Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

Deutscher Reichstag. 
449. Sitzung. 
Berliu, den 16. März. 
Am Bundesratstische: Staatsselkretär Delbrück. 
Die Spegialberatung des Etats für das 
RNeichssamt des Innern 
din pen fortdauernden Ausgaben bei den Allgemeinen Fonds 
ortgesetzt. 
Abg. Dr. Pfeiffer (3.): Ueber die fortschreitende Ausgestaltumg 
ind Bereicherung der Summlungen des Germanischen Mu— 
eums in Rürnberg kann man nur vollauf zufrieden sein. Erheb— 
lichen Staub aufgewirbelt und namentlich in Rürnberg Beunruhi— 
gung hervorgerusen hoben aber —B der Gemäldegalerie die 
Zentralisations-Vestrebungen des neuen Virektors v. Tschudi. Mehr 
ind mehr setzt sich die Ueberzeugung durch, daß auf diesen Kunst- 
jebieten die Dezentralisation dem dunstieben der Allgemeinheit 
rützlicher ist als die Zentralisation. Bei dem Bilder-Austausch ist 
»as Germanische Museum nicht zu kurz gekommen. Die Bundes— 
taaten sollten in freundnachbarlichen Meinungsaustausch darüber 
eintreten, wie es mögtich wäre, eine ähnliche Museumspolitik für ganz 
Deutschland durchzusführen, damit die Wegnahme von Kunstobjelten 
aus Süddeutschland nach Norddeutschland und umgekehrt vermieden 
wird. In preußischen Samnmlungen würden manche für Bahern 
inschätzbare und unersetzliche Kunstgegenstände und Kunsidenkmöäler 
yöllig wertlos sein. Eine richtige Heimatpolitik muß auch die Schön⸗ 
seit der Heimat schützen, sie muß das R Moment durchaus 
erücksichtigen. Aus diesen Grunde muß auch die ausgeschriebene 
donkurrenz für das Bismarck-Dentmalbei Binderbrück 
auf Bedenken stoßen. doe die Renovierung des Rathaussaales in 
egensburg sollte das Reich die geplante Lotterie genehmigen. 
Abg. Gräfe- Weimar (W. g befürwortet die Annahme einer 
Refolution, durch die der Aufführuug von Nationalfest⸗ 
plevten für die deutsche Jugend in Weimar eine Unterstühung 
m Betrage von 10 000 AM. von ee wegen zugeführt werden soll: 
zie Festspiele, deren Wert für die Bildung der Jugend unbestritten 
ei, würden dann in größerem Maßstabe aufgeführt werden können. 
Im Auslande habe das Unternehmen bisher mehr Sympathie und 
interstützung gefunden als in Deutschland Ae und gerade die 
deutschen Auͤsländer, die die Festspiele von 1909 mitangesehen hat— 
en, seien davon enthusiassmiert gewesen, wie ein Bericht der deutschen 
vSchule in Antwerpen beweise. 
Abg. Dr. Pfeiffer: Der Optimismus des Antragstellers ist 
doch wohl etwas verfrüht, denn wir haben noch gar keine Sicherheit, 
ob die 10 000 M vom Reiche qu erlangen sind. Ich würde das lebhaft 
bedauern. Man hat in der Kritik der Festspiele darauf hinge— 
wiesen, daß in nationaler Beziehumg manches übertrieben gewesen 
sei; nun, man soll über solche Schülterspaziergänge nach Weimar 
icht allzu tragisch denken. Allerdings Idben Siegfrieds Gedanken 
iber Canossa und den schwarzblauen Block dort Vvyon zu suchen; man 
soll die Tagespolitik davon fern halten. Man soll aber andexerseits 
ben ärmeren Schülern, den Kindern der minderbemittelten Klassen, 
ꝛrmöglichen, diese Festspiele zu besuchen. 
Abg. Dr. Heckscher (Fortschr. Vollsp.): Ich meine, wir haben 
es bisher nur mit einer Aeußerung des Reichsschatzsetretärs zu tun, 
dah aus den Dispositionffonds die Summe nicht hergegeben 
werden könne. In der Kommission habe ich über dle Begrün— 
dung des Schiller⸗Bundes gesprochen und dargetan, daß 
er aus einer gewissen Not der Zeit hervorgegangen ist. 
Die seinsten Köpfe haben sich gefragt, wie man der Schmutz⸗ 
riteratur am wirksamsten entgegentreten könne. Da ist man 
iuf den Gedanken gekommen, die deutsche Jugend am Urquell 
»eutscher Vildung und Kultur zu versammeln. Auf die Jugend 
nüssen die großen geschichtlichen Erinnerungen in Weimar einen 
zroßen Eindruck machen. Regierung und Parlament sollten an 
‚ziesen Bestrebungen Anteil nehmen durch Bewilligung einer 
Zumme, sei es aus einem Dispositionsfonds oder sonstwie. Man 
nönge politische oder geistige Kämpfe führen, aber in der Förde— 
rmig der Jugend nicht bloß der höheren Schulen, sondern auch 
der Seminare und Volksschulen sollten alle Parteien einig sein. 
Von diesen Dingen muß sich die Politik fernhalten. Ich bitte also 
die Herren aus Weimar, die Mahnung des Abg. Pfeiffer zu be⸗ 
zichten. Im übrigen soll man nicht gleich Mörder und Diebe 
eufen, wenn Mädchen und junge Burschen zusammen spazieren 
gehen. Das ist doch die schöne Zeit der ersten Liebe (Heiterkeit). 
dafssen Sie uns also durch einstimmige Annahme der Resolution 
sem Lande und dem Auslande zeingen, daß wir die deutsche 
Jugend durch die Pflege der Kunst zum späteren Lebenskampfe 
tärken wollen. Geifall.) 
Ueber die Resolution wird bei der dritten Lesung abgestimmt 
verden. 
Bei den Ausgaben für den wettertelearaphischen 
Dien st reat 
Abgß. Tr. Pfeiffer die Errichtung eines Observatoriums 
n Bahern an, die nach der Ansicht des bayrischen Kultus⸗ 
ninisters eine Reichsangelengenheit sei. 
Bei dem Beitrag zu den Kosten der Internationalen Organi—⸗ 
ation für Luftschiffahrt, (83000 M) weist 
Abg. Baffermauns(nl.) auf den großen Rutzen dieser Organi⸗ 
sation sür wissenschaftliche Zwecke hin und spricht die Exwartung 
aus, daß bei der zunehmenden Bedeutung der Luftschiffahrt die 
Pofition von 8000 A im nächsten Jahre bedeutend vermehrt wer⸗ 
den müßte. Audere Staaten, wie Amerika und Frankreich, unter⸗ 
tützten diese Bestrebungen durch viel höhere Mittel, wie im 
renßischen Abgeordnetenhause neulich nachgewiesen worden sei. 
Im vergangenen Jahre sei eine Resolution angenommen worden 
ezüglich der Errichtung einer Reichssanstalt für Lüft- 
chiffahrt in Friedrichshafen. Wie weit sei die Sache ge⸗— 
diehen? Die Reichsregierung sollte der Aviatik ibr mubswndees 
Interesse schenken. (Beifall.) 
Abg. Frhr. v. Richthofen (kons.)!: Die vorjährigen Verhand— 
sungen standen unter dem traurigen Eindruck des Unfalls eines 
mserer Kollegen. Eine Reichsanstalt im Sinne der vorjährigen 
Resolution halte ich nicht für nötig. Sollte sich eine solche Orga— 
aisation bilden, so fönnte sie subventioniert werden. 
Staatssekretär Fe Delbrück: Ich habe im vorigen Jahre darauf 
zufmerksam gemacht, daß die Sache nocht nicht hinreichend ge⸗— 
lart sei. Ich habe nun mit den preußischen Ressorts verhandelt, 
and diese Verhandlungen haben ergeben, daß alle Beteiligten 
zarüber einig waren, daß eine Zentralstelle sowohl zur 
Jörderung der Aviatik wie des lenkbaren Luftschiffes unter allen 
jmständen notwendig ist. Ueber die Einrichtung selbst sind 
die Meinungen weit auseinander gegangen. Es ist darauf hinge— 
viesen worden, daß ein Teil dieser Aufgaben schon von unseren 
echnischen Hochschulen in Angriff genommen ist, daß ein weiterer 
Teil der Aufgaben zweckentsprechend durch die Bundesstaaten ge⸗ 
öst werden könnte und sollte, daß endlich die Industrie in ihrem 
igensten Interesse zur Teilnahme an der Lösung dieser Aufgabe 
berufen sei. Ein fester Oraanifationsplan wird ausgearbeitet und 
in nicht allzulanger Zeit vorliegen; exst dann, wenn man weiß, 
vas und mit welchen Mitteln geschaffen werden soll, wird man 
die Sache weiter verfolgen können. Daß eine Reichsaustalt nötig 
el, halte ich heute wie im vorigen Jahre nicht für wabrscheinlich- 
ch meine, die Vercinigung der Interessenten und Förderer mird 
hinrrichen, und es könnte eventuell nur in Frage kommen, daß 
jas Reich eventnell Beiträne laufend oder für einzelne bestimmte 
Zwecke leistet. Im übrigen bin ich mit dem Abg. Bassermann 
narin einverstanden, daß Private und Behörden alles tun müssen, 
daß Deutschland auf diefsem Gebiet vom asland nicht überflügelt 
nird. 
jJu den Ausgaben für die Förderung der See— 
fischerei lieat folgende Resolution der Deutsch-Sanservativen 
—XR 
Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, geeignete Maß⸗ 
iahmen zu ergreisen, um 1. beschlcunigt eine Vercinbarung der 
eutschen Ostsee-Nierstaaten über gemeinsame vpolizeiliche Vor— 
schriften zur Regelung der deutschen Ostseeküsten⸗ 
Fischerei und zum Schntze des Fischbestandes an der deuts 
schen Ostseeküste und über eine zweckmäßige Gestaltung der 
Fischerei-Nufsicht herbeizuführen; 2. ein internationales Ab⸗ 
pmmen über die Befischung der Ostsee unter sämtlichen Ostsee— 
Uferstagaten auzubahnen. 
Abq. Dr. Tröscher (kons.): Das Thema der Resolution ist 
eigenttlich Suche der Einzelstaaten aber da das Reich eine ganz be⸗ 
rächtliche Sunme zur Unterstützung der Seefischerei ausgeworfen 
jat, so hat das Reich ein exhebliches Interesse daran, die Fischerei 
nallen ihren Zweinen leistungsfähig zu erhalten. Die Hochsee⸗ 
und die Küstenfischerei liefert den geeigneten Ersatz für unsere 
ri38wrine: wir haben also schon vnn diesem Gesins- 
— 
punkte aus alle Ursache, namentlich auch unsere Küstenfuscher-Be—- 
bölkerung gesund und leistungsfähig zu erhalten. Im Laufe der 
letzten Jahre haben sich nun die Klagen der Küstenfischer 
au der Ostsee über Gefährdung ihrer Existenz gehäufst. Ebenfo 
ind die Wünsche wegen anderweiter Regelung auch der Beauf 
ichtigung der Küstenfischer immer stärker geworden: von Rügen 
zis Cap Skangen stimmen alle Fischereivereine in diesem Verlangen 
iberein. Der Zuzug der östlichen Fischer nach dem Westen steigert 
Aie Intensität der Befischung im Westen. Es sind Petroleum— 
notoren in die Segelschifferei eingeführt worden, und der Fischer 
uird dadurch bewenglicher gemacht, aber ebenso weorden die Fisch 
estände geiährdet. Wir wollen nicht die Gewerbefreiheit irgenn 
eie antasten; aber eine polizeiliche Regelung bezüglich der Fisch 
nengen, die eingriangen werden dürfen, muß stattfinden, und fie 
vürde zweckmäßig geschehen durch die Vorsschrift eines 
Nindestmaßes für die Fanggeräte. Der Deutsche See— 
ischereiverein hat über die Frage gesetzlicher Regelung der Ostsee⸗ 
ischerei umfassende Erhebungen angestellt; es lassen sich hestimmte 
torschläge machen, es fehlt nur an der Auregung zum ersten 
zchritt. Erforderlich ist zunächst eine Vereinbarung unter den 
ämtlichen deutschen Ostsee-Uferstaaten. Eine Vereinbarung muß 
urch Vertreter der verschiedenen Regierungen ersolgen. Der 
deichskanzler könnte mit den beteiligten Staaten eine Konfe— 
enz einberufen oder sie selbst einberufen. Von Reichswegen 
irelt kann die Sache nicht geregelt werden. Alle Fischer, auch die, 
ie vielleicht von einer solchen Vereinbarung einen Schaden hahen 
önmnsen, halten eine solche Regelung für notwendig. Den Reichs⸗ 
anzler bitte ich, sich mit der Militärverwaltung in Ver— 
indung au setzen, um in den Mannschaftsküchen und Untexo⸗fi⸗ 
ierkantinen die Seefischkost einzuführen. Die Eisenbahn⸗ 
rachten für Seefische find iag erfreulicherweise auf die Hälfte her—⸗ 
baesetzt worden. Dem Staatssekretär empfehle ich das Studiuem 
eines Buches über die Hochseefischerei von Alsessor Goldschmidt in 
Berlin. Geifall rechts.) 
Abaqg Erzberger (Ztr.): Meine politischen Freunde werden 
für die Resolution Dröscher stimmen. Es handelt sich hier um 
ein wentables Kapital. Mir ist ein Korb vorzüglicher Hexinge 
on einer Hochseefischerei⸗Gesellschaft zugesandt worden. Das 
Hefühl der Dankbarkeit führt mich auf die Tribüne. Die Förde— 
rung der Hoch leefischerei ist zugleich eine Förderung des 
Nittelstandes. Fünf Sechstel der Fischerei rekrutiert sich aus den 
sreisen des Mittelstandes, der kleinen Leute. Meiner voriähri— 
gen Auregung auf Subventionierung der Bestrebungen auf Ver— 
indung der Fischerbote mit drahtlosen Telearaphen— 
ztationen ist exfreulicherweise auf fruchtbaren Boden gesällen. 
en, Holland und England sind in den letzten Jahren gewaltige 
nstrengungen gemacht, um die Hochseefischerei weiter zu kräftigen. 
benso ist es mit Schweden, Dänemark und Norwegen. Die 
finfuhr nach Deutschland wächst von Jahr zu Jahr. Auf der 
indern Seite wächst, aber auch unsere FischereiFlotte. Das 
zahr 1910 hat gegenüber 1809 bereits ein Plus von 248 Fahr— 
eugen. Ich würde es gein sehen, wenn der Fonds etwas erhöht 
vürde, vielleicht könnte man an anderen Fonds dafür sparen. Es 
ind manche Fonds in den Etat hineingekommen, die keine große 
oltswirtschaftliche Bedeutung haben. Das dankenswerte Buch des 
Isessors Dr. Goldschmidt sei dem Studinm empfohlen. Er macht 
erschiedene bemerkenswerte Vorschlüge, von denen, allerdings 
nanche erst nach Jahren, und Jahrzehnten durchführbar sein 
jerden, vor allem empfiehlt er den Zusammenschluß der Fischerei- 
detriebe zu einem Bersicherungspverein auf Gegenseitigkeis 
egrn die aroßen Schäden, die der Hochseefischerei drohen. Ich 
chließe mit dem Wunsche, daß im nächsten Jahre eine Erhöhung 
ieses Titels eintritt. GBeifall.) 
Abg. Dr. Görcke Inl.!: Der Resolution Dr. Dröscher srim— 
nen auch meine politischen Freunde zu. Ich möchte bei dieser Ge— 
egenheit des Mjährigen Jubiläums des Seefischerei-Ver— 
inmns gedenken, und diesem tätigen und nützlichen Verein Glück— 
pünsche aussprechen. Dem Wunsche, mit dem seine Jubiläums— 
Hrift schließt, daß es ihm möglich sein möchte, eine Stiftung zu 
zunsten der Hinterbliebenen der Fischer zu bearünden, kann man 
ich nur anschließen. Die Vorschläge des Assessors Goldschmidt 
erdienen ernste Prüsfung. Er befürwortet u. a. eine Aenderung 
des Prämieniystems durch Einführung einer Fangprämie in 
der Weise, dah auf die Tonne gefangener Heringe 1 bis 1,50 4 
wezahlt werden sollen, was eine Ausgabe von 400 000 bis 600 000 
NRark für das Reich ergeben würde. Wenn er zum Ausgleich eine 
zollerhöhung auf Heringe vorschlägt, so lönnen wir uns damit 
iicht einverstanden erklären, aber man könnte vielleicht Fang- 
rämien von 75 oder 590 3 mit einer Aufwande von 200000 bis 
50 000 A einführen. Die weitere Unterstützung der Beschaffung 
»on Apparaten für drahtlose Telegxraphie lann ich ebenfalls nur 
befürworten. 
Abg. Dr. Hahn (kons.): Die Vorschläge Dröschers sind durch⸗ 
aus zu begrüßen, ebenso wie die vom Abg. Erzberger vorge— 
chlagene Erhͤhung des Reichszuschusses. Wir dürfen auch 
nicht vergessen, daß die Hochseefischerei unserer Marine die besten 
deute stellt. Man könnte der Hochseefischerei auch mit geeigneten 
Frachtsätzen helfen oder vnn damit, daß Seefische nur über unsert 
dochseehäfen nach Deutschland eingeführt werden dürfen. Die 
dontrolle ist hier außerordentlich scharf und gewissenhaft; ich ver— 
nute, daß es in den Auslandhäfen mit dieser samnats poltze lichen 
dontrolle nicht so streng genommen wird. Unsere Fischerei kann 
o wie so wegen der sozialpolitischen Lasten u. dergl. mit der aus- 
ändischen nur schwer konkurrieren. Der inländische Kon— 
um von Seefischen kann zweifellos gehoben werden. Der volks⸗ 
virtschaftliche Wert der Hochseefischerei hat sich für die Küsten- 
jegenden in einem starken Steigen der Einkommensteuer gezeigt, 
on dem indirekten Nutzen durch Frachten usw. gar nicht zu reden. 
Glocke. Vizepräsident Dr. Spa — n bittet, nicht zu sehr ins Ein— 
elne zu gehen.) Die Hochseefischerei hat unbedingt nativnalen 
Vert, das Reiche möge ihr ihr weiter wie bisher seine Unter⸗ 
tützunng leihen. (Bravol rechlis.) 
Abg. Spethmaun (Ir. Vp.): Die Fischer sind der Regierung 
ür ihre Fürsorge sehr dantbar. Leider werden die besten Maß- 
iahmen durch andere der Zollbehörde wieder illusoxisch gemacht 
die Marinebehörden haben unseren Fischern alles Entgegenkom 
ien gezeigt und ich bin beauftragt, hier ihren Dank auszusprechen. 
insichtllich der Versendung von Fischen könnten die rwegischen 
inrichtungen als Muster dienen. Von einem Zol!“ See⸗ 
ische will ünsere Bevölkerung nichts wissen und mit Recht. 
Ministerialdirektor v. Jonquieres: Wenn der Reichstag die 
desolution Dröscher annehmen sollte, wirde der Reichskanzler be—⸗ 
eit sein, mit den preußischen Behörden wegen Veranstaltung einer 
donferenzg ins Benehmen zu treten; es würde dann weiter 
u erörtern sein, ob man mit den übrigen deutschen oder inter— 
ational mit sämtlichen Ostseeuferstaaten zu verhandeln hätte. 
leber den Eisenbahntranusport frischer Seefische haben Erörterun⸗ 
en stattgefunden, die noch nicht abgeschlossen sind. Die Anxegung, 
ie Militärverwaltung für Grweiterung des FischzA,b— 
atzes zu interessieren, fällt in das Gebiet der Propaganda für 
le Erweiterung des Fisch-Absatzes überhanpt. Voraussetzung da- 
u ist, daß die Verkaufs Organisationen so gestaltet sind, daß die 
donsuͤmenten die Fische frisch und billig bekommen. Mit dem 
Fonds, wie ex jetzt im Etat steht, ist ja schwer auszukommen, 
ooffenilich bessert sich die Finanzlage, so daß wir mehr einstellen 
Rinen. WVorsichtige Verwaltung des Fonds ist aber in jedem Falle 
im Wiatze. Die Wichtigkeit der Funkenstationen ertennen 
vr an. Wir zahlen grundsätzlich die Einxichtungskosten, und wir 
nöchten noch mehr, Geld aus unseren Fonds geben, wenn es mög— 
ich wäre; denn diese Funkenstationen dienen der Sicherheit des 
Verlehrs. Das Goldschmidt-Buch haben wir studiert, doch kön⸗ 
nen wir nicht alle Vorschläge acceptieren. Mit den Bauprä— 
mien konnten wir nicht so weit gehen, wie es gewünscht worden 
st. In der Frage der salzbestrenten Heringe sind doch 
lebertreibungen vorgekommen. Die Zollbehörden sind aber zur 
scharfen Koütrolle angehalten worden, so daß Klagen in der 
etzten Zeit nicht mehr laut geworden sind. Was die Gesundheits— 
ontrolle betrifft, so darf sie nicht eine zu große Verzögerung ver— 
inlassen. Ich werde mich vergewissern, ob in Ymiiden ähnliche 
kontrolle stattfindet wie bei uns. Die Anregungen des Nor— 
edners werden geprüft werden. 
Abg. Metzger (Soz,) erklärt die Zustimmung seiner Partei 
uu der Resolutson Dröfcher und weist auf die schlimme Lage der 
dleinfischer hin. Die Teuerung der Fleischpreise habe die 
Bevölkerung immer mehr zum Fischgennß geführt. Diese Volks— 
ahrung durch Zölle zu vertenern, würde ein Unrecht sein. (Ku— 
timmung bei den Soz.) 
Die Resolution Drösscher wird einstimmig angce— 
IV 
Bei Tit. 15, Maßregeln gegen die Reblaus-Krank- 
heiten, erklärt 
Abg. Dr. Dahlem (Ztr.): Tie Handhabung des Reblaus— 
esetzes ist nicht geeianet, Abhilfe zu schaffen, und kann die Be— 
pöllerung nur erbittern. 
Der Titel wird bewilligt. 
Bei Tit. 15a4. Beitrag für die Zentralstelle für 
Voltewohlfahrt begründet 
Abg. v. Kaphengst (kons.) eine Resolution, die Landes— 
regierungen möchten dem Verein für soziale inner Kolo— 
issation Deutschlands E. V. zum Zwecke der Zürsorge für 
vorübergehendb Arbeitslose nachhaltige Förderung und Unt«r⸗ 
srützung zuteil werden lassen. Wenn wir die Moore kuitivieren, 
so ist den armen Brüdern von der Landstraße durch ehrliche Arbeit 
geholfen, nicht durch Almosen, und große Werte an Land und 
Bieh werden geschaffen, die höher einzuschätzen sind, als eine 
Htdetze dolonialer Diamanten. (Sehr gut!) Diese Idee ist keine 
Parteifrage, und alle Varteien sollten hierin zusammen arbeitei. 
Sehr richtia!) Tragen wir alle Bausteine heran für die Brä⸗e 
wischen Stadt und Land, Besitzenden und Arbeitslosen! (Leby 
Beisali.) 
Abg. Baffermann (nl.): Wir stimemn dieser Resolution zu 
Nicht nur für das platte Land ist die Frage von Bedeutung auc 
nie Großstädte kommen nicht um das schwierige Problem der 
Arbeitelosenbeschäftignun anders herum. Eine Erhöhung des 
donds für die Zentralstelle für Volkswohlfahrt ist notwendig. 
Staatsselretür Dr. Delbrück: Ich bin der letzte, der die Verr⸗ 
Riensße der, Sentralstelle nicht anerkennt. Auf allen 
Seiten muß agespart werden; würden alle diese kleineren Summen 
rhöht, so käme eine recht erhebliche Summe zausammen. Ich bin 
gern hereit, im nächsten Jahre auf eine Erhöhung dieies Titels 
Bodacht zu nehmen, sobald die Finanzlage es zuläßt. Ein be— 
timmtes Versprechen kann ich heute zugunsten dieses Titels beim 
besten Willen nicht abgeben. Die Frage der Wanderonmen zu 
söfen, ist sehr schwieria; mit Polizeimaßnahmen oder Gesetzen 
st nichts geschehen, sie ist eine kulturelle Aufgabe, die nur vom 
Volle heraus gelöst werden kann. Es könnte Zwanabarbeit 
n Gottes freler Natur in Frage kommen, wo die Leute sich 
zielleicht eher zu sich zurückfinden, als es jetzt möglich ist. Das 
zängt aber weniger von uns als von der Bevölkerung ab, die in 
hrer Gesamtheit das Problem in Angriff nehmen mußß. Icdeufaul⸗ 
sber sind wir für jede solche Anreaung dankbar. (Lebh. Bravo! 
Abg. Dove (f. Vpt.): Die Anregungen des Abg. v. Kaphengst 
decken sich mit, den Forderungen des Staͤdtetages; wir stimmen der 
stesolution daher zu. Die Beschäftigung der, Gefangenen in der 
relen Natur an die Stelle der Gefängnishaft zu sehen, ist eine 
dulturaufgabe ersten Ranges. Dadurch werden auch Anregungen 
vie die Exportation usw. unmöglich gemacht werden. (eifall.) 
Abg. Groeber gn Den Arbeitslosen tut vor allen 
Dingen not, daß man ihnen mit warmem Herzen entgegenkommt; 
deshalb hüte man sig vor bureaukratischer Handhabung der Für⸗ 
orge. Schafft man Arbeitsgelegenheit, finden sich auch die Ar—⸗ 
deitswilligen. Die Resolufion will nur die Aufmerksamkeit auf die 
Wohlfahrtseinrichtung Tenken. 
Staatssekretär Dr. Delbrück: Die Arbeitswilligkeit praktisch 
estzustellen, ist leichter als eine gesetzliche Formulierung zu finden. 
Die Refolution will daher auch nur Förderung des allgemeinen Ge— 
dankens, die arbeitslosen Existenzen wieder in geordnete Arbeitsver- 
hältnisse zu bringen. 
Abg. Severing (Soz.): Der Kern der Resolution ist uns sym— 
pathisch. Einem dedee Verein, über den wir keine Kontrolle 
haben, können wir die Unterstützung nicht gewähren. Wenn Herr 
o. Kaphengst eine Mainbrücke schlagen will zwischen Reich und 
Arm auf dem Lande, so geschieht das besser als durch diese Aie 
·ution durch bessere Behandlung und Bezahlung der ländlichen Ar— 
veiter, die Klagen über Landflucht würden bald verstummen. 
Eine planmäßige Besiedelung der Oedländereien würde die Rechte 
am besten erreichen, wenn sie die Ausgaben für Heer und Marine 
verkürgt. 
Abg. Behrens (w. VBgg.): Das Problem ist, die Kultivierung der 
DedläaͤnderesTen mit den arbeitslos gewordenen Industriearbei- 
ern in Verbindung zu bringen. Der Verein für soziale innere Ko— 
wnisation sollte von Staatswegen auch durch die Tat unterstützt wer⸗ 
den. Dies muß für die Gewerkschaften aller Richtungen gelten. 
Die Refolution wird gegen die Stimmen, der Sozial⸗ 
demokraten angenommen uünd der Titel bewilligt. 
Zum Titel „Aufwendungen für Einrichtungen und Veran— 
ensngen. welche allgemeinen Interessen des deutschen Han⸗— 
els und Gewerbes“ dienen, liegt eine Resolution 
des Zentrums vor, die von mehreren anderen Parteien untersüht 
F und eine Zeutralstelle zur Hebung der hei mischen 
Textilindüstrie und die Hebung der Produktion von 
Textilrohstoffen in den deutschen Schutzgebieten sordert. 
Abg. Sner Ztr.). begründet. diese Resolution. Die 
8 Textilindustrie ist die drittgrößte der Welt und hat, wie 
das Ergebnis einer Umfrage des Abg. ieen bei Indu⸗ 
ftriellen ergeben hat, das größte Interesse an der Befolgung dieser 
Refolution. Die einzelnen Landeszentralen genügen, der, deut 
schen Tertilinduftrie nicht, die Reichszentralstelle könnte 
der Physitalisch-technischen Reichsanstalt angegliedert werden. 
Nehr als 500 Nillionen Mark gibt die deutsche Industrie für aus 
jem Auslande bezogene Textilrohstoffe aus. Dazu kommt, daß 
die wirtschaftliche Fudie unferer afrikanischen Kolonien von 
der Rflege der Baumwollkulturen abhängt. Auch die Arbeit⸗ 
nehmer haben ein lebhaftes Intexesse an der Unabhängigkeit ihrer 
Industrie von dem Auslande im Interesse ihrer Löhne. 
Abg. Dr. De (f. Vpt.): Ein erheblicher Teil meiner Partei 
meint, daß die Bildung einer Textil-Reichszentralstelle zurzeit 
nicht gewinscht werden KLann. Ich odhe an den Staatssekretär 
die Frage — 88 ob die Monopolifierung des elek— 
drischen Gewerbes mit 8 10 der Gewerbeordnung verein⸗ 
bar F Die A. E. G. steht im Konzern mit Siemens-Schuckert, 
snur Bergmann ist noch unabhängig; sehr bald aber kann der 
Flektrotrust sertig desr und das hat nicht nur den Untergang 
der kleinen Induüstrie bei Schaffung der Ueberlandzentralen zur 
dolge, sondern es hat auch große Bedeutung für die bevorstehende 
Elektrissernng der Eisenbaähneñn. Beim kommenden Wegegeset 
— der Erleichterung der Monopolbildung entgegengetreten 
verden. (Sehr gut! rechts.) Ddas ist auch erwunscht im Interesse 
er Betriebssicherheit. Die, Prüfung der Justallateure sollte den 
dandwerkskammern und nicht, wie bisher, den Gesellschaften selbst 
swberlaffen werden. Die Rbnahmegebühren müßten gleichmäßig 
ur große und kleine Installationsfirmen bemessen werden. (Sehr 
jut ' rechts.) Die zunehmende Vertrnustung bedeutet auch für die 
AUngestellten eine erhebliche Gefahr, sie finden, einmal stellungslos 
Jeworden, infolge, der Monopolbildung keine Beschött-zung 
Beifall rechts und im Zentrum.) 
Staatssekretär Dr. Delbrück: Zu der Frage der Errichtung 
einer Zentralstelle, zur Fördernug der Textilindustrie habe ich 
nich schon vor einigen Tagen geäußert. Ich habe erklärt, daß eine 
Reichsßanstalte nicht nötig ist, so lange ich nicht, die Ueber— 
jengung habe, daß die Bundesstaaten sich der gewünschten Förde— 
rung nicht in ausreichenden Maße annehmen. Ich habe auch 
viederholt gesagt, wir sollen uns hüten, in Jeiten schwieriger 
Finanzverhältnifse das Reich mit Unternehmungen zu belasten, die, 
venn fie gut betrieben werden sollen, anßerordentlich hohe Mittel 
erfordern. Ich habe mich aber auch bereit erklärt, unter Fühlung⸗ 
rahme mit der Industrie und mit dem Bundesrat die Frage, ob 
ine deraärtige Einrichtung tatsächlich notwendig ist, zu prüfen. 
leber das Gewerberecht habe ich eine so revolntionierende 
dede wie die des Abg. Oeser, so lange ich denken kann, nicht de— 
„ört. sHört! Hört!“) Ich gehe auf die Frage, ob eine Aenderung 
zer Gewerbeordnung notwendig ist, nicht ein, jeder Jurist wird 
nir beistimmen, daß das Vestreben nach Monogoli sierungz 
ehr wohl vereinbar ist mit dem Art. 10 der GeQ., der lediglich 
at verhindern wollen, daß nene Zwangs- nuud Bannrechte ent— 
tehen. Die vom Aba. Oeser geschilderten Ericheinungen sind 
weifellos eine Konsegnenz der bei uns bestehenden schrankenlosen 
Rewerbefreiheit. (Hört! Hört!') Ich kann niemand verbindern, 
ich mit andern zu einem Gewerbebetriebe zusammenzuschließen, 
riemand verhindern, seine Abnehmer zu verpflichten, nur von be— 
timmten Firmen zu beziehen. sHört! Hört!) Es kann nur die 
Frage entsiehen, ob man etwa dazu übergehen soll, derartige 
Fälle für die Zukunft zu verbieten. Was ist denn die Prüfnng 
der, Installaleure durch die Handwerkslammern auderes, als eir 
Befähigungsnachweis. (Sehr richtig! rechts.) Tie Vedenten, die 
er Abg, Oeser aus den bestehenden Zuständen hergeleitet hat, ent⸗ 
ehren nicht der Berechtigung, und man kaun sich sehr wohl übere 
Jaf 9h und beie man dieten Mpiteäden begeggen kauf
	        
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