Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

Festlag von allen macht. Aus dieser Erkenntnis herauus aber 
erwächst zugleich der Dank und der herzliche Wunsch, daß ihm 
auch fernerhin ein glücklicher Lebensabend zum Wohle für sein 
Land und für das Deutsche Reich bischieden sein möge. 
Kritik und Uebersicht über die politischen 
Wochenereignisse. 
Lübeck. 11. Märs. 
Inland. 
Der Schwerpunkt der inneren Politik hat in der abge— 
faufenen Woche wiederum im preußischen Abge«4 
ondnetenhause gelegen. Die Abrechnung, die hier vom 
Minister präsidenten mit dem Vatikan vorgenommen wurde, 
zestattet das Vertrauen, daß der Standpunkt des Staates 
gegenüber der römischen Hierokratie künftig mit größerer Ent— 
ichie denheit vertreten werden wird. Soweit nun auch die preu⸗ 
hische Regierung im Einklange mit allen Parteien von dem Ver⸗ 
langen nach einem „Kulturkampf“ entfernt ist, so wenig zeigt 
sie sich doch geneigt, das Grenzgebiet zwischen Staat und Kirche, 
das für die neueste Politik des Vatikans aufs stärkste berührt 
wird, ohne weiteres der katholischen Kirche zu Uberlafssen. Die 
zründliche Darlegung aller in Frage kommenden Verhältnisse, 
die Ungeschminkte üzffentliche Verwarnung der 
Kurie, die Feststellung ihres einseitig-willkür« 
lichen Vorgehens, der Hinweis auf die Zweideutiga« 
keit ihrer Taktik, die Geißelung des vatikani— 
schen Offfizibsfentums, endlich die diplomatisch«é 
Drohung mit der Zurücziehung der preußischen 
Gesandtschaft beim Vatikan — dies alles beweist die ent⸗ 
schiedene Haltung des Ministeriums nicht minder, als sein künf⸗— 
tiges Verfahren mit den geistlichen Oberlehrern. Gerade die 
zuletzt erwähnte prattische Maßnahme, die teils die Zahl der 
reistlichen Oberlehrer überhaupt verringert, 
teils die Erteilung des Unterrichts in Deutsch und Geschichte den 
geistlichen Oberlehrern verwehrt, ist überaus geeignet, der Kurie 
das Dasein der Staatsgewalt ins Gedächtnis zu rufen und ihr 
fühlbar zu machen, daß die Bevorzugung eines einseitig-will⸗ 
kürlichen Verfahrens große Schattenseiten hat. Je einleuchtender 
jedoch die praktische Natur dieser staatlichen Maßnahme ist, 
umso peinlicher wird sie vom Klerikalismus empfunden. 
Die Parlamentsredner und die Presse des Zentrums, die 
durch die Haltung des Minifterpräsidenten ohnehin überrascht 
und enttäuscht waren, haben hierüber besonders lebhafte Be— 
schwerden geführt. Merkwürdigerweise fanden sie dabei die 
Unterstützung der Konservativen in einem Grade, der 
Aufsehen erregen muß. Nachdem der Abgeordnete v. Heyde⸗ 
bränd schon auf dem Gebiet der Schulpolitik die Geschäfte 
des Zentrums besorgt hatte, scheint er auf dem Gebiet der 
Kirchenpolitik dem Klerikalismus noch weit gröhßere Liebes⸗- 
dienste leisten zu wollen. Dieser von der führenden 
konservativen Presse rückhaltlos gebilligte Vorstoß gegen 
den Ministerpräsidenten ist für die konservative 
Fraktionspolitik ein urkundlicher Beweis von 
höchstem Werte geworden. Erhebt man doch darin den An— 
spruch, daß der preußische Ministerdräsident vor dem Abgeord⸗ 
netenhause erst dann politische Stellung nehmen dürfte, nach— 
dem er sich mit der konservativen Fraktion ins Einvernehmen 
Jjesetzt hat! 
Für die „Triarier Sr. Maiestät“, die sich selbst als die 
Hauptstützen des Königlums der Hohenzollern bezeichnen, ist 
dieser Anspruch ebenso charakteristisch, wie für die klerikalen 
Vorkämpfer eines „kräftig eingreifenden Kaisers“ der Zentrums— 
antrag, wonach die Landeshoheit des Kaisers in Elsak— 
Lothringen zu beseitigen und dem Kaiser auch das Recht 
auf die Ernennung des Sftatthalters zu nehmen sei. Das „Un⸗ 
annehmbar“, mit dem die verbündeten Regierungen den Zen— 
trumsantrag seinerzeit ablehnten, ist jezßt wiederum ausge— 
sprochen worden. Zugleich aber gab die Regierung den ver⸗— 
mittelnden Antrag Preußens bekannt, auf den sich 
ber Bundesrat einhellig geeinigt hat. Danach erhält Elsaß— 
Lothringen drei Bundesratsstimmen, ohne Vermehrung des 
preußischen Einslusses im Bundesrat. Diese organisatorisch voll⸗ 
tommen gesicherte Lösfung ist dank der Uneigennützigkeit Preu— 
hens gefunden worden. Sie gibt den Reichslanden den Charakter 
eines gleichberechtigten Bundesstaates insoweit, als es mit dem 
Reichsinteresse vereinbar ist. Das vorgeschlagene Kompromiß 
hat denn auch bis in die Reihen der Volkspartei hinein die ver— 
diente Billigung erhalten. 
Während die Fortsetzung der Etatsberatung im 
Reichsstage und im Abgeordnetenhause überaus langsam vor— 
wärts kommt. ist der Wahlkampf in Kempten-Immen- 
stadt endgültig zu Ungunsten des Zentrums entschieden worden. 
Mit sozialdemokratischer Hilfe hat der Nationalliberale Dr. 
Thoma gesiegt, und die konservative wie die klerikale Presse 
hat sich beeilt, hieraus dem Liberalismus einen Strick zu drehen. 
Den Vorwand dazu gaben die Erklärungen, die der liberale 
Kandidat der Sozialdemokratie im vollsten Lihte der Oeffent— 
lichkeit erteilt hat. Es ist schließlich nur eine tendenziöse Mache, 
den Liberalismus wegen jener Erklärungen Dr. Thomas an— 
zugreifen und zu verdächtigen. 
Aus⸗ land. 
Nachdem sich im fernen Osten das scheinbar drohende 
russisch-chinesische Unwetter schnell verzogen hat, ver— 
finsterte sich plötzlich der politische Horizont im fernen Westen: 
die Vereinigten Staaten machten angeblich gegen 
Mexiko mobil, weil hier Leben und Eigentum der Ausländer 
durch die Revolution angeblich gefährdet seien. Als der Kurs 
er mexikanischen Papiere unter dem Eindruck dieser Nachrichten 
zefallen war, erfuhr man, datz die amerikanische Mobilmachung 
zur Sicherung der Grenze gegen die Revolution erfolgt sei. Ist 
»as wirklich der Fall, dann dürfte es der mexikanischen Re— 
rierung bald gelingen, den Aufstand niederzuschlagen. 
In Frankreich hat das Ministerium Monis zwar ein 
Vertrauensvotum für sein dürftiges Regierungsprogramm da— 
oongetragen, aber die Zahl der Stimmenthaltungen war so 
groß und die Aufnahme der neuen Männer beim Parlament 
und bei der Presse so lau, daß man den Nachfolgern Liands 
kaum eine lange Amtsdauer prophezeien kann. Auffallend 
ruhig haben die Franzosen die amtliche Auskunft 
der englischen Regierung entgegengenommen, daß zwischen 
Großbritannien und Frankreich keine Militärkonven⸗ 
tion bestehe. Nach den entgegengesetzten Aundeu« 
tungen des Serrn Vichon kommt diese englische Mit— 
teilung überraschend. Weniger erstaunt wird man über den 
ieuen englischen Flottenetat sein, der wieder größere Ausgaben 
jür die Verstärkung der Marine enthält. Der Oppositionspresse 
geht die Forderung von fünf neuen Dreadnoughts natürlich 
nicht weit genug. An Sir Edward Greys Erklärungen über 
die Bagdadbahn haben die Konservativen weniger aus— 
zusetzen. Sein Standpunkt, daß der Scheich von Koweit nicht 
türdischer Untertan sei, sondern unter britischem Protektorat 
kehe, gewährt den englischen Wuünschen befreffs der leizten 
Strecke der Bagdadbahn willkommene Handhaben. Jedoch 
jaben sich über diese Streitfrage zunächst England und die 
Türkei auseinanderzusetzen. 
Inland und Ausland. 
—A 
Der Sandelsvertrag mit Schweden. Nach einer Mit— 
eilung des Handelsvertragscereins würden sich die Verhand— 
ungen über den deutschschwedischen Handelsvertrag so in die 
dänge ziehen, daß es höchst zweifeihaft wäre, ob der Bundesrat 
och vor den Sommerferien dazu iomme, sich mit dem Vertrag 
u befassen. Aus diesem Anlaß erklärt jetzt einer der schwedischen 
Interhändler, Landeshauptmann Hammarström, der ebenso wie 
in anderer Unterhändler, Veinnersten, infolge der hei den Ver—⸗ 
andlungen eingetretenen Pause seit einigen Tagen in Schweden 
veilt, daß bei seiner Abreise von Berlin nichts darauf hinge⸗ 
eutet hätte, daß der Bundesrat den Vertrag nicht vor den 
zommerferien behandeln könne. Dies sei ihm vollständig neu 
nd schwer zu glauben, da die Unterhändler und das Ministerium 
es Aeußern doch hätten benachrichtigt werden müssen, wenn 
twas so wichtiges eingetreten wäre, daß ein Aufschub nötig 
ei. Die schwedischen Unterhändler seien die ganze Zeit hindurch 
er Meinung gewesen, daß der Vertrag in der allernächsten 
zeit fertig werden und den Reichstagen der beiden Länder 
ugehen könne. Der andere Unterhändler, Vennersten, äußerte 
ich ähnlich und meinte, daß ein Mißverständnis vorliegen müsse, 
a man auf beiden Seiten bestrebt wäre, so schnell wie möglich 
u einem Ergebnis zu kommen. 
Fabrik und Haudwerk. Miit Rücksicht auf die zum 
s. April ins Reichsamt des Innern einberufene Handwerker⸗ 
Zonferenz geben wir nachstehend die Beschlüsse bekannt, die die 
om Hansabund einbernfene Konferenz von Handwerkern und 
Industriellen in ihrer Sitzung vom 23. Februar gefaßt hat. 
der Beschluß über die Abgrenzung von Fabrik und Handwerk 
at folgenden Wortlaut: „Um eine praktisch brauchbare Grund⸗ 
age für die noch immer schwankende Grenze der Begriffe Hand⸗ 
berk und Fabrik aus den Kreisen der direlt Beteiligten zu ge— 
rinnen, empfiehlt es sich, seitens des deutschen Handelstages 
bie des Handwerkskammertages Gutachten über diese Frage er⸗ 
atten zu lassen. Auf Grund dieser Gutachten sollen alsdann 
illgemeine, für das ganze Reich gültige Bestimmungen erlassen 
verden. Zur gleichmäßigen Durchführung dieser Bestimmungen 
oll eine Reichsgutachterbehörde geschaffen werden.“ Für die 
deranziehung der Industrie zu den Kosten der Lehrlingsausbil⸗ 
ung durch das Handwerk einigte sich die Konferenz auf fol⸗ 
lenden Vorschlag: „Die Indultrie leistet für jeden gewerblichen 
Irbeiter, der eine Lehre bei einem Angehörigen einer Hand⸗ 
rertskammer durchgemacht oder vor dem Prüfungsausschuß einer 
handwerkskammer eine Prüfung abgelegt hat, einen Beitrag 
on 50 Pfennig jährlich an die Handwerkskammer des zustän—⸗ 
»igen Bezirks. Zur Mitbestimmung über die Verwendung der 
yon der Industrie an die Handweriskammern gezahlten Beiträge 
ann die Industrie Vertreter zur FSandwerkskammer entsenden; 
esgleichen kann sie Vertreter für den Prüfungsausschuß der 
dandwerkskammern stellen, wenn es sich um Lehrlinge handelt, 
ie in der Fabrik vorgebildet sind.“ Beide Beschlüsse, wie sie 
oritehend mitgeteilt sind, wurden von der Konferenz nach ein⸗ 
ehender, mehrstündiger Erörterung einstimmig gefaßt. 
Die Sinterbliebenenversicherung. Dem Reichstag ist ein 
ßesetzentwurf betr. die Abänderung des 8 15 des Zolltarifes 
ind des 82 des Gesetzes über den Hinterbliebenenversicherungs- 
und Reichsinvalidenfonds zugegangen. Danach solk der Beginn 
er Hinterbliebenenversicherung bis zum 1. Januar 1912 hin⸗ 
usgeschoben werden. Bekanntlich war ursprünglich der 1. April 
910 als Termin festgesetzt, der dann bis 1. April 1911 
erschoben wurde. Da die Reichsversicherungsordnung nach 
dem Stande der Beratung bis zum 1. April nicht mehr fertig⸗ 
eitellt wird und auch das dem Reichstag im Entwurse vor⸗ 
iegende Einführungsgesetz zur Reichsversicherungsordnung nicht 
rüũüher als die Reichsversicherungsordnung verabschiedet wer⸗ 
en kann. mußte der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Hinter⸗ 
zliebenenversicherung abermals hinausgeschoben werden. 
W. Bresttcuerung der Zündholzersatzmittel. Berlin, 
11. März. In der Presse wird verbreitet, daß dem Neichstag 
in Gesetzentwucf über die Besteuerung der Zündholz— 
rsatzmittel zugehen werde und daß außerdem die Kon— 
ingentierung der Zündholkzindustrie beabsichtigt wird. Schon 
ie Fassung der Nachricht zeigt, daß sie von nicht unterrichteter 
zeite stammt, denn die Kontingentierung ist durch das be— 
rehende Zündwarensteuergesetß bereits eingeführt. Von zustän— 
iger Stelle wird die ganze Mitteilung als unzutreffend be— 
eichnet. 
Das Einkommen der preußischen Mitlionäre. Zur Be⸗ 
chlagnahme des Martinschen Werkes „Millio— 
äre“ wird noch gemeldet, daß auf Beschluß des Amtsgerichts 
Bberlin⸗Schöneberg eine Durchsuchung der Wohnung des Re—⸗ 
fsierungsrais Martin vorgenommen wurde. Das Jahrbuch 
es Vermögens und Einkommens der Millionäre in Preußen 
vurde im Manuskript beschlagnahmt. Ebenso wurde die 
Drucerei durchsucht. Die vorhandenen Druckbestände des Wer— 
es wurden beschlagnahmt. Man ninmmt an, daß Martin das 
Material über das Einkommen der 8300 Muiillionäre 
n Preußen durch die Bestechung eines Beamten der 
Steuerverwaltung erhalten hat 
Neueste Nachrichten und Telegramme. 
We Berlin, 11. Närz. Zum 90. Geburtstag des 
drinzregenten Luitpold schreibt die Norddeutsche All— 
zemeine Zeitung: Ganz Deutschland nimmt freudigen Anteil 
in der Feier im Hause Wittelsbach und gedenkt bei diesem An—⸗ 
aß mit warmer Erkenntlichkeit der reichstreuen Gesinnung, die 
„er Prinzregent jederzeit betätigte. Wie Vrinz Luitvold sich 
n den Grundrichtungen seines Lebens immer treu geblieben ist, 
o bewährte er sich seit den großen Tagen von 1670/71 stets als 
jörderer des Reichsgedankens. Schon in jener Zeit, als er an 
»er Seite König Wilhelms J. im Fauptquartier weilte, lieh 
Irinz Luitpold seinen Einfluhß der Verwirklichung der hohen Ziele 
er staatlichen Einigung unseres Volkes. Im Laufe der letzten 
5 Jahre, an die Spitze des zweitgröhten deutschen Bundes— 
taates gestellt, versagte der Prinzregent nie, wenn es galt, 
in der Entwidelung des Reiches, der Hebung der nationalen Wohl⸗ 
ahrt mitzuwirken. Das 28jährige Jubiläum der Errichtung 
»es Kaisertums, wie erstkürzlich die 40. Wiederlehr jenes un⸗ 
ergeßlichen Tages gab dem ehrrürdigen Fürsten eine will⸗ 
ommene Veranlassung, seine Gesinnung für Kaiser und Reich 
nit besonderem Nachdruck zu bekunden. 
WVt. Munchen. 11. März. Der Kalser übersandte dem 
Brinzregenten sein von Alfred Schwarz gemaltes Por⸗ 
rat in Bel, das den Kaiser in Lebensgröhe als Inhaber des 
ersten bayerischen Ulanenregiments mit dem Bande des Su. 
ertusordens zeigt. — Der Prinzregent unternahm heute 
m offenen Wagen eine Rundfahrt durch die Hauptstraßen der 
S„tadt, um sich den Festschmuck anzusehen. Ueberall wurden 
hm stürmische Ovationen dargebracht. 
Wit. Petersburg. 11. Maͤrz. Die Untersuchung Ssa— 
onows argab eine rechtsseitige Rippenfell- uͤnd Lungen⸗ 
entzündung als Komplikation der ursprünglichen Rachenin fek⸗ 
ion. Die Herztätigkeit ist befriedigend. 
Wt. Tanger, 11. März. Die Scherarda und Udaia knüpf⸗ 
en, Meldungen vom 8. März zusolge, Friedensvera 
sandlungen an, wozu sie besonders durch die zahlreiche 
ürtillerie des Heeres des Sultans veranlaßt sind. auch an— 
ere Stämme schlossen sich darauf dem Heere an. Wenn 
e Ersolge andauern, ist der Aufbruch des Sultans in kurzer 
zeit zu e rwarten. 
W. Waßthington, 11. März. Die beunruhigenden 
uropäischen Depeschen und Preßnachrichten über die ame 
ikanische Haltung gegenüber Mexiko sind völlig unbe⸗ 
pründet. 
W. Washington, 11. März. Nach einer Meldung der 
lIssociated Prebß verlautet in hiesigen amtlichen Kreisen, daß 
dis amerikanische Antwort auf die Note Deutsch— 
sands über die Kalifrage mehrere Vorschläge un— 
rerbreitet, die zu der Annahme berechtigen, daß die Frage 
eine freundschaftliche Lösung finden werde. 
vV.cx. Berlin, 11. März. Das neue Militärluft— 
chifff „M 40“ unternahm heute nachmittag 5 Uhr vom Tegeler 
Schießplatz seien ersten Aufstieg und landete nach 40 Minuten 
anger Fahrt glatt. Das Luftschiff ist 96 Meter lang, hat 
wei Gondeln, die mit je 200pferdigen Motoren ausgerüstet 
ind. Das Lufftschiff manbvrierte tadellos. In der Gondel 
zefanden sich zusammen 10 Personen, darunter Major Groß. 
We Magdeburg, 11. März. In der heutigen Nach 
niltagsverhandlung des Prozesses gegen Knitelius 
rklärte der Zeuge Nitter auf das eindringliche Ermahnen des 
LBorsitzenden, die Wahrheit zu sagen, er habe mit Knitelius 
en Einbruch in die Hirschapotheke verübt. Darauf gestand 
tnitelius, den Schuß auf Rathke abgegeben zu haben. Er 
zätte aber nicht die Absicht gehabt, Rathke zu ermorden. 
Deutscher Reichstag 
W. Berliu, 11. März. 
Auf der Tagesordnung steht der Rtat des Reichsamt 
»es Innern. Es liegen bisher 17 Resolutionen vor. 
Aba. Pieper (Itr.): Der Industrie geht es teils erheb— 
ich besser, wenn auch die Folgen der Streiks noch bemerkbar 
ind. Die letzte Ernte war gut. Der Außenhandel Deutsch- 
ands weist eine erfreuliche Zunahme auf. „Das alles läßt den 
Schluß zu, dozß die Wirtschaftspolitik Deutschlands richtig ist. 
das Reichskaligesez schob der Verschleuderung des Kalis einen 
rästigen Riegel vor. Der Gegensatz zwischen Stadt und Land 
st leider verschärft, teils auch durch politische Bestrebungen, 
xie die des Hansabundes, der seine vornehmlichste Aufgabe 
n der Agitation der Städter gegen das Land sieht. Die Ver— 
icherung für die Privatbeamten sollte bald erledigt werden, 
benso die Reichsversicherungsordnung. 
Abg. Pauli⸗Potsdam (kons.: Gewerbe und Landwirt- 
chaft müssen im Interesse des deutschen Volkes zusammengehen. 
Herwerflich ist es daher, wenn politische Interessen zwischen beide 
krwerbszweige getrieben werden. Wir wünschen, daß die Kon— 
erenz zur Ausarbeitung des Gesetzentwurfes zur Abgrenzung 
on Fabrik und Handwerk bald in Tätigkeit tritt. Bei dem 
ßesetz zum Schutz der Bauforderungen bestehen immer noch 
ie größten Mißstände. Mit unseren Arbeiterschutzbestimmungen 
ind wir allen Ländern voran. Nachdem der Handwerkertag 
en großen Befähigungsnachweis, wenn auch mit geringer Ma— 
oritãt, abgelehnt hat, haben wir leine Ursache, die Forderung 
reiter zu verfolgen. Das Verhältnis des Bundes der Land⸗ 
virte zum Bunde der Handwerker geht uns nichts an, auch 
ntzieht es sich meiner Kemtnis. 
Abg. Fischer⸗Berlin (Soz.): Die bürgerlichen Parteien mar— 
chieren immer hinter den Sozialdemokraten her; in Wirklich 
eit geschieht durch sie nichts. Die heutige Sozialpolitik ist po— 
itischer Humbug. Wir wollen endlich einmal Vorlagen und 
hesetze sehen. Die Industrie ist jehr wohl in der Lage, weitere 
asten auf sich zu nehmen, alles scheitert am Widerstande des 
lnternehmertums. Das Programm des Zentralverbandes Deut⸗ 
cher Industrieller ist die Niederkämpfung der Gewerkschaften, 
won ihm werden Ausnahmegesetze gegen uns verlangt. 
Abg. Muülter⸗Meiningen (Vpt.): Unsere Resolutionen auf 
Wahrung des Wahlgeheimnisses durch Schaffung einheitlicher 
Irnen, Beseitigung der allzu kleinen Wahlbezirke und Durchfüh— 
ung des Reichsvereinsgesetzes, bitte ich angesichts der bevor⸗ 
— V 
esetz? Beseitigt werden muß die geradezu lächerlich wirkende 
blakatzensur. Die Publizierung don politischen Versammlun— 
en wird vielfach nicht im Sinne kes Reichsvereinsgesetzes ge⸗ 
andhabt. Der Reichskanzler hat sich dahin ausgesprochen, daß 
eine Regierung über den Parteien stehe. Er solle das wahr 
aachen und auch hier nicht eine Politik des Abwartens treiben. 
xs könnte auf diesem Gebiet rerhängnisvoll für den Staat 
werden. 
Abg. Linz (Rpt.): Die Soziaidemokratie gefährdet durch 
die strupellose Agitation ernstlich das Koalitionsrecht. Deshalb 
muß bei der gesetzlichen Regelung des Tarifwesens 
hie Koalitionsfreiheit der Arbeiter gegen den Koalitions— 
wang der Sozialdemokratie sichergestellt werden. Tas Aus— 
erkau.fswesen bedarf einer einheitlichen Regelung. Der Be— 
techungs⸗ und Schmiergelderparagraph hat in seiner Wirkung 
dersagt und ist ein Messer ohne Schneide. Auch im wirtschaftlichen 
Ausschüß sollte der Mittelstand nicht fehlen. Sein Ausbau 
jt notwendig. Beim Abschluß von Handelsverträgen kommt 
die Textilindustrie stets zu kurz. 
Weiterberatung Montag 2 Uhr. 
heer und Flotte. 
W. Berlin, 11. März. N.B. D. „Seydlitz“ mit dem Ab— 
ösungstransport für „Cormoran“ ist auf der Ausreise am 
O. März in Aden eingetroffen und hat am selben Tage die 
Reise nach Colombo und Ceylon fortgesetzt. „Sperber“ ist am 
O. März in Zanzibar eingetrorfen und geht von dort am 
5. März nach Tanger in See. Flußknbt. „Tsingtau“ ist am 
10. März in Kongmoon (Westfluß) eingetroffen und geht am 
13. März von dort wieder in See. Die 7. Halbflottille hat 
Wilhelmshaven ain 9. März verlassen. — Poststation fur „Pe⸗ 
ikan“ für den 14. bis 20. März Wilhelmshaven, füur den 21. 
is 24. März Cuxhaven, dann Kiel; für Victoria Luise“ vom 
7. März ab Wilhelsmshaven.
	        
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