ehmen und auch auf nicht ganz brauchbaren Schifsen in See
ehen. Wir haben in der neuen Seemnagungordnung auch die
heder haftbar gemacht, aber Strafen von 1000 A pegen Ueber—
resung der Vorschriften zur Verhütung von Seeunföllen fallen
berhaupt nicht ins Gewicht. In letzter Jeit ist man allerdings
egen die Rheder etwas schärfer vorgegangen. Eine durchgreifende
Zefserung auf diefem Gebiete, verspreche ich mir von der Errich-
una nes Reichsschiffahrtsamts. Warunm dollte diese
Finrichtung dei uns numöalich sein, die in England möglich ist?
Hurch Vertuschung und Ableuanung der Schäden, erreichen wir
nichts. Wollen wir Vertrauen zur Schlffahrt, erhalten und aus—
auen. jo müssen wir dem Vorbilde Enalands solgen. Den Scaen
er deutichen Schiffahrt verstehe ich als Hamburger am besten.
Aber ich meine, wir dürfen nicht einer einzelnen Serberufsgenossen-
chaft die annxe Verantwortung überlassen. (Beifall.)
Abg. Molkenbuhr Soz.): Wer zu Argumenten greisen muh,
bie deni, daß es Unfälle auf der See geben müsse, so lange Schiss-
ahrt getrieben werde, und wer dem Hanle die funkelnageineue
Vahrheit mitteilt, daß das Wafsser keine Balken hat, mit dessen
shrigen Argumenien muß es in der Tat nicht weit her sein. So
ange der Kapitän von der Laune des Rheders abhängig ist und
eine Stelle verlieren kann, wenn er gegen das Geldinteresse des
Rheders verstößt, so lange ist es recht billig, dem Kapitän die
Schnuld an den Unfällen beizumessen. Das Fehlen von Läumas—
chtten und anderen Sicherheitseinrichtungen
nuß doch sofort auffallen. FJür den Verlust der drei Sloman—
dampfer wurde das schwere Wetter in der Biscaya-Bucht ange-
ührt, wodurch 11 Schiffe verloren gegangen wären. Damit wird
doch nicht widerleat, daß es sich hier um sehr alte, nicht erst
lafsige Schiffe aehandelt hat. Wir klagen nicht lowobl die See⸗
erufsgenossenschaft als die Regierung der Nachlässigkeit in der
Frareifuna von Maßregeln gegen diese Mißstände an. Auch aus
dem Schreiben des Germanischen Lsoyd ist nicht zu entnehmen,
pie die Kontrolle bezüglich der Sicherheit der Schifse vollzogen
»orden ist. Die Behörden für die Unteersuchung, voen Seer
mnfällen haben wir charakteristischer Weise erst infolge eines
sewifsen Druckes von Enaland; der Untergang des Llohddampfers
Deutschland“ gab den Anstoß, und dieser Unfall wurde in Eng—
and untersucht, und die Bearündung der, Vorlage, welche die
euische Seeämtereinrichtung ins Leben rief, saat ganz offen, man
nüsse in Dentschland ein eigenes dexartiges Amt, haben, um die
wensnelt unbequejnen Unfallsuntersuchungen, durch das Ausland
ruszuschließen, d. h. man wollte eigentlich nur das Dekorum
vahren. Nicht uim Rheder zu belästigen, sondern um Unfälle noch
nehr zu vermindern, verlangen wir hier die Staatsaufsicht: und
venn die alten Kasten dann etwas genauer angesehen und aus—
rzangiert werden, so wird die Rhederei vielleicht zu Anfang etwas
veniger fette Dividende geben, aber die Gelamtheit wird den Ge—
pinn haben
Abg Kormaunn« Bremen (F. V.): Ich wundere mich meiner⸗
rits gar nicht über den Ton, den der Regierungsvertreter ange—
chlagen hat; der Ton war die Antwort auf den immer und immer
viederkehtenden Versuch, einzelne Vorfälle zu generalisieren und da—
auf Angriffe zu basieren. Richt Herr Raab und nicht die Redner
ecr äußersten Linken haben den Beweis erbracht, daß die Seeberufs-
enossenschaft ihre dlat vernachlässigt hat. Es ist überhaupt nicht
Zache des Reichstags, solche Dinge in ihren Einzelheiten zu erörtern.
derr Raab hat unserm Schiffs-Oiffizierkorps kein sehr
sutes Zeugnis ausgestellt. In England wird sehr scharf darauf ge—
ehen, daß seenntüchtige Schiffe nicht den Hafen verlassen; im Jahre
909/10 wurden 20 Schiffe aus diesem Grunde aaen aber
arunter war kein einziges deutsches Die Verluste an Mannschaften
ei den Seeunfällen haben in der englischen Handelsmarine im
durchschnitt der Jahre 1907-09 eed etwas mehr als in der
„eutschen betragen; wir stehen also günstiger da als England. Das
Schiff „Maria Ruß“ halte die erste Klasse; was will man da also
zon der Seeberufsgenossenschaft? Bei dem dem Vorsitzenden der
Zeeberufsgenossenschaft gehörigen Eise hat gar kein Versehen vor⸗
gelegen, wie schou en ist. Auch was ein Reichs-Schiffahrts⸗
imt soll, kann ich nicht einsehen. Einem andern Schiff wiuirde .
»em ihm passierten Unfall seine Klasse von dem Germanischen Lloy
mbedenklich erneuert. Man könnie darauf hinweisen, wie viel
Schiffsunfälle mit dem Verlust der drei Slomandampfer zusammen—
rallen; wenn alle über 390 Jahre alten Holzschiffe ausrangiert wür—
den, so würde eine merkliche Lücke in unserer Handelsflotte ent—
tehen. Bei, der Seeberussgenossenschaft hatten sich Mängel einge—
schlichen, die Beamten haben mit Firmen über Lieferungen ver—
zjandelt. Da ist die Berufsgenossenschaft scharf eingeschritten und hat
ie nötigen Verbote im einzelnen erlassen Wir bedauern die Verluste
ze wie alle übrigen Redner, aber wir sind der Ueberzeugung,
daß die Aufsichtsbehörden wie die Berufssgenosß
enschaft das ihrige getan haben und gar kein Anlaß
orliegt, ein neues Reichsamt zu a Dazu können wir unsere
Zustinimung nicht geben, so lange nicht nachgewiesen wird, daß da⸗
urch die Verhälinisse noch günstiger gestaltet werden, als sie jehßt n
Diese Debatte wäre zu vermeiden gewesen, wenn man einiges Ver—
rauen zu der wirklich hervorragenden Arbeit der Seeberufsgenossfen—
chaft gehabt hätte und auch zu den Aufsichtsbehörden. (Beifall.)
Abg. Dr. Semler (nl.): Es hätte gar keinen Sinn und wäre
absolut zwecklos, Fälle, in denen eine Schuld vorliegt, in Schutz zu
ehmen. Solche Fälle kommen in jedem Betriebeée vor.
Es ist nichts abjcheulicher als Dinge zu vertuschen. Mit einer scharfen
leberwachnig bin ich einverstanden, aber nicht daß diese, wie der
Abg. Raab sagt, „selbstverständlich“ durch staatliche Organe erfolgen
uuß. Wir haben alle Ursache stolz zu sein darauf, wie Unsere
die über Deutschland hinaus
hre Pflicht erfüllt, durch ihre Vorstände und Verttauensmänner
»erwaltet wird. Das muß man als geradezu ausgezeichnet anerken—
ien. Ich kann nur den dringenden Wunsch aussprechen, daß man
ins unsere gute, staatlich geordnete Selbstverwaltung beläßt.
Das Kapitel wird bewilligt. Mit Kapitel 10, Statistisches
Anmt, werden verbunden; aus den einmaligen Ausgaben Tit. 18,
Umgestaltung des technischen Betriebs des Statistischen Amtes und
Tit. 29, Kosten für die Vollszählung.
Abg. Frhr. v. Gamp-Massaunen sReichsp.): Die Stati—
tik solsmöglichst vereinfacht werden. Es ist wün—
chenswort, daß das Reich sich darüber mit den Einzelstaaten ver—
tändige, danmit nicht dieselben Materien von der Reichs- und der
dandesstatistik bearbeitet werden. Die einzelnen Statistiken sind
o, wie sie angeordnet sind, wie z. B. die über das Mühlenge—
verbe, garnicht durchzuführen.
Staatssekretär Dr. Delbrück: Den geäußerten Wünschen
verden wir nach Möglichkeit zu entsprechen suchen. Die bestehen—
den Kommissionen, die teilweise aus Parlamentarien zusammen-
jesetzt sind, haben nur vorbereitende Dienste zu leisten. Vielleicht
besteht ein Uebermaß von statistischen Erhebun—
Jen Jedenfalls aber muß eine brauchbare Statistik so aufge—
nacht sein, daß sie auch von auderen Ressorts übernommen wer—
zen kann, die sie für ihre Zwecke verarbeiten. Sie muß prägnante
zahlen heransgreifen und an sichtbarer Stelle bringen. Wir
Jaben unsere Zahlen in jahrelangen Verhandlungen mit den In—
eressenten festgestellt und sind damit in der Lage, ihren Wun—
chen sachgemäß nachzukommen. Wir könnten sonst die technifchen
Fragen des gewerblichen Lebens nicht so beherrschen, daß wir mit
raltischen Vorschlägen kommen würden. Seit Jahren sind wir
cmüht, die Statistiken möglichst zu vereinfachen. Jedensalls
zeigt unsere Arbeit, daß wir den Anregungen des Hanfes goru
Auchzukommen suchen.
Abg. Dr. Roesicke (Bund der Landw.): Eine Produk4-
ziousstatistik unserer Industrie wäre erwünscht,
tachdem der Hausa-Bund sie mit Leidenschaft in den Voörder—
Zzrund gestellt hat. Bisher erscheinen hier auch die Löhne des
Transportgewerbes; diefes prodnziert aber keine Gerfte. Wei
ohnstatistiken fließen die Summen überhaupt ineinander, sodaß
ich nicht feststellen läßzt, wie viel davon auf wirkliche produüktive
rätigkeit entfällt. Außerdem gehören zur Industrie auch viele
bersonen, die im Nebenberuf Landwirtschaft treiben. Diese er—
söhen damit die Wertproduktion der Landwirtschaft. Auf diese
Weise ist die Produktion der Industrie viel zu hoch eingeschätzt
vorden, so neulich durch den Abg. Stresemann, der sie höher an—
letzte, als das gesamte Einkommen in Deutschland. Festnestellt
se ediglich dies Gesamteinkommen und der Wert der landwirt—
chaftlichen Produktivn. Die Anfstellung der letzteren ist durch—
us ehrlich und korrett. Die Industrie würde eine ähnliche,
benso ehrliche Statistik über ihre Verhältnisse mit Freuden be—
ciszen. Es würde sich herausstellen, daß die Landwirtschaft
xiuns die meisten Güter hervorbrintt. GBravo! rechts.)
Abg. Brey (Soz.): Angebracht wäre eine statistische Ueber⸗
scht der gewerblichen Vergiftungen.
Abg. Dr. Doormann (Fortschr. Volksp.): Die Ergeb⸗
isfeder Betriebszaͤhlung sollten möglichst bald fest⸗
estellt werden, damit die Bitwen⸗ und Waisenvexrsicherung in
er Reichsversicherung verwendet werden können. Die Angaben
er Handelsftatiftik treffen wohl kaum zu; dassebe gilt für die
andwirtschaftlichen Statistiken. Fir den aufgebotenen Apparat
nit Sortier⸗ und Zähler-Ausschüffen reicht das tatsächlich vorlie—
sende Material nicht aus. Man sollte die Statistiken nicht ein—
chränken.
Staatssekretär v. Delbrück: Die Wünsche des Vorredners
ind zunn Teil der Ausfluß eines übertriebenen Partikularismus,
er Gespenster sieht und sie mit Hilfe der Presse noch größer
nacht. Es ift richtig, es dauert zu lange, die Ergebnisse un⸗-
erer Statistiken festzustellen. Dagegen kann man mechani⸗
ieren mit Maschinenarbeit, wie es mit qutem Eiser mehrfach im
luslande geschehen ist, und andererseits vereinfachen, indem
asselbe Material nicht mehr üherflüssiger Weise an zwei Stellen
earbeitet wird. Die statistischen Landesämter einzuschranken
der sie zu beseitigen, haben wir keine Mittel. Außerdem würde
s auis praktischen Gründen nicht angängig sein.—
Ministerialdirektor Caspar: Die Anfranen des Abg. Door⸗
naun sind in den Motiven zur Reichsversicherung zumeist aus⸗
eichend beantwortet.
Abg. Schefbeck (Hentr.): Das Statistische Amt sollte auch ein
herzeichnis der größeren Verbände der selbständigen
Bßewerbetreibendemn herausgeben. Die in Privatverlag
rschienenen Ausweise reichen nicht aus.
Abg. v. Czarlinski (Pole; Bei der Volkszählung müß—
en die Polen in Bezug auf die Muttersprache nicht als Deutsche,
ondern als Polen gezählt werden. Zur Feststellug der im Ver⸗
insgesetz verlangten COprozentigen Gleichsprachigen ist es not⸗
vendig, auch in dieser Hinsicht die Polen nicht zu benachteiligen.
Staatssekretär Dr. Delbrück: Die Klagen des Vorredners ge—
ören vor das Abgeordnetenhaus, da die Ausführung der Volks—
ählungen Landessache ist.
Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen. Zur
dieschäftsordnung hemerkt
Abg. Hanssen (Däne), die gleichen Klagen, wie fle die Polen
&ei der Vollszuhlung vorgebracht, hegen auch die Dänen Nord—
chleswigs.
Darauf tritt Vertagung ein.
Präsident Graf Schwerin teilt mit, daß inzwischen folgendes
telegramm des Präsidenten der italienischen Depu—
lertenkammer eingegangen ist:
Die Deputiertenkammer hat mich, einmütig zustimmend, be—
zuftragt. Ihnen, Herr Bräsident, und dem Reichstage tiesen Dank
uszudrücken für die uns bei Gelegenheit unseres ruhmreichen Ju—
iläüms ausgesprochenen Gefühle, die die Bande freundschaftlicher
Solidarität zwischen den beiden Völkern bestätigen und besestigen
verden. Der Präsident Marcora.
Lebhastes Bravo folgte der Verlesung dieses Telegramms. Die
ibgeordneten hatten sich mit Ausnahme einiger Zentrumsabgeord—
jeter, erhoben.
Darauf entspinnt sich eine Geschäftßsondnungsdebatte,
n der der Abg. Gyßling verlangt, daß die Kalidebatte nicht
norgen zu Beginn der Sitzung vorgenommen werde. Der President
tellt den Beschluß dem Hause anheim. Das Haus beschließt ge⸗
näß der Anxegung des Abg. Gyßling.
Nächste Sitzung Sonnabend 11 Uhr: Fortisehung der heutigen
Beratung.
Schluß 84 Uhr.
S,,e, ä.
Preuischer Landtag.
Abgeordnetenbhaus.
M. Sitzung.
Berlin, den 17. März.
Am Ministertisch: v. Trott zu Solz.
Präsident v. Kröcherr eröffnet die Sitzung um 114 Uhr.
Zunächst wird der schleunige Antrag der Abga. Borgmain
Soz.) u. Gen. das gegen den Abg. Dr. Liebrnecht beim
chrengexicht der Anwaltskammer zu Berlin schwebende Verfahren
är die Dauer der Session einzustellen, auf Autrag des Abg.
dirsch Soz.), dem fich Abg. v. Braubenstein (k.) anschließt, der
Beschäftsordiungskommission überwiesen.
Hierauf wird die zweite Beratung des
Kultusetats
»acini Kapitel Höhere Lehranstalten fortgeseht.
Abg. Siebert (k.)! Wir stimmen im wesentlichen dem Stand⸗
unkt zu, den die Unterrichtsverwaltung in der Büdgettommissfion
n der Frage der höheren Lehranstalten eingenommen hat. Wir
ind mit der Zunahme der Reformschulen ebenso einverstanden, wie
air erfreut sind über die Beibehallung der humanistifchen Gym—
asien. Für die Bürgerkunde solllen keine befonderen Umter.
ichtsstunden eingeführt werden, sondern diese Belehrung follte
ei Gelegenheit anderer Unterrichtsfächer miterfolgen. Jedenfalls
biirden wir es entschieden mißbilligen, wenn die Schiler inm die
olitischen Kämpfe, wenn sie in Stadtverrfammlungen oder gar
ohwurgerichtsverhandlungen eingeführt würden. Um den ideglen
zinn der Jugend zu wecken und zu pflegen, sollten ihr die natio—
alen Festspiele zugängig gemacht werden. Ich bitte die Unter—
ichtsverwaltung, dem Antrag Viereck ft) ud de stattzugeben,
opnach guf das Pensionsdienstalter der Dberlebrer,
omeit eine Dienstzeit vor dem Jahre 1682 in betracht kommt, die—
enige Hilfslehrerdienstzeit anzurechnen ist, während derer der Hilfslehrer
n einer öffentlichen Lehraustalt fortlaufenden Unterricht erteili hat.
edauerlich ist es, daß von den preußischen Gymnasfien die Schuler
us den übrigen Bundesstaaten gls Äusländer angefehen wer—
en. Man sollte doch die nationale Errungenschaft der deutschen
inheit, die wir seit 10 Jahren haben. auich in dieser Frage be⸗
ücksichtigen. (Beisfall.)
Abn, Dr. Hesßz (Itr.): Den Bestrebungen der Realschune
sehen wir durchaus sympathisch gegenüber. Wir legen aber den
rößten Wert darauf, daß dem Humaniftischen Gymnasium in
iner Weise Abbruch geschieht. Die humanistische Bil—
unag bietet ein Gegengewicht gegen den allgemeinen Realismus
nserer Zeit der keineswegs unmer erfrenliche Erscheinungen ge
eitigt hat. Für die Kurzstunde, die auf 15 Minuten bemeifen ist,
in ich nicht eintxeten, weil dadurch dem Unterricht zu viel Zeit
itzonen wird. Die städtischen Anstalten des Westens, inzhe—
indere in Westfalen, müssen besser subventioniert werden. Ueber
ie neue Dienstanweisung für Direktoren und Oberlehrer ist das
irteil der Fachpresse durchwen wohlwollend. Die einheitliche
degelung, der dienstlhichen Verhältnifse der
chrer an den höheren Schulen ist von grofzer Bedeutung, sie
ildet gewissermaßen eine Ergänzung au der Gleichftelluug der
berlehrer mit den richterlichen Beamten. Es haändelt sich hier
m die Einführung eines neuen frischen modernen Geistes in die
schnlverwaltung. Tem städtischen Kuratorium dürfen gewiffe
kdechte über die höheren Schulen nicht vorenthalten werden. Durch
ie neue Dienstinstruktion wird beiden Teilen das gegeben, was
men zukommt. Die allgenteinen Grundfätze, die der Dienst—
istruktion vorausgeschickt sind, finden unseren vollen Beifall.
cach diesen Grundfätzen soll ein Kammf gegen Schematismus ge⸗
ihrt, der einzelne soll nach seiner Perfönlichkeit berrertet und
ie Schüler zur Gottesfurcht und Vaterlandsliebe eravnen werden.
Beifall.)
Abg, Dr. Maurer (nath.): An den Oberrealschulen sollte das
ateinische fakultativ gelehrt werden. Wir wünschen Freiheit der
ntwicklung im höheren Schutwesen; diese Schulen sollten keine
ressuraustalten sein. Der Minister hat es in der Konmission
8 unbedenklich bezeichnet, wenn Lehrer unterrichten, die den
doderzisteneisd geleiftet haben, denn sie seien au den staat—
chen Lehrplan gebunden. Würde das allgemeine Auffassung,
ann wäre es mit der Freiheit der Jugenderzieher vorbei. Von
Ir vor 10 Jahren in Augriff genommenen Schulreform ist
ehr wenig zu merken. Die Kandidaten für das höhere Lehrfach
rziissen qzündlicher an den Univerfitäten ausgebüdet werden. Wit
aben zu viel kathorische Lehrer für Deutsch und Geschichte. ßB
bir nureine Schri,ft, die die lateinische sein müßte, hätten,
ann hätten wir Platz für die Stenographie.
Abg. Viereck (freikons.): Wir erwarten, daß das Gymnasium
n seiner bewährten Eigenart nicht angetastet wird. Die Be—
echtigungsfrage ist ‚ein Schaden für unsere höheren
Szchulen, da die sachliche Bildung dadurch zurückgedrängt wird.
In der Bürgerkunde können die Schüler beim Unterricht in
deutsch und Geschichte unterwiesen werden. Von, der deut-
chen Schrift würde ich mich ungern trennen, aber es ist ein?
alsche Ansicht, wenn man glaubt, daß die Frakturschrift unsece
mgestammte Schrift wäre; sie ist erst im Mittelalter zu uns ge—
ommen. Der Reduer begründet seinen bereits erwähnten, von
llen bürgerlichen, VPartrien unterstützten Antrag betr. Anxech-
ung der Hilfslehrerdienstzeit von 1802 auf das Pen—
ionsdienstalter.
Mit zur Beratung steht ein von denselben Varteien unter—
tützter Antrag Viereck u. Gen., wonach bei einer Anzahl von
vheren Lehranstalten der östlichen Feepaet die russiscche
3prache anstelle der englischen als fakultativer Unterrichts-
jegenstand in den Lehrplan aufzunehmen ist.
Kultusminister v. Trott zu Solz: Die Unterrichtsverwaltung
st bestrebt, die öffentliche Kritik aufmerksam zu verfolgen und ihr
stechnung zu tranen, wenn das von der Kritik Gewollte, aut und
zweckmäßig ist. Ueber die Erhaltung des humanistischen
Bymnafiums habe ich mich schon in der Kommission aus—
esprochen. Die Zunahme der Realschulen tut ihm keinen Abbruch.
vir muͤssen an den verschiedenen Thpen der höheren Schule fest⸗
aiten. Deshalb habe ich mich auch dagegen ausgesprochen, den
verrealschulen den fakultativen Lateinunterricht zu geben. Wir
zollen, daß an den höheren hey Ordnung und Sitte herrschen.
ber keine engherzige Disziplin Platz greift. Freie Regungen
vollen wir nicht unterbinden. Deshalb hahen wir bei unserer
dienstinstrücktion darauf gesehen, daß die Direktoren, die
in der Spitze der Anstalten stehen, eine entsprechende Stellung
aben. Sie sollen aber nicht bei jeder Gelegenheit den Vorgesetzten
erauskehren, sondern den Lehrern gegenüber sich auch als Kolle—
en fühlen. Echr richtig Zur weiteren Fortbildung der Lehrer
ind besondere Kurse in Berlin, Bonn, Göttingen, Breslau und
inderen Städten eingerichtet. Rußerdem ist für naturwissenschaft⸗
iche Ausbildung au der Boologischen Station in Neapel Ge—
egenheit gebbten. Das Bexrechtigungswesen mist in der
Tat eine schwere Last für die höheren Lehränstalten. Wir müssen
ins aber damit abfinden und die Nachteile einigermaßen auszu⸗
leichen suchen. Den Rektoratsschulen, die sich in Westfalen und
er Rheinprovinz eingebürgert haben, will ich nicht entgegentreten,
ch kann mich aber nicht dazu entschließen, den Abiturienten dieser
zchulen den Uebergang in die höheren Schulen zu erleichtern. Die
einterweisung in der Bürgerkunde kann im Geschichtsunter—
icht, im deutschen Unterricht und auch beim Unterricht in den
lten Sprachen und der Geographie erfolgen. An den höheren
Zchulen soll T die körperliche Erziehung gepflegt, es soll die Lust
im Wandern, Segeln, Rudern bei der Jugend gefördert werden.
Ich werde auch dafür sorgen, daß Uebertreibungen in dieser Rich—
— Neden werden, daß das richtige Maß gehalten wird.
Beifall.
Geheimrat Tillmann: Ich bitte um Ablehnung des Antrags
Viereck betr. die Hilfslehrerdienstzeit. Bei der Regelung
ieser Angelegenheit hat die Regierung seinerzeit nach den In—
entionen des Hauses gehandelt.
Abg. Eidhhoff (Vpt.)) Die Dienstanweisung für
direttoren und Oberlehrer hat uns im allgemeinen be⸗
riedigt. Allerdiägs steht die Disziplinarbefugnis der Direktoren
gegenüber den Lehrern mit dem modernen Geist der Zeit im
Widerspruch Auch das Beschwerderecht der Oberlehrer ist durch⸗
uus unzureichend.
Geheillrat Schultz bittet ebenfalls um Ablehnung des An⸗
rags Viereck. Die Unterrichtsverwaltung hat bei der Anrech⸗
iung der Dienstzeit der Hilfslebrer stets ein weites Entgegen-
ommen gezeigt. Der rechtliche Standpunkt der Regierung ist
manfechtbar.
Abg. Styozynski (Pole) beschwert sich über die Ausschaltung
d Iusorvihrd im Polnischen an den Gymnasien des
Dstens.
Abg. Dr. Lirbknecht (Soz.): Für die höheren Lehranstalten
verden erhebliche Mittel aufgewandt, für die Elementar⸗
chulen herzlich wenig. Das ist erklärlich, da die Besitzenden
hre Kinder in die höheren Schulen schicken. Der Minister ver—
veigert der proletarischen Jugend den Turnunterricht. Das iss
ine Mißachtung des Gesetzes. (Präsident v. Kröcher ruft den
dedner zur Ordnung.) ,Wir werden die Mittel für die höheren
dehranstalten nicht bewilligen.
Aba. Dr. Glattfelter (Fentr.);: Die Zahl der katholischen
dehzgexr an den höheren Lehranstalten soll zugenommen haben.
Die Befürchtung ist aber unbegründet, daß mehr evangelische
inder von katholischen Lehrern unterrichtet werden als katholi⸗
che Kinder von evangelischen Lehrern.
Die Bejsprechung wird geschlossen. Die Ausgaben für Au⸗
talten guf Grund rechtlicher Verpflichtung werden bewilligt. Die
beiden Anträge Viereck werden angenommen.
Ze Weiterberatung wird dann auf beute abend 728 Ubr
ertagt.
Schluß 5 Uhr.
—— —
PIí
Abendsitzung.
Am Ministertisch: v. Trott zu Solz.
Der Präsident eröffnet die Sitzung um 78 Uhr.
Die Beratung des Kultusetats
vird beim Kapitel höhere Lehran e Uten fortgesetzt. Zu⸗
nächst werden Spezialwünsche vorgebracht.
Abg. Hoff (Vpt.) spricht sich für Herabsetzung der Anzahl
der Pflichtstunden bei den Vorschullehrern aus.
Abg. Graf Maoltke (freikons.) wünscht den Ausbau des Pro-
ymnasisiums in Blankene'; in eine Vollanstalt.
Abg. Viereck freitons.) betont die Notwendigkeit der Aus—
uildung der Beamten im vraktischen Gebrauch der russischen
zprache in den östlichen Provinzen.
—
kussische in Danzig, Bromberg und Beuthen. Große Schwie—
igkeiten ergeben sich bei der Beschaffung von Lehrern des
tnssischen. Wir sind aber bereit, die Anregung in Erwägung
nziehen.
Der, Antrag der Budgetkommission auf Pflege des
sussischen in den höheren Lehranstalten der östlichen Pro⸗
inzen wird angenommen.
Abg. Schmitt-Düsseldorf 33 warnt davor, daß ein Buch
ines Düfseldorfer Brofesfors, „Augewandte Geschichte
er Erziehung zum politischen Denken“, melches eine schroife
intikatholische Tendenz habe, in die Hände der Lehrer und
-zchiler komnit.
Geheimrat Köpke: Das Buch wird nie Schulbuch werden.
Für die Unterrichtsverwaltung liegt kein Anlaß vor, zu dem
zuch Stellung zu nehmen.
Bei den Ausgaben für die höheren Mädchenschulen
ordert v
Abg. Graf Elairon d' Haufjonville gesetzliche Regelung des
Privatschulwesens. ..
Abg. Dr. Kaufmannu (Zentr.) beüßt die Entwigelung des
zöheren Mädchenschulwesens. Die Stadienanstalten sollten nun
voun geistig hervorragenden Mädchen besucht werden.
Abg. Ernst (Bpt.) hält die Gehaltsverhältnisie der Lehrer
mid Lehrerinnen an den höheren Mädchenschulen für unzus
eichend. 9
Bbg. Felisch (kons.): Wir wünschen einy Allersversiche rung
der Privatlehrerinnen anf geseßzlicher Grundlage.
Die ordentlichen Ausgaben, des Kapitels werden bewilligt,
das Extraordingrinm wirn nach kurzer Devatte genehmigt. Damiit
st die zweite Beratung des Kultusetats erschöpft.
Sonnabend vormittag 11 Uhr: Etat des Ministerinms dev
umswärtigen Angelegenheiten; 1. und 2. Beratunng des Aus—
hruugsngesetzes zum Reirhs-Wertzumachsstrnergeseß; Etat d
Finanzminijterinms. Schluüsz nach 114 Uhr.