—
zaltung sittlich minderwertiger Elemente wünscht er die Bei⸗—
hringung eines Leumundszeugnisses. Für die Prüfung zum See—
teuermann und Schiffer auf große Fahrt sind die Anforde—
ungen der neuzeitlichen Entwicklung der Seecschiffahrt ent—
prechend zu erhöhen. DTagegen spricht sich Redner gegen die
son anderer Seite geforderte Einführung eines Mittelpatents
Kapiftäne sür Mittelfahrt) und die Einführung einer Oberklasse
1us. — Auch zu diesem Punkt wird vom Vorssand Kom—
c
Uaus, der dem Namen nach Hinrichs Vormund war, nicht
in, was Gerhard als ein gutes Zeichen ansah. Hinrich nahm
ich nach jeder Seite hin zusammen, wenn Gerhard da war,
zer es verssand, in liebevoller Rücsicht des Bruders Unge—
vandtheit und Unbeholfenheit zu übersehen und aufmerksame
Anteilnahme an seiner Tätigkeit und seinen Tagesinteressen
zemies. Auch versuchte er es, unermüdlich, ihn im Familien—
reise mitteilsamer und teilnehmender zu machen, als er es
ich angewöhnt hatte, zu sein. Von Christianen hörte man,
daßz es ihr gut gehe. Wenn sie auf Besuch kam, erfaßte
hr klarer, kritischer Blick stets tasch den Stand der Dinge zu
Hause, wenngleich sie sich mur seiten über irgend etwas in
bezug auf die Wirtschaft äußerte.
So waren fünf Jahre dahingegangen. Gerhard war vom
Lehrling zum Kommis befördert worden mit einem seinen
Leistungen entsprechenden Gehalt und trug sich mit dem Gedanken,
zei erster günstiger Gelegenheit ins Ausland zu gehen, um seine
aufmännischen Erfahrungen zu erweitern.
Aber da begam die Mutter zu kränkeln, und es war
hur unmöglich, weiter fortzugehen. so lange er ihretwegen
n Unruhe war.
Hinrich hatte mehr Kraft und Selbitändigkeit angenommen,
auch seine äußere Erscheinung hatte sich gehoben; aber ge—
legentlich — besonders, wenn es einmal zutrage trat, daß
andere seiner Stellung und Person nicht dieselbe Wertschätzung
entgegenbrachten, wie er selbst — verfiel er dem verhängnis—
dollen Hange, sich künstlich ein sorsches Auftreten zu geben
und verschaffte sich durch den Genuß starker Getränke den
ehlenden Mut. Dann saß er ouch länger, als gut war,
n der Wirtschaft, wo Kartenblätter flogen, und vergaß seine
ionstige Vorsicht. Die älteren, unbedenklichen Stammgäste
verslanden es, ihn bei seiner schwachen Seite zu fassen und
rmunterten ihn, den unabhängigen Herrn zu zeigen, der tun
ind lassen könne, was er wolle und sich vor ‚Muttern“
uiccht zu fürchten brauche. So ließ er sich mitunter zu Dingen
reibden, die im Grunde seinem Geschmacd nicht entsprachen.
Wem er dann andern Tags mit wüstem Kopf und leicht
zewordenem Beutel vor dem Gesinde stand, dem sein Treiben
richt derborgen blieb, so zeigte es sich freilich, daß dies nicht
die Art gewesen war, seinen Respekt zu befestigen.
nissionsberatung augeregt. Es folgte eine längere Aussprache.
Vor der Mittagspause sprach dann noch Hauptmann a. D.
Dr. Röper-Berlin über „Das Seemannserholungs-
zeim“ (Fortsetzung folgt.)
Inland und Ausland.
Deutsches Reich.
Zur Greschäftslage des Reichstags. Die Etatberatungen
chreiten langsam vorwärts. Die Zeit, die übrig bleibt,
oird knapp. Es rächt sich die Einschiebung der Strasa
rozeßordnung und die Verschiebung des Beginns der Etat—⸗
zeratung zweiter Lesung um eine Woche. Man nimmt an,
„ahß es nützlich sein wird, den Eiat in zweiter Lesung
ziis Sonnabend, den 1. April zu beenden. In der Woche
or Palmsonntag fände die dritte Lesung des Etats statt,
o daß anzunehmen ist, daß Donnerstag, den 6. Apriil
»der Freitag, den 7. April die Vertagung eintreten wird.
N.L.C. Daͤe Zentrabvorftandssitung der Nationalliberalen
Lartei. Die am Sonntag, dem 19. d. M. im Reichstags⸗
ebäude abgehaltene, zahlreich besuchte Sizung des Zentral—
orstandes der Nationalliberalen Partei erösfnete Reichs—
agsabgeordneter Bassermann mit einem Begrüßungs—⸗
ort. Abg. Bassermann gedachte dann weiter der im
2auf des letzten Jahres Verstorbenen, zu deren Gedächtnis
ich dia Versammelten von den Plätzen erhoben. In den
zentralvorstand wurden neugewählt: Dr. med. M. Prager
n Fürth, Rechtsanwalt J. Werner in Schweinsurt, Rechts⸗
nwalt Dr. Cremer in Hagen i. W., Rechtsanwalt Heyde—
iann in Bochum, Chefarzt Dr. Ossent in Stettin,
dechtsanwalt Schüler in Stolp i. P., Gutsbesitzer C.
Indres in Gutleuthof bei Creuznach, Univ.“Prof. Dr. A.
zeters in Rostok, Ingenieur G. Closs in Lübeck;
zeg.Kat Dr. Bartels in Breslau, Buchdruckereibesitzer Dr.
ir. Krumbhaar in Liegnitz, sowie Kaufmann Carl Heimann—
treuser in Mülheim (Ruhr), Rechtsanwalt Dr. Kauffmann
1m Stuttgart und Rechtsanwalt W. Frey in Karlsruhe i. B.
in Anschluß an ein ausführliches, beisällig aufgenommenes
deferat des Herrn Reichstagsabg. Bassermann über die
zorbereitungen zu den nächsten Reichstagswahlen sand eine
ngehende Aussprache statt, an der sich u. a. beteiligten
er Vorsitzende des geschäfisführenden Ausschusses Abg. Dr.
riedberg, die Abgg. Wamhoff, Dr. Schifferer, Schmieding,
r. Semler, Rebmann, Dr. Osann, Dr. Stresemann, die
erren Justizrat Wagner, Fabrikbesitzer Hoeck-Güstrow, Pros.
ir. Voller-Hamburg, Fabrikdirektor Tasel-Nürnberg und
zächs. Kammerpräsident Dr. Vogel, auf dessen Anfrage
bg. Dr. Friedberg die Erklärung abgab, daß die Frage
es Enteignungsgesetzes demnächst im Abgeordnetenhause beim
ingehen der amtlichen Ansiedlungsdenkschrist ausgiebig nach
er Richtung hin erörtert werden würde, ob die Fort—
tzung des Ansiedlungswerles ohne Anwendung des Eni—
gnungsgesetzes möglich sei; serner Reichstagsabgeordneter
rx. Weber, Proß. Hebel-Kassel, Rechtsanwalt Schüler-Stolp,
zeneralsekretär Keinath-Stuttgart, Stadtrat Graser-Plauen,
sbg. Wechermann-Lütgendortmund, Oberbürgermeister a. T.
Ir. Struckmann-Hildesheim und Neichstagsabgeordneter Prinz
u Schönaich-Carolath. Auf die Verlesung des gedruckt
orliegenden Geschäfisberichts wird verzichtet. Um LUet,. Uhr
ereintgte die Teilnetmer dver Zentralvorstandssizung ein
yestmahl im Kaiserhof.
Gewerkschaftliche Frühijahrsagitation. Man schreibt uns:
der Vorstand des BRauarbeiterverbandes versendet
in die Zweigvereine in dieser Woche ein Flugblatt, das zur
kinleitung der Frühjahrsagitation dienen und am 24. und
5. März verbreitet werden soll. Das Organ des Bauarbeiter⸗
»erbandes hebt hervor, daß diese Flugblattverbreitung die
zewinnung neuer Mitglieder durch persönliche Einwirkung
ediglich vorbereite. Solche Einwirkung müsse teils während
er Pausen auf dem Bau, teils durch planmäßige Haus—
gitation ins Werk gesetzt und besonders gegenüber den
usländischen Arbeitern sowie gegenüber den aus der Lehre
ommenden Junggesellen verfucht werden. In dem Artikel,
ndem das Bauarbeiterorgan diese Weisungen erteilt, ist noch
»ie Bemerkung von Interesse, daß das laufende Jahr vor—⸗
russichtlich keine größeren Kämpfe bringen dürfte.
Dar Führer der badischen Demolraten und Vigzepräsident
der Zweiten Kammer Realschuldirektor Dr. Karl Heim-
burger, zieht sich wegen eines schweren Nervenleidens
us dem politischen Leben zurück. Sein Ausscheiden
edeutet, wie die Köln. Zig. schreibt, nicht nur für die
Die Mutter fühlte und bemerkte alles. „Hinrich sollte
zeiraten,“ meinte sie einmal im Geipräch mit Gerhard offen.
Wenn er eine tüchtige, vernünistige und gute Frau hätte,
bürde er sich vielleicht führen lassen.“
Als darauf Gerhard erstaunt sagte: „Mutter, er hat
a dich!“ setzte sie hinzu: „Mir gegenüber ist er zu ver—
chlossen. Und ich bin alt, mein Junge, und ....“ sie zögerte
inen Augenblick — „und es währt wohl auch nicht allzu lange
nehr mit mir.“.
Gortsetzung folgt.)
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Lübeck, 21. März.
Stadttheater.
„Carmen“, W
Gastspiel der königl. bayr. Kammersängerin
Frau Preufse⸗Maßtzenauer.
In letzter Stunde sollte unsere arg bedrängte Direktion
och das Glück haben, für das zum zweitenmal versagende
irl. E. v. d. Osten einen Ersatz zu bekommen, wie er voll—
ertiger für die Rolle der Carmen augenblicklich kaum zu
inden sein dürfte. Die hier reichlich viel gegebene Oper
irkt immer wieder neu durch die verschiedenartigsten Auf⸗
issungen der Vertreterinnen der Titelpartie. Ein gedrängt
olles Haus lauschte am gestrigen Abend in gespannter Er⸗
artung der Dinge, die da kommen sollten, und war am
chlusse der Vorstellung durch die wahrhaft grandiose Lei⸗
ung des Gastes in geradezu stürmische Aufregung versetzt.
Nan hatte alles mit der großen Künstlerin durchlebt und
ußte sich seines Dankes durch endlose Hervorrufe nicht
enug zu tun. Selten wohl haben wir eine Carmen von
sie für diese Rolle prädestinierenden Eigenschaften ge—
hen. Eine rassige Erscheinung, deren Augen jede Empfin—
ung, ob Kälte, Gleichgültigkeit oder leidenschaftliche Glut
n überzeugendster Weise widerspiegeln, ein Körper mit der
zeschmeidigkeit einer Eidechse, ein heißloderndes Temperament,
„on der Wildheit einer Tigerkatze; — so wünschen wir uns
as leichtlebiga, heißblütige Zigeunermädchen, und so finden
Fortschrittliche Volkspartei, sondern für den süddeutschen
Zesamtliberalismus einen schweren Verlust; wegen seines
aktvollen und versöhnlichen Wesens galt Heimburger, der
er badischen Zweiten Kammer seit 20 Jahren mit kurzer
Unterbrechung angehört hat, als Bindeglied zwischen den
erschiedenen liberalen Parteien und genoh auch bei seinen
‚olitischen Gegnern allgemeine Wertschätzung.
Keine Zemtrumsdemonsiralion? Die Kreuzztg., die Bun⸗
esgenossin des Zentrums, behauptet, daß bei der Ver—⸗
esung der Glückwunschdepesche an die italieni—
che Deputiertenkammer im Reichssstag nur zwei
zentrumsabgeordnete sitzen geblieben seien, die, zwel
etagte Herren, aus rein zufälligen Ursachen sich nicht
rhoben hatten. Die Gern. weiß nichts davon, daß nur
wei Zentrumsabgeordnete sitzen geblieben sind, sondern
neint, „andere“ Abgeordnete, und zwar nicht bloß vom
zentrum, blicben sitzen, und zwar nicht des Demonstrierens
alber, sondern aus Unachtsamkeit, weil sie mit anderen
Dingen (Schreiben usw.) beschäftigt waren.
— ç e—— —
*
Tagesbericht.
Lubeck, 21. Märßg.
x Zum Referendar ercnaunut hat der Senat den hiesigen
nechtskandidaten Herrn H. Hoyer.
*Die Abiturientenprüfung am Ratzeburger Gymnasium
jat Walter Seick-Lübeck bestanden, der Medizin studieren
vilk.
Die Fähnriche zur See des Jahrgangs 1909 werden die
rsten Seeoffiziere sein, auf die die neue kaiserliche Ver⸗
rdnung der Vorpatentierung Anwendung findet. Den Prüf⸗
ingen, die die besten Leistungen aufweisen, wird die Ver—⸗
ünstigung zuteil, bei der Beförderung zum Oberleumant zur
zee die Vordermänner überspringen zu können.
0o „Dae Arsthelil der Industrie und Fabrilbauten“ lautete
as Thema eines Vortrages, zu dem für Montag der Verein
ür Heimatschutz nach dem Hause der Gemeinnützigen Ge—⸗
ellschaft eingeladen hatte. Der Vortragende, Herr Oberlehrer
dips⸗Ing. Mahn, konnte vor einer zahlreichen Zuhörerschaft
prechen. Er ging aus von den Zweden und Zielen des gesun—
en Heimatschutzes. Das Thema der Verunzierung der Land-
chaft durch die Fabriken und industriellen Anlagen behandelte
r ausführlich und knüpfte dann an die Abhilfsmaßregeln an.
daß ein Landschaftsbild durch einen widersinnig aufgeführten
rabrik⸗ oder Verkehrsbau verschandelt werde, sei nicht zu be—
reiten. Als Gründe hierfür seien zu nennen die Vernachlässi—
zung oder aber auch falsche Auffassung von der Aesthetik bei
erartigen Zweckbauten. Als Kinder unserer Zeit hätten die
yabrike und Verkehrsbauten auch Anspruch auf eigene Aus—
ruckskultur. Ganz falsch sei es daher, einen Zweckbau etwa
nein historisches Gewand zu stecken. Vielmehr müsse der Zweck
es Gebäudes schon in seinem Aeußern klar zum Ausdrud lommen.
WPenn das Gebäude dann noch dem Landschaftsbilde ange—
aßt werde, könne man von einer Aesthetik der Industrie- und
abrikbauten sprechen. Zwar würde auf dem Gebiete der Zweck⸗
auten noch viel gesündigt, aber es sei erfreulich, daß die Aesthetik
er Industrie gerade bei den großen Firmen immer mehr Ver⸗
rändnis finde. Die theoretischen Ausführungen wurden so—
ann durch Vorführung zahlreicher Lichtbilder mit Beispielen
ind Gegenbeispielen des besprochenen Themas praktisch ergänzt.
In einem sich an den Vortrag anschließenden Herrenabend war
helegenheit zu gegenseitiger Aussprache gegeben.
SZußballsport. Auf Einladung des Fußballklubs „Vor—
»ärts“ in Wismar war aim Sonntag die erste Maunschaft
es Lübecker Seminar-Fußballtlubs nach Wismar
efahren. In der ersten Halbzeit des auf dem kleinen
xerzierplatz stattgefundenen Spieles konnte keine der
ämpfenden Mannschaften ein Tor erringen. Aber in der
weiten Halbzeit gewannen die Lübecker 0 Tore und „Vor—
värts“ wiederum keins, so daß der Lübecker Seminar⸗
Fußballklub mit 5:0 Toren den Sieg davontrug.
*Frühlingsanfang haben wir heute. Wenn die Natur
ich nach dem Kalender richtete, müßte heute — am 21.
Mmärz — abends 7 Uhr der Winter seine Herrschaft au
en Frühling abtreten. Um diese Zeit tritt nämlich die
sonne in das Zeichen des Widders und damit hat die
kageslänge zugleich die Dauer der nächtlichen Finsternis
ingeholt. Vorboten in Fauna und Flora haben uns
a das Naben des Frühlsinos schon seit längerer Zeit an—
—
vir es in Frau Preuse-⸗Matzenauer. Dazu lommt
ine Fülle von kleinen charakteristischen Zügen, die wir hier
iicht alle nennen können, die aber das Bild der herzlosen,
ugebändigten Zigeunerin auf das glücklichste vervobrständig⸗
en. Die mit beträchtlicher Höhe ausgestattete große Alt—
timme ist machtvoll und außerordentlich tragfähig, die Ton⸗
jebung vorzüglich. Trotz der küchtigen Leistungen unserer
Mitglieder beherrschte Frau Matzenauer fast alleine die
zzene, ihre Partner und die Zuhörer instinktiv mit sich
ortreißend. Das erstere gilt vor allem von Herrn Pistori
Don José), der stimmlich hergab, was er nur sein eigen
sennt, und der im letzten Afkte überraschende dranatische
Romente hatte. Auch Herr Vollmer, neu in der Partie
es Zuniga, wirkte stimmlich wie darstellerisch sehr über—
eugend. Die Micasla-des Frsl. Stretten ist uns vor—
eilhaft bekannt, doch überraschte sie uns mit ihrer Szene
m Gebirge, der sie von Herzen kommende warme und
höne Töne lieh. Herr Langefeld hat unleugbar an
inem Escamillo gearbeitet, doch ist derselbe immer noch
icht ktemperamentvoll genug, oder erschien es nur so am
estrigen Abend, denn dieser Carmen zu imponieren, muhß
iywer sein. sSelbst das Orchester schien in Aufregung zu
eraten, und nicht mit Unrecht, denn die Szene in der Schenke
ctete zu bacchantischer Wildheit aus und riß den begleitenden
Rusikkörper unter der wachsamen Leitung seines Dirigenten
errn Karl Pfeiffer zu einem Presto fort, das, trotzdem
sir es nie gehört, von ausgezeichneter, faszinierender Wir—
ung war. Die Szenerie (Herr Oberregisseur Hans Is lau b)
nd die bewegten Volksmassen vervollständigten den großen
rindruck. Ehe wir schließen, müssen wir aber noch des so
underhübsch zur Geltung gebrachten kleinen Instrumental-—
itzes vor dem dritten Alt erwähnen, an dessen fein musi—
alischem Gelingen Herr Wunderlich mit seinem süßen Flö—
mton einen so großen Anteil hatte. Das in seinem Enuthit⸗
asmus nicht zu beruhigende Publikum rief die Hauptbeteilig—
en immer und immer wieder hervor und zeichnete Herrn
zistori durch Ueberreichung zweier Lorbeerkränze aqus. Wir
„ünschen dem Publikum wie der Direktion auch für den
Nozart-⸗Zyklus solche genußreiche Abende und gul besuchte
äuser. M. Stiehl