Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

der Ledigen, sondern durch Steuer erleichterung für 
Familienväter geschehen! Und es geschieht auch bereits! 
In Preußen haben wir dei der Staatseinkommensteuer das 
sehr segensreiche Kinderprivileg, welches je nach der Kinderzahl 
geringere oder größere Steuerherabsetzungen vorsieht. Auch 
in der Beamtenbesoldung spielt der Grundsatßz der Kinder⸗ 
berüdsichtigung bei der Besteuerung nielfach eine Rolle, und 
zwar nicht nur in Preußen. Durch Gewährung höherer Woh—⸗ 
nungsgeldzuschüsse, stärkerer und schnellerer Gehaltszulagen, 
Ueberweisung von Erziehungsbeihilfen usw. wird hier ein 
Ausgleich geschaffen, der auch von den Ledigen nicht als 
ungerecht empfunden werden kann. Dagegen muß die vom 
Oldenburger Landtag geforderte „Ledigen- 
steuer“ als ungeeignet und ungerecht, und darum als un— 
möglich und undurchführbar bezeichnet werden, denn sie trägt 
den vielen schwerwiegenden Gründen, die sehr viele unver⸗ 
heiratete Männer und Frauen zur Ehelosigkeit zwingen, durch 
qus nicht genügend Rechuung. Ja, sie stellt unter Umständen 
sogar noch eine harte Strafe für das ihnen mangelnde und 
häufig sehnlichst erwünschte Eheglück dar. 
Es bleibt für diese neue Steuer gerechter4 
weise schließlich nur ein Häuflein jener vermögenden 
Ledigen beiderlei Geschlechts übrig, das aus Bequem⸗ 
lichkeit, Keichtsinn, Genußsucht oder anderen schuld⸗ 
haften Motiven absichtlich keine eheliche Verbin— 
dung gesucht hat. Um dieses verhälinismäßig geringen 
Prozentsatzes willen aber kann man u. E. unmöglich eine 
allgemeine Ledigensteuer ausschreiben. 
das Frauenstimmrecht im preußischen Abgeordneten⸗ 
hause. 
In der Petitionskommission des preußischen Abgeord- 
netenhauses wurde in der Sitzung am Sonnabend als letzter 
Punkt der Tagesordnung in etwas Minuten eine Petition 
der Frau Minna Cauer-Berlin behandelt, welche schon im 
Vorjahre das Haus beschäftigt hat und damals durch Ueber— 
zang zur Tagesordnung erledigt worden war. Der Referent, 
ein Zentrumsabgeordneter, beantragte unter Hinweis auf den 
vorjährigen Beschluß, Uebergang zur Tagesordnung. Ein 
fortschrittliches Mitglied stellte im Hinblick auf die bevor— 
stehende Wahlrechtsrefom in Preußen den Antrag, die Ve— 
tition der Kgl. Staatsregierung als Material zu überweisen. 
Von konservativer Seite wurde beantragt, die Petition für 
ungeeignet zur Beratung im Plenum zu erklären. Diese scharfe 
Ablehnung wurde mit 8 209 der Geschäftsordnung begründet, 
wonach Petitionen, zu denen das Haus wiederholt Stellung 
genommen hat, als ungeeignet zur Erörterung im Plenum 
erklärt werden kömmsen. Dem wurde entgegengehalten, daß 
das Haus bis dahin nur einmal Stellung genommen habe, 
also von einer wiederholten Stellungnahme nicht die Rede 
iein könne. — Die Kommission beschloß Uebergang aur 
Tagesordnung. 
Inland und Ausland. 
Deuisches Roich. 
Deutscher Sceschisfahristag. Der 3. deutsche Seeschiffahrts⸗ 
tag wurde gestern eingeleitet durch eine Besichtigung der Tele⸗ 
funkenstation in Nauen, zu der sich zahlreiche Mit⸗ 
glieder des Deutschen Nautischen Vereins und des Verbandes 
Deutscher Seeschiffer-Vereine eingefunden hatten. Ver Direltor 
der Telefunkenstation Bredow hob bei der Begrüßung der 
Gäste die Bedeutung der drahtlosen Telegraphie hervor. 
Er tkeilte u. a. mit, dah die Station in Nauen mit 
ihrem 100 mühohen Turm die zweithöchste in Europa 
ist, sie stehe nur hinter der Station auf dem Eiffelturm 
zurück. Die Reichweite sei noch nicht bis zu ihrem End— 
punkt ausprobiert. Die Station habe 1900 mit 2000 
kim Reichnweite begonnen und sei dann weiter ausgedehnt 
worden, bis es im vorigen Sommer gelungen sei, mit 
einem Dampfer der Hamburg-Amerika⸗Linie auf eine Ent— 
jernung von 5200 kmm zu telegraphieren. Interessant war 
die Bemerkung des Direktors, daß Versuche gemacht würden, 
eine Station auf 5000 km Entfernung zu errichten. An 
diesen Vortrag schloß sich ein Rundgang, bei dem Herren 
der verschiedenen Abteilungen die Einzelheiten der Station 
erklärien. Die Beratungen des Sceeschiffahrtstags beginnen 
heute vormittag 10 Uhr. J 
Gegen die Adelserklufivität. Die durch Kaiserliche 
Kabinettsorder vom 14. d. Mäbefohlene Verteilung 
—A 
Die Mutter aber schlief nicht und die Sorge wachte 
neben ihr. 
Christiane hatte ihr persönliches Eigentum wohlgeordnet 
und wohlverpackt in ihrer Kammer neben der besten Wohn⸗ 
stube zurückgelassen und war, nur mit dem Notwendigen 
versehen, fortgegangen, um den Platz als Saushälterin auf 
Treuholz, einer großen, im Hannövberschen gelegenen Tomäne, 
anzutreten. Der Abschied hatte sich kühl und ohne weitere 
Ertegungen vollzogen. 
Hinrich hatte es noch in seiner unbeholfenen, aber im 
Augenblick wohlgemeinten Art versucht, iht zu guter Letzt brüdar⸗ 
lich entgegenzutreten, hatte aber wenig Beachtung gefunden. 
Gerhard, der mittlerweile seine Lehrstelle im Kontor von 
5. S. Allmers & Söhne in Bremen angetreten, hatte die 
im Reisen ungeübte Schwester in Bremen empfangen und 
ihr dort weiter geholfen. Als er an seinem nächsten freien 
Sonmage nach Hause kam, waren bereits die nötigen Ver— 
handlungen wegen einer Mamsell eingeleitet. 
Zwischen der Mutter und Gerhard hatte sich ein sehr 
herzliches Verhältnis herausgebildet; es gab, ohne daß viele 
Worte dabei fielen, ein sehr inniges Verstehen zwischen den 
beiden, das den jüngeren Bruder beinahe mit Neid erfüllte, 
wenngleich er selbst wenig tat, um der Mutter oder des 
Bruders Liebe zu gewinnen. Gerhard übersah bei jedem 
Besuch sogleich den Stand der Dinge zu Hause. Hin rich 
bemühte sich auf seine Weise, die ihm gewordenen Pflichten 
zu erfassen und zu erfuͤllen, doch seiner jugendlichen Unreife 
fehlte die Uebersicht und Einsicht. Und wo er ungeschidt ge⸗ 
wesen war oder einen Mangel in leinen Fähigkleiten entdeckte, 
setzte er, anstatt mit Bescheidenheit und dem ernsten Triebe, 
sich zu unterrichten, mit dem Herrenrecht ein, um sich Respelt 
mu erzwingen. Taß das Zugeben eines Mißgriffes oder eines 
Fehlers und der Versuch, Versehenes auszugleichen und besser 
zu machen, ein viel sicherer Weg gewesen wäre zur Erlangung 
des ersehnten Ansehens, machte er sich nicht klar. 
Die Mamsell war ins Haus gelommen, eine tuchtige 
Person, die um einige Jahre älter sein mochte, als Christiane, 
ind die zu Lebzeiten ihrer Eltern ans Dienen bei Fremden nicht 
dedacht hatte, die aber darch widrige Verbältnisse von einem 
»er Abiturienien der Hauptkadettenanstalt Lichter— 
elde auf die Armee zeigt sichtlich das Bestreben des 
ßreußischen Militärkabinetts, die Adelsexklusivität 
ewifser Truppenteile zu beseitigen. Bei den 
zrenadier-Regimentern 7 (in Liegnitz),, 8 (in Frankfurt a. 
D.), den Kronprinzen-Grenadieren 11 (in Breslau), beim 
Harde⸗Jäger⸗Bataillon (in Potsdam), den Jäger-Bataillonen 
3 cin Lübben), 7 (in Bückeburg) und bei den 6. Husaren 
sin Leobschützzy, die sämtlich seit Jahren eigentlich ausschließ— 
ich adeligen Ersatz gehabt haben und fsast nur adelige 
Dffiziere in ihren Reihen zählen, sind Kadetten mit 
bürgerlichem Namen als Fähnriche einagestellt 
worden. 
Deutsche Auswanderungs⸗Statistif. In der deutsch⸗ 
iberseeischen AUswanderung im Jahre 1010 lassen 
die jetzt vorliegenden Zahlen der amtlichen Statistik ein 
reringes Ansteigen gegenüber 1909 erkennen; insgesamt 
vanderten im vorigen Jahre 25531 Personen aus Deutsch⸗ 
and aus. Von diesen gingen nach den Vereinigten Staaten 
22773, nach Kanada 460, nach Brasilien 383 und nach anderen 
Teilen Amerikas 1724 Personen. Der Rest verteilt sich auf 
lustralien, Afrika und Großbritammien. Der im Jahre 1908 
ingetretene bedeutende Rückgang in der Auswanderung ist 
nzwischen zum Stillstand gekommen. Insgesamt sind seit Be⸗ 
ründung des Deutschen Reiches rund 2876 000 Personen nach 
berseeischen Ländern ausgewandert. Ueber die Rüdwande— 
ung liegen statistische Zahlen noch nicht vor. 
Aus dem Jahresbericht der Aeltesten der Kaufmannschasi. 
Die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin, 
die Ende Januar den ersten Band ihres Jahresberichtes, des 
gerliner Jahrbuchs für Handel und Industrie, herausgegeben 
saben, in dem sie eine Darstellung der allgemeinen wirt— 
chaftlichen Entwicklung des Jahres 1910, darunter na ment⸗ 
ich der Kartell-Konzentrations- und Arbei— 
erbewegung, der Lage des Geldmarkts, der 
ßörse und der Reichsbank, der Gestaltung des Außenhandels 
owie eine Uebersicht der wirtschaftlichen Gesetzgebung und 
hrer eigenen Stellungnahme zu den wirtschaftlichen Tages— 
ragen gegeben haben, lassen soeben auch den zweiten 
zand ihres Jahresberichts erscheinen. Dieser zweite 
zand bietet eine Ergänzung zum ersten Bande, indem er 
ine große Zahl von Spezialberichten über die wichtigsten 
zIndustrie⸗ und Handelszweige von Berlin nebst zahlreichem 
tatistischen Material über die Preisbewegung, die Produktion 
ind die Einfuhr⸗- und Ausfuhrverhältnisse wichtiger Waren 
nthält. So bringt der vorliegende Band z. B. eingehende 
Berichte über die Entwicklung des Berliner Getreidehandels 
ind einer Reihe anderer Zweige des Lebensmittelhandels, 
erner Berichte Aber die einzelnen Zweige der Metall-, chemi⸗ 
chen, Textil⸗ usw. Industrien. Im großen und ganzen 
assen die Berichte eine aufsteigen de Entwicklung des 
Birtschaftslebens während des vergangenen 
Jahres erkennen, wenn auch vielfach über ein Mißverhält⸗ 
is zwischen den Einkaufspreisen, bezw. Gestehungskosten und 
den Verkaufspreisen geklagt wird, wie z. B. in vielen Zwei—⸗ 
zen der Metall- und Textilindustrie. Andererseits befanden 
ich auch manche Erwerbszweige in einer sehr schwierigen 
räage, so vor allen Dingen die Zündholzindustrie infolge 
»er Zündholzbesteuerung. Auch die Wirkungen der anderen 
Zteuern der Reichsfinanzreform auf die beteiligten Industrie— 
ind Handelszweige, z. B. auf die Tabak- und Sigarren⸗ 
udustrie⸗, die Brauereien und die Spiritusgewerbe, erfahren 
in den betreffenden Spezialberichten eine Darstellung. 
Vorbereitungen zu den Reichstaaswahlen. Im Kreise 
Wanzleben kandidiert für die nationalliberale Partei 
»er Landtagsabgeordnete Gruson. 
Die Nationalliberalen des Kreises Heilbronn 
haben beschlossen, die Kandidatur des Aba. D. Raumann 
zu unterstu zen. 
Köln, 19. März. Die Verkandlungen zwischen der 
nationalliberalen Partei und der Fortschritt- 
lichen Volkspartei zweds gemeinsamen Vorgehens 
hei den nächsten Reichstaasswahlen in der Rheinprovinz 
sind gescheitert. Die nationalliberale Partei hat min⸗ 
nehr der Vollspartei Vorschläge überreicht, die die Auf— 
tellung gemeinsamer Kandidaturen fordern, soweit 
S moͤglich ist, und die Erwartung aussprechen; daß der 
dampf zwischen der nationalliberalen Partei und der Volks⸗ 
artei überall in Formen gesührt wird, die ein Zusammen⸗ 
debhen in der Stichmahl nicht erschweren 
ßause ins andere getrieben war, ohne irgendwo festen Fuhß ge⸗ 
aßt zu haben. Sie verstand ihre Arbeit und war uner můdlich 
tig, leß sich aber im Ubrigen von dem „Herrn“ nicht 
beikommen“. Seine anfänglichen Versuche zu gelegentlichem 
störgeln hatte sie kurz zurüdgewiesen und ging entschlossen, aber 
elassen ihrer Wege. Der alten Frau gab sie nicht allein die 
züchsicht und Ehre, welche ihre Stellung als Mitherrin er⸗ 
orderte, sondern auch die an Verehrung grenzende Achtung, 
ie ihre Tätigkeit, ihr unaufdringlicher Scharfblick und die 
uhige Würde und Herzenswärme ihrer Persönlichleit erzwang. 
Ind wenn Gerhard kam, dessen sonniger Freundlichkeit nie⸗ 
nand zu widerstehen vermochte, so glätteten sich die Unmuts⸗ 
alten der allzeit geschäftigen Mamsell; es wurde ein be— 
vonderes Gericht auf den Tisch gebracht, oder es prangten in den 
roßen, buntbemalten Porzellanvasen auf der blankpolierten 
Dtahagonikommode unter dem Spiegel in der besten Wohn⸗ 
lube ein vaar groke Blumensträußze. 
(Fortsetzung folgt.) 
— — — — 
Cheater. Kunst und Wissenschaft. 
LaAbeck, 20. März. 
Stadttheater. 
VIII. Borstellung in Wagner-3yklus. 
Saltspiel des 18nial. Kammersängers Alpis 
bennariniuundder Frau Nusivon Szekréuyelly. 
„Götterdammerung, 
dritter Tag aus dem Bähnenfestlpiel „Der Rins 
des Nibelungen“ von Richard Wagner. 
„Das Ende krönt das Werk!“ Dieser Spruch soll sich 
richt mur auf Richard Wagners Lebenswerk beziehen, sondern 
benso möchten wir ihn auf alle diejenigen anwenden, die 
ich in hervorragender Weise an der Aufführung des 
Nibelungenringes beteiligten und das schwierige Werk zu so 
zlänzendem Abschluß gebracht haben. Nach solchen Lei— 
tungen kann sich unsere Bühne jetzt fraglos mit anderen 
öhßeren Bühnen in die erste Reihe stellen. Eine derartigé 
Empfindung schien sich auch unseres Publikums am Schlusse 
det Sonnabend⸗Vorstellung m bemächtigen. da es nicht 
— — 
Stüttgart, 19. März. Entgegen verschtedenen Presse— 
rußerungen, in denen immer noch mit einem Austausch 
»es 4. und 14. württembergischen Reichsstags— 
vahlkreises zwischen der nationalliberalen Partei und 
er Fortschrittlichen Volkspartei gerechnet wird, erklärt die 
Württembergische Pressekorrespondenz, daß der Gedanke dicses 
ustftauschs als erledigt zu betrachten sei. Es werde bei 
der Aufrechterhaltung des bisherigen Wahlabkommens zwischen 
den liberalen Parteien in Württemberg bleiben. 
Dresden, 18. März. Die hier seit langer Zeit 
wischen den beiden liberalen Parteien gepflogenen Ver— 
andlungen über die Aufstellung eines gemeinschaftlichen 
dandidaten in Dresden-Altstadt und in Dresden— 
Neustadt sind leider als gescheitert zu betrachten. Die 
sationalliberalen werden auch in letzterm Wahlkreise einen 
igenen Kandidaten aufstellen. Das hat zur Folge, daß 
ie Fortschrittliche Volkspartei in Dresden-Altstadt Dr. 
zeinze einen Kandidaten entgegenstellt. Ob diese Zer— 
plitterung der liberalen Parteien angesfichts des sehr ge— 
ährdeten Mandats in Dresden-Altstadt wirklich ein Akt 
aktischer Klugheit ist, möchten wir bezweifeln. Wenigstens 
nuß man ietzt erwarten, daß der Kampf auf beiden 
liberalen Seiten so geführt wird, daß sich diese wenigstens 
hei einer voraussichtlichen Stichwahl in Dresden-Altstadt 
susammensinden. In Dresden-Neustadt hat keine der beiden 
iberalen Varteien Aussicht, einen Kandidaten durchzubringen. 
* 
Taagesbericht. 
Läbeck, 20. März. 
voranschlag ũber die Einnahmen und Kusgaben 
der freien Hansestadt Lübeck für das Rechnungs 
jahr 19V. 
In dem heute den Bürgerschaftsmitgliedern zugestellten An— 
rage des Senats zum Staatsbudget für 1911 sind die seit Er— 
cheinen des Entwurfs des Staatshaushaltsplanes erforder⸗ 
ich gewordenen und die vom Bürgerausschuß an dem Entwurf 
orgenommenen Aenderungen zusammengestellt worden. Zu letzte— 
en bemerkt der Senat, daß er dem Antrage des Bürgeraus- 
chusses, die „sonstigen Kosten“ des Amtsgerichts von 35 008 M 
uf 32 000 Meäherabzusetzen, nicht zustimmen kann, denn da die 
zuständigkeit der Amtsgerichte durch die Reichsgesetzgebung er⸗ 
eblich erweitert worden ist, es sich aber noch keineswegs über— 
ehen läht, ob bezw. inwieweit hierdurch eine Verminderung 
der Ausgaben für das Landgericht eintreten wird, muß der 
zenat bei seinem ursprünglich gesteslten Antrage verharren. 
gerner ist der Senat nicht in der Lage, dem Antrage des Bürger⸗ 
usschusses, die Ruchlage in den Erneuerungsfonds des Wasser⸗ 
rerks Travemünde mit 2790 Mozu streichen und dementsprechend 
Jen Betriebsverlust von 3595 Mäauf 805 Mäherabzusetzen, 
uzustimmen; es muß bei der Einstellung des ursprünglich vor⸗ 
esehenen Betrages verbleiben, da seine Finstelluna durch das 
hesetz vorgeschrieben ist. 
Eodaun leilt der Senat mit, daß er noch einige kleine Aen⸗ 
verungen am Haushaltsentwurf hat vornehmen müssen und be⸗ 
nerkt des weiteren zum Antrage des Bürgerausschusses, den 
ür „Nachträgliche Bewilligungen“ vorgesehenen Betrag von 
O0o 000 Mäauf 175 000 Miherabzusetzen, daß er diesen Betrag 
ruf Grund der gemachten Erfahrungen an sich für zu niedrig 
jemessen erachten muß, da der Betrag von 175 000 M selbst bei 
Beobachtung der allergrößten Sparsamkeit kaum ausreichen wird. 
der Senat will jedoch zurzeit seine Bedenken zurückstellen und 
dem Vorschlage des Bürgerausschusses nicht entgegentreten. 
Zum Antrag des Bürgerausschusses, den für „Volksschul⸗ 
zauten“ vorgesehenen Betrag von 1858 200 M auf 100 000 V 
zerabzusetzen, bemerkt der Senat: Bereits im vorigen Jahre 
at der Senat nachdrüclich betont, daß es sich dringend emp⸗ 
sehlt, einen Betrag von 100 000 Mufür Volksschulbauten all— 
ährlich in das laufende Budget einzustellen. Nachdem dieser 
Betrag im vorigen Jahre auf die Initiative der Bürgerschaft 
in im Budget in Wegfall gekommen ist, wird die Einstellung 
Jon 100 000 Mäim Etatiahr 1911 unmöglich ausreichen, zu⸗ 
nal verschiedene Schulbauten, insbesondere der Bau der Schule 
n Schlutup, nicht länger aufschiebbar sind. Der ursprünglich 
mgeforderte Betrag von 155 200 Mstellt mithin das Minimum 
dessen dar, was voraussichtlich im Etatsjahr 1911 für Schul— 
zauten erforderlich sein wird. Ter Senat will jedoch zurzeit 
eine Bedenken gegenüber dem vom Bürgerausschuß in Vorschlas 
gebrachten Betrag auch hier zurüdstellen, muß aber schon jetzt 
ru hinweisen daln reb cFadanun ⸗ine vorläufioe Anweisung 
— — — — 
aufhören wollte, Herrn Intendanzrat Kurticholz zu rufen, 
im ihm den gebührenden Dank abzustatten. Leider blieben 
Ile Hervorrufe erfolglos, so daß schlieblich neben unseren 
inheimischen Kräften und den beiden hervorragenden Gästen 
ur die dem Buhnenleiter am nächsten stehenden Kunstler⸗ 
zerr Kapellmeister Pfeiffer und HSerr Oberregisseun 
Islaub, sich den begeisterten Zuhörern immer und immer 
vieder zu zeigen hatten. Alle eeere schienen in 
eltener Weise angeregt und befriedigt. eber Herrn Penn a⸗ 
inis Kunst noch etwas zu sagen, erübrigt sich; dieselbe gibt 
ich so selbstverständlich, daß wir oft ganz ver gessen, welch. 
roße künstlerische Leistung es eigentlich war, der wir bei⸗ 
vohnten. Dem hier in Lübecdk schon ganz heimisch gewor⸗ 
enen Sänger gebührt wärmster Dank für seine Unterstützung. 
In Frau Rufi von Szekrsényels, die die Partie der 
Zrümhilde übernommen hatte, stellte sich uns eine höchst be⸗ 
ichtenswerte Künstlerin vor. Im Anfang wollte bei uns 
ie Erinnerung an ihre geniale Vorgängerin Frl. Kahlern 
ie mehr die Heldenjungfrau als das liebende Weib be⸗ 
onte, nicht recht weichen, doch war ihre großze Schlußszenen 
in der Leiche Siegfrieds gesanglich wie darstellerisch so be⸗ 
eutend, daß wir den begeisterten Hervorrufen nur 9 
fimmen konnten. Der große, volle Ton ist edel —2 
imd kommt besonders in der höheren Lage und im Affekt zu 
chönster Wirkung. Der⸗Ausgleich mit der etwas schwächeren 
heittellage dürfte nicht allzu schwer zu erreichen sein. Eine 
tattliche Erscheinung und schöne Bewegungen unterstützen die 
Zangetin auf das Voͤrteilhafteste. Berr Vollmer, der uns 
n der Rolle des finsteren Hagen neu war, leistete wie 
mmer Tüchtiges. Seine grobe Routine ist für unsere Bühne 
janz besonders wertvoll. Das Orchester, dem eine so große 
ufgabe in der „Götterdämmerung“ geltellt ist, wußte unter 
der Leitung seines intelligenten Leiters, Herrn Kapellmeister 
bfeiffer, die volle Aufmerksamkeit des Publikums auf 
ich zu lenken. So sehr es sich den zarten Momenten au« 
chmiegte, so kraftvoll illustrierte es die ernsten Episoden, 
wie beispieisweise den Trauermarsch, der in machtvollen, er⸗ 
reifenden Tönen ausklana. Die Erinnerung dürfte sich noch 
ange mit den Göttern und Helden beschäftigen und dauk⸗ 
zarlichst ihrer Vertreter gedenken au Stiehbl
	        
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