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Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübed 161 Jahrgang Nuachrichten für das Herzogtum Lauenburg, die
Beiblatt: Gesetz· und Verordnungsblatt B.8* —— —— Fürstentũmer Ratzeburg, Lübec und das angren⸗
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Mmoraen⸗Blatt UNr. 130.
Ausgabe
E Große Audgabe)
So) onntaq, den 12. März 191.
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2 4
Erstes Blatt. hierzu 2. 3. Blatt
— ——
Umfano der heutigen n.
ntamtliche Toit.
Ein konservativer Zählkandidat
im lübechischen Reichstagswahlkreise.
V Lübeck, 12. März.
Die bisher in den Kreisen der bürgerlichen Reichstags—
wähler Lübecks gehegte Hoffnung, daß es bei der bevor—
tehenden Reichstagswahl gleich wie im Jahre 1807 zur Auf—
tellung eines gemeinsamen Kandidaten aller bürgerlichen
Parteien unseres Staates kommen werde, ist nunmehr end—⸗
Zültig geschwunden. Im Verein der Bewohner des
Landgebietes der freien Hansestadt Lübed ist
gestern beschlossen worden, seitens der Landbewohner die Kan—
didatur des Herrn Postsekretärs Klein nicht zu unterstützen,
sondern einen eigenen Kandidaten aus konserva—
tiven Handwerkerkreisen auzzustellen.
Man war der Ansicht, daß die lübeckischen Landwirte zwar
nicht auf rein konservativem Boden ständen, sie andererseits
aber den allgemeinen Zug nach links nicht mitmachen könnten.
Aber micht nur in den Landgebieten, sondern auch in Lübeck,
Travemünde und Schlutup gebe es nicht wenige, die sich von
diesent Zuge nach links zurüdgestoßen sühlten. In konserva—
iven Kreisen .sei daber beschlo'sen worden, im Einverständnis
und mit Unterstützung der konservativen Parteileitung in Ber—
iin in Lübeck sür das konservative Programm zu werben und
den Wählern zu zeigen, daß konservativ sein durchaus nicht
gleichbedeurend sei mit Vertretung junkerlicher und großagra—
rischer Interessen, sowie Rückgratslosigkeit gegen Regierung
und Geistlichkeit, sondern konservativ sein heiße, in Treue zu
Kaiser und Reich, die bewährten Einrichtungen des wirtschaft—
lichen und politischen Lebens zu erhalten und in gesundem
Fortschritt auszubauen und den Anforderungen der moder—
nen Zeit in Anlehnung an die bestehenden Verhältnisse gerecht
zu werden. Diese Anschauung habe im lübeckischen Staatsgebiet
oiel mehr Anhänger als man glaube und es sei daher ganz
weckmäßig, wenn auch einmal ziifernmäßig festgestelt werde, wie
biel konservative Stimmen in Lübeck seien.
Eine Unterstützung der linksliberalen Kondidator sei den
—DV
Zustimmung.) In der Bürgerschaft zeige es sich fast in jeder
Sitzung, daß die Linksliberalen mit den Sozialdemokraten
ein Herz und eine Seele seien, und im Reichstage sei äine
liberale Mehrheit den Landwirten weit gesährlicher als eine
sozialdemokrarische, denn mit ersterer werde die Regierung
dersuchen, sich zu verständigen, mit einer sozialdemokratischen
sei das aber ausgeschlofssen. Darum könne es den Land—
wirten schon recht sein, wenn die Sozialdemokratie in dem
lommenden Reichstagswahlkampf obsiege, um so eher werde
der Reichsstag wieder nach Hause geschickt und das deutsche
Volk zur Selbstbesinnung zurückgesührt werden. Denn es sei tat—
sächlich so, wie lürzlich ein hies. bekannter Rechtsanwalt geäußert
hbabe, die politische Unwissenheit in bürgerlichen Kreisen sei
so grok. dab ez einem 66 νν ν α Forriια,
eine Feigheit auf politischem Gebiete, deren sich ein echter
»eutscher Mann schämen müsse. Diese beiden Momente seien
etten Endes die Ursachen der ganzen politischen Misere in
Teutschland, auch hier in Lübeck.
Hinsichtlich der Person des Kandidaten habe man zunächst
an Herrn Lauenstein gedacht, der aber eine Kandidatur
ibgelehnt habe. Dann habe man Neichstagsabgeordneter Tisch—
ermeister Pauli-Potsdam in Aussicht genommen, aber de sen
zustimmung noch nicht eingeholt. Auch sei von der Leitung
»er konservativen Partei ein anderer im politischen Leben
rfahrener Handwerksmeister in Vorschlag gebracht worden,
en sie auch selbst in einem ihr einigermaßen sicheren Wahl—
reise aufstellen werde, wenn auch vielleicht noch nicht in
er bevorstehenden Wahl. Welcher von diesen beiden Herren
zier als Kandidat auftreten werde, müsse weiteren Ver⸗
andlungen vorbehalten bleiben. Die Versammlung erklärte
ich hiermit einverstanden.
Sodann kam zur Sprache, ob ein Zusammengehen
nit den hiesigen Mitgliedern des Zentrums in Frage kommen
önne. Man war der Ansicht, daß eine solche Möglichkeit nicht
don der Hand zu weisen sei, andererseits aber keine Veranlassung
rorliege, dem Zentrum ein Wahllbündnis anzutragen. Im all—
semeinen dürse man wohl annehmen, wenn nicht auch seitens
des Zentrums ein eigener Kandidat aufgestellt werde, die kon—
ervative Kandidatur aus diesen Kreisen eine ansehnliche Un—
erstützung finden werde, da über die linksliberale Kandidatur
nanche Unzufriedenheit herrsche und die Freisinnigen unter sich
ehr uneinig seien.
Ueber das Verhalten der Konservativen und Landwirte im
FJalle einer Stichmahl vrauche man sich jetzt noch nicht zu
orgen, denn hierüber werde, wenn nötig, immer noch eine Ver⸗
tändigung möglich sein; dagegen müsse schon heute ausge—
prochen werden, daß bei der Hauptwahl kein Wähler zu Hause
leiben dürfe.
Zum heutigen 90. Geburtstag
des Prinzregenten Luitpold von Bayern.
D. Ber lin, 12. März.
Wenn am heutigen Tage die Aufmerksamkeit der lesenden
Welt auf die Gestalt des bayerischen Fürsten gelenkt wird, der
seute das 90. Lebensjahr vollendet, so geschieht es nicht nur
m Gefühle jener Ehrfurcht, die jeder, welcher Partei er auch
ngehöre, einem Manne darzubringen bereit ist, dessen Lebens—⸗
panne weit das biblische Maß überschritten hat. Es geschieht
ielmehr ganz besonders im Bewußtsein der schuldigen An—
rkennung, die dem Prinzregenten Luitpold ob seiner Ver—
ienste um die deutsche Einheit von jedem Deutschen
ebührt. Es ist denn auch kein Zufall, daß die Geburtstags—
eier von Bayerns Verweser den größten Widerhall im deut—
chen Volke findet, obgleich er den Wenigsten außerhalb der
lau⸗ weißen Grenzpfähle von Angesicht bekannt ist. Nur höchst
elten ist er während seiner Regentenzeit an die breite Oeffent—
ichkeit getreten. Allem äußeren Gepränge abhold, nur im
tillen, geräuschlosen Wirken zum Wohle des Ganzen hat er
eine Lebensarbeit gesucht.
Als Bundesfürst hat Prinz Luitpold stets Zeugnis dafür ab⸗
gelegt, daß Bayern die Reichsfahne hochhält und hochhalten
muß. So eilte er bei der Thronbesteigung Kaiser Wilhelms II.
nach Berlin. um der feierlichen Erbffnung des Reichztages am
— ——
25. Juli 1888 an der Spitze der Bundesfürsten brizuwohnen.
So ließ er im Jahre 1895 die Gedenktage der Shlachten des
„eutjch-französischenKrieges nicht ohne patriotische Kund«
zebungen vorübergehen; und am Vorabend des Reichsjubiläums
im Januar 1896 brachte er seine reichstreue Gesinnung in
inem Telegramm an den Kaiser zum Ausdruck. Ferner ordnete
r in einem Erlaß an das bayerische Staatsministerium am
2. Februar 1897 die Abhaltung von Feierlichkeiten anläßlich
es hundertsten Geburtstages Kaiser Wilhelms J. an, und am
2. März 1897 ging er abermals nach Berlin, um der Ent—
üllung des Nationaldenkmals für Kaiser Wilheim J. beizu⸗
bohnen. Und ein Jahr später begad er sich zur Aufstellung
»er Büste Kaiser Wilhelms J. in der Walhalla bei Regens—
burg. Er erklärte sich auch damit einverstanden, daß die
deutsche Kokarde neben der bayerischen in
einer Armee getragen werde, und er willigte ein,
daß im ostasiatischen Expeditionskorps die Hoheltszeichen des
Reiches an die Stelle der einzelstaatlichen treten sollten. Aus
illen diesen Schritten geht hervor, wie sehr Vrinz Luitpold
zersönlich nach dem Grundsatz handelt, den er beim Antritt
er Regentschaft am 21. Juni 1886 in einem Briefe an Kaiser
Wilhelm J. aufstellte:
„Mögen Ew. Majestät sich überzeugt halten, daß auch
ich meinerseits nichts sehnlicher erstrebe, als die Aufrecht—
erhaltung und Befestigung der so glüclich bestehenden innigen
und vertrauensvollen Beziehungen, welhhe zum Helle Deutsch—
lands die Kronen Preußens und Bayerns verbinden.“
Blickt man nun heute zurück in jene dunklen Tage der
zayerischen Vergangenheit, in denen der Prinz Luitpold an
Stelle des irren Köniss die Leitung des Landes übernahm, so
vird neben llem Mitgesühl für das bayerijche Brudervolk,
das die Erinnerung an jene schmerzliche Zeit wieder wachruft,
ogleich auch die Erkenntnis rege, daß laum ein anderer Sproß
»es Hauses Wittelsbach so geeignet war, die schwere Aufgabe
m erfüllen, wie gerade der jüngsse Sohn des ersten Ludrwig.
Denn einmal galt es, den geschichtlich bedingten und berechtigten
üddeutschen Partikularismus voreinem Ueber—
naß zentrifugaler Entwickelung zu bewahren,
im des Reiches innere Einheit nicht zugefährden.
zum anderen aber mußte die vielsach allzu sürmisch ge—
iußerte kaiserliche Machtvollkommenheit in ihrer
chädlichen Wirkung auf die einzetnen Bundesstaalen einge⸗
ämmtund abgeschwächt werden. Wenn ichließlich tie er—
ehende Verstimmungen unter den einzelnen fürstlichen Bundes—
liedern kaum bestanden haben, wenn fserner vor allem das
ayerische Königshaus es stets verstanden hat, die Person
»es Kaisers von der Sache des Reiches in allen
vesentlichen Fragen zu ktrennen, so gebührt das euntschei—
ende Verdienst dafür dem greisen Prinzregenten. Er besaß bei
einem Regierungsantritt die Weisheit und Toleranz des Alters.
nie ihn manche allzu schnelle faiserliche Aeußerung und Tat
ächelnd ohne Aerger ertragen ließ. Es sähe heute sicher anders
im die innere DTauer unserer Reichseinheit aus, wenn nicht in
München ein Monarch regierte, der dem Reichsgedanken so viel
Berständnis entgegengebracht hätte wie der greise Prinzregent
duitpold es getan hat.
Diese Erkenntnis von der Bedeutung des Prinzregenten von
Zayern für die Bewahrung und BStärkung eines innigen Zu—
ammenhangs von Nord und Säd im deutschen Reiche lebt auch
im deutschen Volke, und sie ist es. die seinen Geburlstag zu einem
—
Loche, deutsch von Erich Motz, erlebte bei seiner Uraus—
führung am Münchener Schauspielhaus einen glatten Durch—
'all. Das Publikum verließ entrüstet über den verlorenen
Ibend das Theater. Die gleichzeitig zur Erstaufführung
zelangte Geisterbeschwörung „Der Stein der Weisen“
»on Frank Wedekind machte den Abend nicht kurz⸗
deiliger. — Im Wiener Burgtheater trat der alle
Baumeister als Falstaff in Shakespeares „Heinrich
V.“ auf und erntete wieder den jubelnden Beifall des
zauses. — Im Thalia⸗-Theater zu Hamburg wurde zum
zenefiz Centa Brée's Frank Wedekinds Schauspiel
So ist das Leben“ mit Ersolg aufgeführt. —
„Glaube und Seimat“, Schönherrs ergreifende Tra—
ödie, hinterließ auch bei der Aufführung im Dresdner
ol. Schauspielhaus einen tiesen Eindruck.
Dem Kunsthistorikler Geh. Hofrat Rrof. Dr. HSeurn Thode
n Sridelberg, der bekanntlich zum 1. Apriled. J.
vom Lehramt zuräücktritt, ist der Titel Geh. Rat zwoeiter
Klasse verliehen worden.
Die Berliner Alademie der Wissenschaften bat den Prof.
der vergleichenden Sprachwissenschaft Dr Jakob Wacker⸗
ragel in Göttingen und den o. Professor der ver—
zleichenden Sprachwissenschaft und des Sanskrit an der
Universität Bonn, Geh. Reg.-KRat Dr. Hermann Jacobi
uu korrespondierenden Mitgliedern ihrer philosophisch histori—
ichen Klasse gewählt. Die Akademie hat Geh.Rat Pros.
dr. v. Wilamowitz-Moehllendorff in Berlin zur
Anfertigung von Photographien Plutarchischer Haudschrifsten
weiter 500 Mubewilliat.
Theater, Kunst und Wissenschaft.
GEtdenktasel für die Ntuberln. Aus Zwidau schreibt man
den Leipz. N. N.: Am Hause des Kausmanns Schidedantz
in Zwickau ist eine Gedenktafel für die große Schauspielrefor—
matorin Caroline Neuber angebracht worden. Donners—
kag, am Geburtstage der Neuberin, wurde die Gedenktasel
mit Blumen geschmückt. Sie trägt die Inschrift: „Friederike
Laroline Neuberin, die Begründerin der deutschen Schauspiel⸗
runst. verlebte in diesem Sause ihre Jugendzeit, 1702 1717.“
Auszedhaungen. Hofrat Julius Otto, Direktor des
Bremer Siadttheaters, ist vom Prinzregenten Luitpold von
Bayern aus Anlaß des 90. Geburtistages der Kal. Bayerische
Michaelsorden 4. Kl. mit der Krone verliehen worden. — Geh.
Kommissionsrat Franksurter in Nürnberg, der Inhaber
der bekannten Theater-Agentur, ist vom Prinzregenten von
Baycern durch die Verleihung des Verdienstordens vom Hl.
Miichael ausgezeichnet worden.
Das neuefte Wunderk'nd. Der kleine Erich Wolfgang
Korngold aus Wien ist in einer Matinée im Saale Bechstein
zu Berlin vor einem eingeladenen Kreise von Fachmusilern
und Musiksreunden erschienen und hat durch seine Leistun⸗
gen als Komponist und Pianist gewaltiges Staunen und große
Bewunderung erregt. Der dreizehniährige Komponist hat sein
Klaviertrio, aus der Vartitur auf dgs Klavier übertragen,
wiedergegeben, dann eine Klaviersonale und elnige Märchen⸗
tizzen, die bisher noch nicht im Druck erschienen sind, vorge—
ragen. Der Junge ist in der Tat in jeder Hinsicht eine Wun—⸗
ererscheinung, und wer ihn die Sachen so gewandt und
»urchaus musikalisch vortragen hört, erkennt ohne Zweifel,
»aß hier eine ganz außerordentliche Begabung, ein Talent
ersser Ordnung, der Reife catgegeustrebt. Die schöne The—
natik nund eine fast unglaublich kühne Harmonik lassen heute
chon Werke erstehen, die in ihrer Eigenart und in ihrem
lufbau hohes Interesse erregen, und wie viel an gutem Mu—
kalischen in ihm steckt, das zeigte der junge Künstler in
einem Klavierspiel. Mit sicherem Geschmack und einer für
eine Jahre sehr beachtenswerten kechnischen Sicherheit bringt
r den Inhali der Stücke zur Geltung und zeigt, daß er bei
uhiger Entwicklung wohl imstande sein wird, dereinst die
»ohe der Künstlerschaft zu erreichen.
Der „Rosenkavalier“ in England und Amerila. Wie man
ius London meldet, forderte und erhält an Tantiemen für
as e injiährige Aufführungsrecht des „Kosenkavaliers“
n England und Amerika Richard Strauß von Mr. Whit—
seny, dem Direktor des Londoner Strand Theatre;
Million M. 90 000 M sind bereits bezahlt, und 160 000 M
müssen in vier Wochen bezahlt sein. F
Thea ter gründung in Halle a. S. In Halle hat fich
in Konsortium gebildet, das ein neues Theater erbauen will.
das gewählte Terrain umfaßt 28500 M. Das Unternehmen
st als Lustspiel- und Schauspielhaus sür 800 Personen gedacht.
die Baukosten des Theaters sind auf 557 000 M, die Grund⸗
tückkosten auf 1170 000 Meveranschlagt.
Ur⸗ und Erstausführungen. Eine neue, durchaus freie Be—
irbeitung des Molièreschen „Amphitryon“ von Fritz Rumpf
iteressierte und fesselte bei recht guter Darstellung und
ußerst geschikter Inszenierung durch Direktor Hagemann
ie Besucher des Hamburger Deutschen Schauspielhauses aufs
ebhafteste. — Das Bremer Stadttheater brachte „Tibeta
Vasmer“, Schauspiel in fünf Aufzügen von Julius Koch
ur Uraufsührung und erzielte damit großen Erfolg. —
Der Sang der Seele“ (,7The climaxz“) von Edward