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Als die wichtigsten Anschaffungen für die Samm-
lung von Gipsabgüssen sind jedoch drei Werke
aus der Blütezeit der griechischen Kunst zu nennen:
1. Das sog. Eleusinische Relief. Auf diesem
stellte der Künstler eine heilige Handlung aus
dem Kultus der eleusinischen Gottheiten in
großen Figuren dar. Demeter reicht dem
Knaben Triptolemos Kornähren und sendet ihn
aus, den Segen des Getreidebaues unter den
Menschen zu verbreiten. Ihre Tochter Kore
bekränzt den Knaben. Sowohl die Ähren, die
nur gemalt waren, als auch der aus Metall
hergestellte Kranz sind nicht mehr vorhanden.
Dieses Relie,, das im Jahre 1859 in
Eleusis gefunden worden ist und sich jetzt im
archäologischen Nationalmuseum zu Athen be-
findet, nimmt durch den feierlichen Ernst und
die edle Einfachheit der dargestellten Personen
die erste Stelle unter den Votivreliefs ein. Es
stammt aus der Epoche des Phidias und er-
innert an die Figuren des Parthenonfrieses.
Grabstein der Hegeso. Ein herrliches Werk
aus der Blütezeit der griechischen Kunst, das
dem Andenken einer Athenerin namens Hegeso,
der Gattin des Proxenos geweiht ist und heute
noch an seinem ursprünglichen Platze vor dem
Dipylon an der alten Gräberstraße mitten
zwischen andern Grabdenkmälern steht. Die
attischen Künstler vermieden es, auf ihren Grab-
stelen Trauer oder Abschiedsschmerz zum Aus-
druck zu bringen. Die Verstorbenen werden
dargestellt, wie sie in der Erinnerung ihrer An-
gehörigen fortleben. So sehen wir auch hier
eine blühende Frau von edlem Liebreiz auf
einem Lehnstuhle sitzen, während die vor ihr
stehende Dienerin ihr ein Schmuckkästchen reicht.
Die Hegeso betrachtet ein Juwel, das wahr-
scheinlich gemalt war, mit sinnendem Blick, wie
das ähnlich auch auf Grabreliefs aus späterer
Zeit öfter zu finden ist. Es sei nur an die
schöne attische Grabstele aus dem Piräeus er-
innert, von der wir bereits einen Abguß be-
sien. Das Denkmal der Hegeso, das den
Parthenonskulpturen nahesteht, ist unter den
bis jezt bekannten Grabreliefs unbestritten das
schönste und gibt uns ein anmutiges Bild aus
dem Leben einer edlen Athenerin.
Modell der Nike des Paionios (nach der
Ergänzung von R. Grüttner). Das Original
dieser Siegesgöttin ist um das Jahr 420 v.
Chr. als ein Weihgesschenk, welches die Messenier
und Naupaktier nach einem Siege über die
Lakedamonier dem Zeus darbrachten, in der
Altis von Olympia aufgestellt worden. In der
Inschrift am Fuße des Sockels nennt sich als
Künstler Paionios aus Mende. Die Nike stand
auf einem dreieckigen Pfeiler von fast 9 m
Höhe, der auf unserer in verkleinertem Maß-
stabe hergestellten Nachbildung ebenfalls vor-
handen ist. Um den Eindruck des Herabschwebens
der Siegesgöttin vom Olymp zu verstärken,
brachte der Bildhauer einen Adler an, der unter
den Füßen der Nike vorbeifliegt. Der Adler
war halb plastisch, halb in Malerei ausgeführt.
Mit erstaunlicher Kühnheit ist das fliegende
Gewand in Marmor dargestellt; es läßt sich
denken, wie gewaltig das Kunstwerk auf die
Besschauer gewirkt hat. Wenn Paionios auch
der attischen Schule nicht angehört hat, so stand
er ihr doch nahe, obwohl die Nike viel malerischer
erfunden ist, als es im Stile der attischen
Meister lag. Pausanias schrieb bekanntlich die
Skulpturen im Osstgiebel des Zeustempels von
Olympia gleichfalls dem Paionios zu. Ein
Vergleich der Grüttner’ schen Nachbildung dieses
Giebels, die wir besitzen, mit der Nike wird die
Unwahrscheinlichkeit dieser Annahme erweisen.
Eine erfreuliche Vermehrung der Kupferstich
sammlung verdanken wir mehreren Freunden des
Museums, denen auch hier der wärmste Dank aus-
gesprochen werden saoll.
Die Herren Senator H. Eschenburg und Dr.
med. Struck schenkten:
1. Adolph Menzels Denkwürdigkeiten aus der
brandenburgisch-preußischen Geschichte. Es sind
dies zwölf eigenhändige Steinzeichnungen des
Meisters, und zwar Jugendarbeiten, die im
Jahre 1836 erschienen und jetzt sehr selten ge-
worden sind.
Eine Folge von 47 Stichen nach Friedrich
Overbeck.
72 Blätter aus Basedows Elementarwerk nach
Daniel Chodowiecki’'s Kompositionen.
Eine Sammlung von 120 Blättern verschiedener
Meister, die hier nicht einzeln aufgeführt werden
können.
Es sei nur erwähnt, daß diese Sammlung Ar-
beiten von Albrecht Dürer und seinen Nachfolgern,
von J. E. Ridinger und andern Augsburger Stechern,
von Dan. Chodowiecki und seinen Zeitgenossen und
Stiche, Radierungen und Schabkunstblätter von
Meistern der niederländischen, englischen und fran-
zösischen Schule enthält.
Eine ähnliche Sammlung (111 Blätter) verdanken
wir der Güte des Herrn Kommerzienrats G. Pflüg.
Auch diese enthält wertvolle Stiche, Radierungen und
Schabkunstblätter älterer und neuerer Meister, die
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